Ninety-three: Sweet last Words

3.1K 217 39
                                    


Beim Anblick des Kleides brach ich zusammen. Es passte mir immer noch wie vor sechs Jahren. Mit 21 heiratete ich die Liebe meines Lebens und mit fast 27 Jahren nahm ich Abschied von ihm. Er hatte mich am Altar in diesem Kleid gesehen, während er beinahe den Blick erhascht hatte, nachdem er mit Many vom Junggesellenabschied verkatert vor unserem Haus auftauchte.

Und dabei tauchten alle Erinnerungen wieder auf, die mir niemals aus dem Kopf gehen werden.

Mein Blick fiel auf ihn. Royce hatte den Mut auf sich genommen, indem er meine Haare zurücksteckte. Maryanne hatte ihm das Foto in die Hand gedrückt, wo ich an meinem Hochzeitstag abgelichtet wurde. Ich glaubte niemals alles wieder zu fühlen. Das Gefühl zu bekommen aufgehübscht zu werden, während der Mann deiner Träume auf dich warten wird. Statt eines Friseurs, nahm Royce meine Haare und steckte sie wie auf dem Foto zusammen. Er hatte es gelernt, weil er ein großes Interesse an Fashion und Mode besaß. Es fiel ihm schwer die Haare zurückzustecken, denn Maryanne kämpfte dagegen an nicht mein Make Up zu ruinieren. Sie hatte mir damals mein Hochzeitsmake up gemacht. Ich konnte nicht aufhören zu weinen, als die beiden mir dazu halfen wieder wie an meinem Hochzeitstag auszusehen. Nur das ich von Trauer und nicht von Lebensfreude gesegnet war.

Mit Tränen in den Augen drückte ich mir die Hand auf die Brust und atmete tief durch. Dabei spürte ich das leichte Ziehen an meiner Kopfhaut, weil Royce meine Haare zusammflechtete. Er teilte die großen Strähnen auf, flechtete sie von oben bis nach unten, dass er sie um den Dutt herumlegte, den er auf die Schnelle zauberte. Es mochte nicht so perfekt aussehen, wie beim Friseur, aber es war die Message dahinter. Einer der nicht zu Nason gehörte, nahm die Kraft auf sich, um mir die Hochzeitsfrisur nachzuflechten. Es ließ mich eine Zeit lang lächeln, bevor ich meine kalte Miene wieder annahm. Mariannes Hand zitterte immer mehr, als sie versuchte den Lidstrich zu ziehen. Sie wollte abbrechen, aber Royce umklammerte ihre Hand so fest, dass sie nicht mehr zitterte. »Soll ich es machen?«, hörte ich ihn sagen und sprachlos wie Nason's Cousine war, ließ sie sich den Pinsel aus der Hand nehmen, bevor Royce sich zu mir hinkniete und seine rechte Hand auf meinem Wangenknochen abstützte. Mit Geduld setzte er präzise den Pinsel an meinem Wimpernkranz an, bis ich die Borsten an mein Lid spürte. Mein Herz setzte aus.

Selbst nachdem er sich von mir löste, nahm er den Mascara und rollte die Borsten über meine langen Wimpern. Seine Augen sahen in meine auf, emotional gebunden mit leichten Rötungen. Trotzdem war er stark genug gewesen mich anlächeln zu können. Maryanne steckte mir die weißen Rosen ins Haar und atmete tief durch. Erst als sie beide von mir abrückten, nahm sich Royce die Tasche und fischte die weißen Plateaus heraus. Augenblicklich steuerte er auf mich zu, ließ sich auf die Knie fallen, bis er meinen Fuß an sich zog und ihn in den rechten Hochzeitsschuh hineinschob. Sachte und mit Vorsicht glitt mein Fuß in den Schuh, bis er sich an meinen Linken zuwandte und den weißen Schuh aus der Tasche herausnahm. Seine Augen ruhten auf mir, sahen mich weinen und seufzen. Er nahm meine Hand, begann sie zu küssen, bis er meine Füße auf den Boden absetzte und meine Hände umfasste. Liebevoll zog er mich auf die Füße und hielt mich an der Taille fest. Ohne Worte und ohne zu reden griff er nach meiner rechten Hand und führte mich aus dem Bootshaus hinaus. Wir sahen uns in die Augen. Wir sprachen nicht. Mein Blick fiel auf dem See und seiner richtete sich auf mich. Das Schweigen zwischen uns wollte keiner von uns stören. Niemand wollte das. Selbst ich, dessen Worte auf der Zunge brannten, schluckte den Drang hinunter. Doch als Many auf uns zusteuerte, durchbrach er die Stille.

Er brach in Tränen aus mich hier in diesem Kleid zu sehen. Many drückte mich an sich, weinte leise, bis er mein Gesicht umfasste und mich anlächelte. »B...Bist du bereit?«

Ich nickte bestimmend, ehe er meine Hand erfasste und mich vom Bootshaus weglockte. Royce blieb an meiner Seite, denn er streifte sich sein Jackett über und war dabei es zu zuknöpfen. Als wir bei den Stühlen standen, haderte Many mit seiner Krawatte, die er nie richtig binden konnte. Die Hände zitterten und rissen am Krawattenband herum. Seine Augen tränten und er presste die Lippen zusammen. Rasch nahm ich das Krawattenband aus seiner Hand, legte sie ihm um den Hals, bis ich anfing den Knoten zuzumachen. So wie Nason mich vor Trauung gebeten hatte, seine zuzumachen. Nason hatte es durch mich gelernt und es Many versucht beizubringen.

ChardonnayWhere stories live. Discover now