Thirty-seven: Sweet Storytelling

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Ich hatte es nicht fassen können, was er mir erzählte. Mir schnürten die Lungen zusammen, weil er mir etwas offenbarte, womit ich in meinem ganzen Leben nicht damit gerechnet hatte.

Fassungslos ließ ich den Blick zu Royce schweifen, der sich den Kaffee nachschenkte und daraus trank. Als konnte er meine Gedanken hören, faltete er die Hände zusammen und fing an zu erzählen. »Ich hatte mit 17 angefangen zu trinken, weil ich keine Kraft mehr für alles aufbringen konnte.«, seine Augen schauten verträumt aus dem Fenster. »Ich habe eine Schwester. Ginger Luis ist ihr Name und sie war mein ein und alles.« Ich erschrak, als er die Vergangenheitsform anwendete und hörte ihm weiter zu, wie er vom Leben erzählte. »Ich sollte glücklich sein, nicht wahr? Ich sollte eigentlich die perfekte Familie gehabt und die perfekte Kindheit bekommen haben. Das denkt jeder weil ich ja Royce bin. Royce Heaven, der Fotograf und die Persönlichkeit die bei allem Erfolg hat. Der Partymacher, der Entertainer und der glücklichste Mensch in ganz Alabama.«, er brach ab, bevor er die Tasse abstellte und gedankenverloren über den Tisch strich. »Aber es ist nur eine Illusion von Royce Heaven. Es gibt kein Royce Heaven, der nur am Lachen ist. «, seufzend fuhr sich Royce über die Haare. »Ich war ein besserer Mensch früher gewesen, ein Loser, der sich Fehler erlauben durfte. Heutzutage bin ich ein Perfektionist, der fehlerlos sein muss. Stattdessen verletze ich die Menschen und achte nur noch auf mich selbst.«, er nahm den Atemzug und seine Augen ruhten auf mir »Bevor du in mein Leben getreten bist, Chardonnay und ich merke das ich ein guter Mensch sein wollte. Ich wollte für dich ein guter Freund sein.«

Ich lächelte ihn traurig an, was etwas bei ihm bewirkte, denn er war nicht mehr zurückhaltend, sondern fing an in Tränen von seiner Vergangenheit zu erzählen. »Meine Eltern ließen sich bei meinem 14 Lebensjahr scheiden, nachdem meine Mutter in Erfahrung gebracht hatte, dass Dad sie mit der Agenturchefin betrogen hatte, die 10 Jahre jünger als Mom war. Für Mom ist eine großartige Welt zusammengebrochen und Dad trug die Schuld an allem. Doch es kam schlimmer, als es um das Sorgerecht und um die Aufteilung ging.«, seine Stimme senkte sich, weil er den Moment erneut durchlebte. »Dad hatte Ginger immer die Schuld an allem gegeben. Selbst dafür, dass sie ein Mädchen ist. Ginger erhielt nie die Anerkennung von ihm...«, Traurig hielt er sich die Hand vor den Augen. Augenblinzelnd schlug er sie wieder auf und sah mich direkt an. »Mädchen sind die unterste Schicht und sollen mit den Hintern zuhause bleiben und sich auf dumm stellen. Der Mann bringt die Kohle heran und schuftet dafür um den Erfolg zu erzielen. Die Frau gebärt nur und gehört sich quasi selbst überlassen. «

Ich spürte wie die Wut in mir aufkam und Royce immer noch etwas erwiderte. »Und weil er Ginger nicht als seine Tochter ansah, hatte er den Schlussstrich ziehen wollen, indem er mich mit nach Frankreich nehmen und Ginger bei meiner Mom mit nichts zurückgelassen wird.«, In seiner Stimme zeigte sich der Hass auf den Vater. »Ich lebte von da an in Frankreich, in einem Land, welches ich nicht leiden mochte. Die Mode, die Stadt, der ständige Eiffelturm als den Ausblick. Während Ginger mit Mom auf der Straße lebte und versuchte irgendwo mit ihr unterzukommen. Wie oft habe ich zu Gott gebetet, ihnen ein Unterschlupf zu gewähren? Wie oft habe ich Dad auf Knien angefleht ihnen Geld zu schicken?«, er stieß ein Laut aus »Aber natürlich fing ich mir stattdessen Backpfeifen seines Stiefsohnes ein. Der 16 Monate jüngere Stiefsohn Patrick Louis, der nie Fehler machte, der ihn, mein leiblichen Vater, Stolz machte. Ich hingegen war das nervige schwarze Schaf, der tausendmal versucht hatte Mom besuchen zu können.«, Royce atmete schwer. »Wie oft hatte ich es bis hin zum Flughafen geschafft, bevor die französische Polizei mich in Gewahrsam nahm, weil ich schon in Paris als vermisst gemeldet war? Beim fünften Mal wurde ich damit bestraft von einer Agentur als Model unter Vertrag genommen zu werden.«, seine Augen verengten sich »Ein Scheißvertrag, wo du als Außenstehender schwer herauskommst. Eine Agentur, die dich gezwungen hatte bestimmte Sachen zu machen? Sich ein Image aufzubauen und vor allem Modepüppchen als Freundinnen zur Verfügung gestellt bekommen!«

