o50. Ich will vertrauen, mich fallen lassen

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»Ich weiß nicht, ob ich das mit den fünf Designs schaffe. Ich habe nur noch acht Tage Zeit...«, murmelte ich und blätterte durch mein Skizzenbuch.

Während Hanson auf der Coach saß, hockte ich auf dem Boden und saß inmitten meines kreativen Chaos. Ich versuchte ihn abzulenken, indem ich über meine Entwürfe sprach. Vielleicht munterte ihn das ja ein wenig auf?

»Was hältst du hier von?«, fragte ich und hielt eins meiner Oberteile hoch.

Hanson neigte den Kopf zur Seite. »Schön«, sagte er dann und zwang sich zu einem Lächeln. Okay, das klappte nicht so gut, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Seufzend legte ich das Stück auf den Boden und fuhr mir durchs Haar. Ich musste mir etwas Besseres einfallen lassen. Ich hatte jedoch keine Idee. Es kam selten vor, dass ich andere tröstete. Schließlich verbrachte ich ja für gewöhnlich meine Zeit allein.

Verzweifelt sah ich Hanson an. Wie munterte man also einen Menschen auf, der soeben seine Großmutter verloren hatte? In meinem Kopf herrschte Leere.

Stattdessen machte sich ein Ziehen in meinem Magen bemerkbar. Ehe ich mich versah, stand ich in Flammen. Stöhnend krümmte ich den Rücken und kniff die Augen zusammen. Wieso ausgerechnet jetzt? Ich hatte das Gefühl, dass immer, wenn ich und Hanson etwas zusammen unternehmen wollten, jemand kurzfristig beschloss dazwischenzufunken.

»Verena!«, sagte Hanson erschrocken und war in Sekundenschnelle bei mir, »Was ist los? Hast du Schmerzen?«

Ich drehte mich von ihm weg, damit er mein schmerzerfülltes Gesicht nicht sehen musste. Man, brannte das! Irgendjemand hatte was wirklich Schlimmes vor.

»I-ch muss weg!«, brachte ich stotternd hervor und versuchte aufzustehen.

Hanson zog mich zurück. »Du musst weg? Wohin denn schon wieder?«, fragte er verständnislos.

Ich atmete aus. Die Kälte in mir nahm wieder Überhand. Binnen Sekunden fand ich mich wieder in meinem Eismeer wieder. Ich wagte es nicht ins Hansons Augen zu blicken. »Caitlyn hat geschrieben. Sie braucht Hilfe...«, log ich.

»Ach, ja?«, fragte Hanson, »Woher weißt du das denn? Dein Handy liegt auf dem Tisch.«

Ich starrte zum Tisch, wo es tatsächlich lag. Verdammt! Ich dachte, es läge neben mir auf dem Boden. 

Ich sah Hanson verzweifelt an und wusste nicht, was ich tun sollte. Ein Teil in mir wollte Warrin rufen und sich sofort um den Übeltäter kümmern, ein anderer Teil sträubte sich, allein aus dem Grund Hanson nicht wieder im Stich zu lassen. Und noch dazu wollte ich nicht, dass Warrin herausfand, dass ich den Aquamarin nicht mehr hatte. Was also sollte ich tun? 

»Hat es mit der Sache zu tun, von der du mir nichts sagen willst?«, fragte Hanson jetzt.

Ich starrte an ihm vorbei. Ja, hatte es. Sollte ich ihm das sagen?

Lieber nicht. Denn dann würde das Geheimnis nur noch größer werden, als es ohnehin schon war. Ich merkte, wie ich immer tiefer in meinem Strick von Lügen versank. Ich war gefesselt, aber gleichzeitig konnte ich mich selbst befreien. Wenn ich mich traute, wenn ich den Sprung wagte.

Ich blickte in Hansons Augen. Aber ob er es für sich behalten könnte? Er war nicht so wie Warrin oder ich. Er hatte nichts zu befürchten. Warrin und ich dagegen mussten immer aufpassen. Jede verdammte Sekunde.

Wenn ich wüsste, dass ich Hanson zu hundert Prozent vertrauen könnte, dann würde ich es ihm sagen. Oder wenn ich etwas gegen ihn in der Hand hatte. So wie Thane etwas gegen mich in der Hand hatte. Aber ich wollte Hanson nicht erpressen. Ich wollte ihm blind vertrauen können. Wie fand man jedoch aus, ob man jemandem wirklich vertrauen konnte?

Blazing HeartWhere stories live. Discover now