oo4. Ein warmes Herz in einem kaltem Körper

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Vor nicht allzu langer Zeit

Lange starrte ich auf das Foto von ihr. Sie hatte wallendes, braunes Haar und wunderschöne dunkle Augen. Ihr Lächeln war so herzlich. Sie strahlte so viel Wärme aus. Obwohl sie so kalt war, war da so viel warme Energie.

»Sie war atemberaubend...«, seufzte mein Dad leise und nahm mir das Foto meiner Mutter aus der Hand. Das Bild der einzigen Person, die jemals genauso gewesen ist wie ich.

Ich sah an dem traurigen Blick meines Vaters, dass sich jeder Moment ohne sie für ihn wie eine Ewigkeit anfühlen musste. Sie war die einzige Frau gewesen, für die er sich jemals interessiert hatte. Sie war die Liebe seines Lebens, aber schon lange tot. Und das durch meine Geburt. Ein Moment, an dem neues Leben entstanden war, hatte gleichzeitig eins beendet.

Ich spürte, wie meine Augen anfingen zu brennen. »Ich hätte nicht geboren werden sollen«, fest presste ich die Lippen zusammen, »Nur wegen mir hast du sie nicht mehr.«

Verbittert blickte ich in die dunklen Augen meines Vaters. Ich hatte die Worte ausgesprochen. Was ich so oft schon gedacht hatte, war nun draußen.

Der Blick meines Vaters wandelte sich schlagartig. Sofort stellte er das Bild wieder aufs Regal und legte seine Hände auf meine Schultern. »Verena!«, flehte er, »Um Gottes Willen, sag sowas nicht.«

Meine Brust war mit Schmerzen erfüllt. Tränen liefen über meine Wangen herunter. »Aber es ist doch genauso!«, brachte ich schluchzend hervor.

Mein Vater verfestigte den Griff um meine Schultern. Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Nein, so ist es nicht! Deine Mutter und ich waren uns doch bewusst, dass es ein Risiko war, ein Kind zu kriegen. Wir haben es gewusst, aber wir haben dich trotzdem geliebt. Vom ersten Tag an, als wir wussten, dass Mary ein Kind bekommen kann, waren wir die glücklichsten Menschen auf der Welt. Ich habe sie nie strahlender gesehen. Dass sie gestorben ist, ist nicht deine Schuld. Verena, du bist ein Geschenk vom Himmel. Ich liebe dich genauso sehr, wie ich deine Mutter geliebt habe.«

»Ich liebe dich auch genauso wie Mom«, erwiderte ich traurig, »Aber-«

Mein Vater strich mir die Tränen aus dem Gesicht. »Kein aber! Verena, du bist erst 14 Jahre alt. Ich möchte nicht, dass du dir Vorwürfe machst! Deine Mutter hätte das nicht gewollt!« Fest nahm er mich in den Arm.

»Ich weiss«, weinte ich. Mein Brustkorb hob und senkte sich, während ich den warmen Körper meines Vaters an meine kalte Haut drückte.

Beruhigend strich er mir über den Rücken. »Verena, du bist so besonders. Ich will nicht, dass dein warmes Herz an etwas bricht, wofür du nichts kannst. Du bist einzigartig. Du bedeutest mir alles und so viel mehr...«

Gegenwart

Langsam öffnete ich die Augen. Mein Kopf dröhnte, ich spürte meine Finger nicht mehr.

Stöhnend wandte ich mich zur Seite und fand mich auf einer schwarzen Couch wieder.

Warrins Wohnzimmer?

Wie war ich denn hierher gekommen? Was war mit dem Attentat, dem Gebäude und der Frau? Ich hielt mir die Schläfen. Und wieso musste ich auf einmal an Dad denken?

Als ich den Kopf hob, sah ich, wie Warrin gerade durch die Tür kam. Er trug ein blaues Hemd und eine schwarze Hose mit Lackschuhen. So förmlich sah er immer aus. Aber irgendetwas störte mich an dem Bild. Erst als er sich mir näherte, sah ich die kleine Wunde an seiner Lippe. »Was ist passiert?«, fragte ich irritiert, »Was ist mit dem Attentäter?«

Blazing HeartWhere stories live. Discover now