o16. Regnerische Verfolgungsjagd

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Als ich zwei Stunden später die Kanzlei betrat, war Warrin gerade in einem wichtigen Gespräch mit einem seiner Mandanten. Ich ging zur Kaffee-Maschine und machte mir einen Doppelten Espresso. Auch wenn ich immer noch sauer auf ihn war, konnte ich nicht anders, als jeden Tag hier vorbeizuschauen. Es hatte einen Sinn, dass ich hier war. Einen Sinn, warum mir vor sechs Jahren das Leben gerettet wurde. Der Sinn bestand darin, Unschuldige vor dem Bösen zu beschützen.

Als Warrins Mandant ging und ich zum ersten Mal an diesem Tag sein Büro betrat, bemerkte ich, dass wir gar nicht alleine waren. Ein Mädchen mit Haar so rot wie die Morgensonne saß neben Warrin am Schreibtisch und spielte nervös mit einer Haarsträhne. Das musste dann wohl die 15-jährige Praktikantin sein, von der Warrin gesprochen hatte.

Ihre blauen Augen nahmen mich in den Blick, als ich mich langsam dem Bürotisch näherte. »Hallo«, begrüßte ich das süße Mädchen mit den Sommersprossen auf der Nase.

Schüchtern grinste sie mich durch ihre Brillengläsern hindurch an.

Ehe ich weiter reden konnte, ergriff Warrin das Wort. »Elianna, das ist Verena, meine Buchhalterin«, stellte er mich gelangweilt vor, »Sie würde wirklich gerne mit dir sprechen, hat aber leider ganz viel zu tun.«

Wieso überraschte mich sein Verhalten jetzt nicht?

»Nicht wahr?«, fragte Warrin und stellte sich hinter die Praktikantin, damit sie seinen bösen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte.

Ich verstärkte den Griff um meine Tasse. »Vielleicht ein anderes Mal?«, ich zwang mich zu einem Grinsen und marschierte dann mit den Espresso in den Händen wieder aus Warrins Büro. Missmutig schritt ich in den Keller. Er war also immer noch sauer wegen dem Juwelierüberfall. Wie hätte es denn auch anders sein sollen? Ich gab den vierstelligen Code der Tür ein und betrat seine geheime Zentrale. Ohne zu zögern setzte ich mich an den gläsernen Tisch. Denn ich war mir sicher, dass es wieder Neuigkeiten wegen des Falls gab.

Ich lag genau richtig. Warrin war mir nämlich gefolgt. Hastig schloss er die Tür hinter sich und ging an den Monitor, um mir ein Bild zu zeigen. Besonders viel war aber nicht zu sehen. Die Aufnahme war nämlich ganz verschwommen und dunkel. Ich tippte darauf, dass es die einer Überwachungskamera war. Bei genauerem Hingucken konnte man die Konturen einer dunkelgekleideten Person erkennen. 

»Das ist der Dieb, der für die zwei Museumsräube in Wisconsin und Minnesota verantwortlich ist«, klärte Warrin mich auf, »Dabei wurden der größte Saphir und Smaragd der Welt entwendet.«

Warrin klickte ein Bild weiter. Die nächste Aufnahme war etwas besser, aber mehr als eine Person mit Maske und dunklem Umhang konnte man nicht erkennen.

»Da scheint sich jemand ein Vorbild an deinem Kostüm zu nehmen«, witzelte ich, wofür ich einen bösen Blick von ihm erntete.

»Damit ist nicht zu spaßen«, meckerte er mich an, »Irgendjemand da draußen klaut diese Edelsteine und wir wissen immer noch nicht, was der- oder diejenige damit vorhat!«

Ich seufzte auf. »Schon verstanden.« Er brauchte ja nicht sofort so gereizt zu reagieren.

Er setzte sich gegenüber von mir an den Glastisch und legte nachdenklich die Hände zusammen. »Wenn ich nur wüsste, was der Dieb vorhat...«, murmelte er, »...dann wüsste ich endlich, ob er oder sie eine ernsthafte Bedrohung darstellt.«

Ich presste unzufrieden die Lippen zusammen. Und das war dann wohl der Punkt, wo Warrin mal wieder mich brauchte. Denn wenn der Dieb auftauchte, könnte ich genau das erspüren. Entweder meine Körpertemperatur würde nur leicht ansteigen und ich wüsste, dass keine besonders fiese Absichten dahinter steckten oder es war doch ernster als gedacht. Egal, was es war: Ich hatte keine Lust alleine draußen in der Kälte zu hocken und auf einen Dieb zu warten, der nur vielleicht auftauchte.

Blazing HeartWhere stories live. Discover now