Royce wirkte so erfasst von dem, dass er tief durchatmete und die Tasse hinstellte. »Jedenfalls habe ich vom Taschengeld, was nicht viel war, ein Taxi gemietet. Dieses Taxi sollte mich weit weg von Paris bringen. In der Nähe von Deutschland, bis ich dort mir eine Nacht in einem Motel erlauben und am nächsten Tag abhauen konnte. Das einzige was ich dafür opfern musste, war die Rolex, die mir Dad's Angebetete zum 18 Geburtstag geschenkt hatte. Sie brachte mir 5000$ ein, die mir ein Flug nach Alabama ermöglichen konnten. «

»Du bist nach Alabama geflogen?«, warf ich ein und Royce nickte. »Ich musste es tun, denn ich wollte Ginger und Mom wiedersehen.«, Sein Lächeln erstarb. »Bis ich vorm Haus stand, welches von einer fremden Familien bewohnt war und meine Schwester spurlos verschwunden war.«, Seufzend fasste er sich an die Stirn. »Weil Dad dafür gesorgt hatte, dass ich sie nie wieder sehe.«, Eine Träne zeichnete sich auf seine Wange ab, die er laufen ließ und die Augen zusammenkniff. Verzweifelt stützte er sich auf seine Hand, um die Trauer zu verbergen. »Sie haben Ginger auf ein Mädcheninternat geschickt und Mom wurde in eine Klinik verwiesen, weil sie angeblich eine Gefahr für sie herausstellte. Ich durfte sie nicht sehen, weil ich angeblich eine Gefahr für sie heraus stellte.«

Er konnte nicht weiterreden, denn die Trauer packte ihn so sehr, dass er kaum sprechen konnte. »Also habe ich mich dem Alkohol hingegeben...weil ich nichts mehr hatte was mich zum Leben erhalten sollte...Selbst als...Selbst als...«

»Pssst...«, meine Hand verharrte auf seinen Arm und er atmete tief durch »Selbst nachdem ich wieder nach Frankreich geschickt wurde, hatte ich mehr Alkohol getrunken. Ich trank den teuren Vodka, Gin und das in Mengen, dass ich dreimal in der Klinik wiederbelebt werden musste. Mit 23 kehrte ich nach Alabama zurück, weil in Frankreich mich nichts mehr hielt. Ich hatte mir versucht in Paris ein erfolgreiches Leben aufzubauen, schaffte es mein Willen für die Fotografie durchsetzen zu können, bevor ich von Dad verstoßen wurde. «, Royce blinzelte mit den Augen »Und in Alabama gab ich mir die Kante. Trank mich beinahe bis in den Koma, wenn mich Kale nicht gerettet hätte. Kale war gerade in der Anfangszeit als Polizist tätig gewesen, dass er trotzdem von allen geliebt und verehrt wurde. Er hatte Temperament und Ehrgeiz, und das hatte alle fasziniert. Kale hatte mich in meinem Wagen aufgefunden, dass er mich wiederbeleben musste und den Notarzt gerufen hatte. Erst als ich wieder entlassen wurde, hatte er mich aus dem Haus gezerrt und mich bei sich aufgenommen. Ich musste den kalten Entzug machen. Kein Alkohol und keine Drogen. Solange, bis ich es mir selbst einrede eine Chance für ein Neuanfang zu sehen. Drei Jahre hatte es gedauert. Kale und ich wurden zu richtig guten Freunden, er wurde zu den Mensch, den ich wertschätze und der mir sehr wichtig ist. Ohne Kale hätte ich das Leben nicht mehr in ihren bunten Farben sehen können.«, Er fing an zu lächeln, was mich glücklich stimme. Bis er aufstand meine Hand erfasste und mich auf die Beine zog. »Und trotzdem stehe ich vor dir und offenbare dir, dass ich ein Alkoholiker war. Der schlimmste und größte Alkoholiker, den man von Alabama kennt. Ich war schlimm, ich war furchtbar und ich hatte beim Entzug beinahe meinen Freund angeschossen, weil er die Flasche weggestellt hatte.«

»Wie hatte Kale reagiert?«, hakte ich nach und Royce räusperte sich leicht »Er hatte mich in den Knast verrotten lassen. Zwei Wochen musste ich ihm Gefängnis verbringen und das war erst der Anfang.«

ChardonnayWhere stories live. Discover now