o11. Ein Superheld, der nicht super ist

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»Schwarz oder Rosa?«, murmelte ich und schwenkte die Skizzenbücher im Licht herum.

»Rose ist schön«, schlug die Verkäuferin mir vor, »Das passt zu deinem Nagellack.« Ich starrte auf den abgesplitterten Nagellack, den ich vor ungefähr einer Woche aufgetragen hatte. Vielleicht sollte ich mir mal dringend wieder die Fingernägel neu lackieren?

Ich blickte wieder zu den zwei Skizzenbüchern. Da ich die Kunst jetzt wirklich wieder ernst nehmen wollte, hatte ich kurzerhand beschlossen, in den Künstlerbedarf zu kommen. Bis jetzt waren drei Bleistifte verschiedener Härtegrade, ein Radiergummi und ein schwarzer Fineliner in meinem Einkaufskorb gelandet. Es fehlte nur noch das perfekte Buch für Skizzen. »Ich denke, ich nehme das Schwarze«, sprach ich meinen Gedanken laut aus.

»Also heute kein Pink.« Nickend packte die Verkäuferin es weg.

Wenn ich mich zwischen zwei Dingen nicht entscheiden konnte, fragte ich oft nach einer weiteren Meinung. Irgendwie merkte ich dann immer, was ich doch lieber wollte. Es war vielleicht eine merkwürdige Methode, aber immerhin effektiv. So kaufte ich immer nur das ein, was ich wirklich haben wollte. Angesichts der Tatsache, dass Warrin mit meinem Lohn immer geiziger wurde, keine schlechte Sache.

Ich bezahlte und räumte alles in meine Handtasche. Als ich den Laden verließ, traf ich auf ein bekanntes Gesicht.

»Linden!«, grinste ich den schwarzen Haarschopf an, der mit entgegen kam.

Kurz blickte er mich an, verdrehte dann aber die Augen und ging einfach an mir vorbei. »Okay!«, rief ich ihm nach, »Dann eben erst bis Montag!«

Ich versuchte es nicht persönlich zu nehmen, dass er offensichtlich von mir genervt war. Maisie und Caitlyn hatten doch gesagt, dass er immer so war, oder nicht?

Ich setzte mich in ein kleines Café nahe der Stadtbibliothek. Voller Motivation packte ich das Skizzenbuch aus und schlug die erste Seite auf. Plötzlich war ich wieder total inspiriert und konnte es kaum erwarten, endlich etwas zu zeichnen.

Aus Inspiration wurde Wut, als ich nach einer halben Stunde immer noch nichts zustande gebracht hatte. Die Blankoseite war nach wie vor leer. Traurig musste ich akzeptieren, dass ich keine Ahnung hatte, was ich überhaupt malen sollte. Mir fiel keine kreative Idee ein.

Ich tippte mit dem Bleistift auf meinem Block herum. Vielleicht war Melanies Kunstkurs genau dazu gut? 

* * *

»Wenn ich nur eine Sache aufzählen könnte, die ich an dir liebe...«, hauchte Rodrick ihr zu, »...dann ist es-«

Mein Handy fing an, wie verrückt zu vibrieren. Genervt stoppte ich meine Serie und blickte auf das Display.

Warrin.

Mal wieder.

Er hatte mir bereits zwanzig Nachrichten mit allen möglichen Drohungen hinterlassen. Die Nachricht, dass er mir den Kopf abhacken würde, wenn ich in zehn Minuten nicht vor dem Museum stand, fand ich ja am amüsantesten.

Ich griff in meine Chipstüte und schaute meine Serie weiter.

Dieses Mal knickte ich nicht ein. Warrin konnte so viel schreiben, wie er wollte. Ich würde definitiv nicht einknicken!

Plötzlich klopfte es ganz laut an der Tür.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als Warrin laut meinen Namen rief. »Verena, mach sofort auf!«, hörte ich ihn knurren.

Bloß nicht in Panik verfallen!, dachte ich entsetzt. Ich würde einfach so tun, als wäre ich nicht zu Hause. Ich verharrte auf der Coach und regte mich um keinen Millimeter.

Blazing HeartWhere stories live. Discover now