o38. Wenn die Sorge dich auffrisst

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»Was tut man, wenn man nicht weiß, wie es einem Menschen geht, der einem wichtig ist?«, fragte ich in die Stille hinein und fuhr mir durch die braunen Strähnen, »Und man noch dazu nicht weiß, wo er sich befindet?«

Pfarrer Larrys dunklen Augen trugen ein Leuchten in sich. Der Pfarrer war noch in seiner Gottesdienstrobe gekleidet und hatte sich einen Moment Zeit für mich und meine Probleme genommen. Wie das schon öfter der Fall war. Nur hatte ich bei ihm nie das Problem, dass ich ihm auf die Nerven gehen könnte. Im Gegenteil, er hatte immer ein offenes Ohr für mich.

»Vielleicht braucht die Person nur eine Pause?«, fragte Larry mich, »Jeder Mensch fühlt sich mal überfordert und sucht eine Flucht aus der Realität.«

Da hatte er Recht, aber Warrin war kein normaler Mensch. Warrin war Mr. Ronnoc – der Superheld von Chicago! Ich konnte nicht einfach annehmen, dass er nur Abstand brauchte! Es könnte alles Mögliche geschehen sein.

»Bei ihm ist das aber anders«, versuchte ich Pfarrer Larry zu erklären, ohne zu viel zu verraten.

»Es ist also ein Mann«, stellte er daraufhin fest und zog die Augenbrauen hoch. Sein Blick erinnerte mich an den von Dad, als ich angefangen habe, von Jungs zu schwärmen. Pfarrer Larry und er waren sehr gute Freunde gewesen. Mich wunderte es also nicht, dass er nachhakte. Im Gegenteil, ich freute mich sogar darüber, auch wenn er mich missverstand. Ich machte mir Sorgen um Warrin als Freund und Partner in Superhelden-Angelegenheiten, nicht in Liebesgeschichten.

»Es ist nicht so, wie du denkst«, erwiderte ich, »Ich mache mir einfach nur Sorgen um ihn.«

Pfarrer Larry nickte. »Verena«, sagte er dann, »Du kannst dir den Kopf zerbrechen, wie viel du möchtest, aber es ändert nichts an der Situation. Du musst einfach Vertrauen in ihn haben.«

Er hatte ja recht, aber das war leichter gesagt als getan. Denn wenn Warrins Wunde wirklich wieder aufgegangen war, dann hatten wir ein großes Problem.

Und wenn sie doch nicht aufgegangen war, dann auch. Thane und Reva trieben da draußen nämlich noch ihr Unwesen und ich war mir sicher, dass wenn wir sie nicht bald aufhielten, irgendetwas Grausames geschah.

* * *

Unruhig führte ich die Pinselspitze von der Mitte des Bildes ins Innere. Meine Finger zitterten leicht. Die Linie wurde uneben. Ich seufzte auf. Ich konnte mich einfach nicht auf mein Bild konzentrieren.

Zögernd ließ ich die Hand sinken und lugte an meiner Staffelei vorbei zu Maisies Bild. Das Thema der heutigen Stunde war Tiere und ich musste sagen, dass die Katze, die sie gemalt hatte, verdammt gut aussah. Sie erinnerte mich ein wenig an Mina, Hansons Katze. Nur dass Maisies Katze graues Fell hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich die Weichheit spüren könnte, wenn ich nur die Hand nach ihr ausstreckte. Wie schaffte das Maisie nur immer hin, dass ihre Bilder so wirklichkeitsgetreu aussahen? Warum hatte ich nicht so einen naturalistischen Stil?

Plötzlich drehte sich die brünette Künstlerin um und schenkte mir ein Grinsen. »Na, wie ist das Kleid angekommen?«

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Gut«, erwiderte ich missmutig, »So gut, dass Susanne Clancy, die Modeikone, auf mich aufmerksam geworden ist.«

Maisie weitete die Augen. Auch Caitlyn wurde hellhörig und hatte sich in Sekundenschnelle zu mir gewandt. »Die Susanne Clancy?«, fragte sie erstaunt.

Ich nickte.

Maisie zog die Augenbrauen zusammen. »Ist das nicht ein Grund zum Feiern?«

Ich fuhr mir durchs Haar. »Eigentlich schon, aber ich habe ihre Visitenkarte verloren.« Ich hasste Thane immer noch dafür.

Blazing HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt