o24. Von der Hoffnung, Künstlerin zu werden

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Als ich die Kanzlei betrat, war es genau Mitternacht. Ich ging hastig die Treppen zum Keller hinunter. Die Tür stand offen. Meine Schritte beschleunigten und wurden auf dem grauen Marmorboden lauter.

»Warrin?«, fragte ich, als ich den laufenden Bildschirm sah, aber es keine Spur von meinem Chef gab. »Warrin?«, wiederholte ich und fing an, mir wirklich Sorgen zu machen.

Plötzlich schwang die schwarze Tür auf, die ich immer nur von außen bewundern durfte. Denn Warrin ließ mich nie in dieses Zimmer hinein. Er erschien im Türrahmen und sah aus wie immer. Nur in seiner Hand hielt er merkwürdigerweise ein Sektglas. »Gibt es irgendwas zu feiern?«, fragte ich irritiert, »Oder warum trinkst ausgerechnet du Alkohol?«

Warrin kam auf mich zu und zog die Augenbrauen hoch. »Das ist kein Alkohol«, sagte er trocken und musterte mich, »Wo warst du?«

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Das geht dich nichts an«, erwiderte ich eine Spur zu zickig. Ich beendete mein Date vorzeitig, weil ich dachte, Warrin würde es schlecht gehen. Stattdessen sah er aus wie ein Model und trank genüsslich was auch immer das war. »Wieso hast du mich herbestellt?«

Warrin schritt in langsamen Bewegungen zum Glastisch. In Schneckentempo setzte er sich hin und lehnte sich zurück. Entweder er wollte mir gerade absichtlich auf die Nerven gehen oder er hatte tatsächlich noch Schmerzen.

Ich tippte auf Letzteres. Denn bis jetzt hatte er mich kein einziges Mal angemeckert. Also beschloss ich, ihm noch nicht zu sagen, dass ich heute das Pech hatte, auf Thane zu treffen.

»Ich weiß, wann die Diebe das nächste Mal zuschlagen werden«, sagte er plötzlich.

Überrascht lief ich zu ihm und setzte mich ebenfalls an den runden Glastisch. »Wie hast du das denn angestellt?«, fragte ich verwundert. Warrin blendete mithilfe des Touchpads ein Foto auf dem Bildschirm ein.

Es zeigte ein Plakat. »Einzigartige Versteigerung auf dem Meer mit Schätzen aus aller Welt!«, las ich laut vor, »Stern von Sierra Marié erhält einen neuen Besitzer!« Abgebildet waren ein prächtiger Diamant und ein Kreuzfahrschiff. »Samstag, 19 Uhr. Abfahrt am Burnham Harbor.«

Ich wandte den Blick zu Warrin. »Dieser Stern von Sierra Marié ist ein Diamant? Sie werden garantiert kommen und ihn stehlen wollen!«, stellte ich erschrocken fest.

Warrin nickte. »Deshalb habe ich uns Einladungen besorgt. Samstag Abend haben wir ein Rendezvous mit unseren zwei Übeltätern.«

* * *

»Heute malen wir uns unser eigenes schönes Wetter!«, lachte Melanie Husk den Kurs fröhlich an und schwang den Pinsel in die Luft. Ich blickte aus dem Fenster. Die Straßen Chicagos waren mal wieder in Regen getaucht. Am liebsten wollte ich mich da in mein Bett kuscheln und es nie wieder verlassen.

»Oh, ich habe schon eine fantastische Idee!«, strahlte Caitlyn Maisie und mich an. Ehe ich mich versah, war sie schon zu den Farben gelaufen und suchte sich die Knalligsten heraus.

Maisie schüttelte grinsend den Kopf und sah dann mich an. »Und wie war das Date mit Hanson nun? Oder habe ich das schon gefragt und es dann wieder vergessen?«, fragte sie mit großen Augen.

Ich lachte auf. »Nein, du erinnerst dich schon richtig. Das Date war... mh... wie soll ich das sagen? Nicht so wie erwartet und voller Überraschungen?« Ich biss mir auf die Lippe. »Wir mussten es vorzeitig beenden«, gab ich zu, »Und seitdem habe ich weder mit ihm gesprochen noch ihn gesehen.«

Maisie zog die Augenbrauen hoch. »Na, das sind ja heitere Aussichten!«

Ich kratzte mich am Hinterkopf. Konnte man wohl sagen.

Blazing HeartWhere stories live. Discover now