o78. Eiseskälte, die blutet

1.3K 107 12
                                    

Ich erinnerte mich noch zu gut an den Tag, an dem ich zum ersten Mal richtig realisierte, dass ich anders war. Ich war vier Jahre alt und Dad hatte mich zum ersten Mal in den Kindergarten gebracht. Im ersten Moment war die Umgebung unvertraut, so viele neue Gesichter auf einmal.

Ich wusste nicht, wohin mit mir und stellte mich allein in die Ecke. Doch es dauerte nicht lange, da kam ein Mädchen mit wunderschönen blonden Locken auf mich zu und wollte mit mir spielen. Wir spielten Fangen. Ein Spiel, das mir bis dahin unbekannt geblieben war, obwohl es doch so simpel war.

Im ersten Moment war ich so glücklich. Denn dieses blonde Mädchen schien so viel netter als Dad die Menschen da draußen beschrieben hatte. Wir begannen zu spielen. Sie fing mich und dann fing ich sie. Doch als meine eiskalten Finger ihre Haut berührten, zuckte sie zusammen und fing an zu weinen. Ihr Gesicht war vor Schmerzen verzerrt und sie wollte, dass ich sie bloß nicht noch einmal berührte.

Mein 4-Jähriges Ich verstand nicht, was es getan hatte. Ich wollte einfach nur, dass sie aufhörte zu weinen. Unbeholfen hatte ich daneben gestanden und dabei zu gesehen, wie eine Erzieherin sich um sie kümmerte. Sie versuchte sie zu besänftigen, aber als ihre Haut rot wurde, rief sie ihre Eltern an.

Es stellte sich heraus, dass sie eine Kälteallergie hatte. Was das so richtig war, begriff ich erst später, aber damals war für mich die Welt auseinander gebrochen. Ich hatte nur versucht, Freunde zu finden. Genauso wie in diesen Cartoons und Serien, die Vater mir immer gezeigt hatte. Stattdessen war mir klar geworden, dass ich anders war und niemals ein Teil der Gesellschaft werden könnte.

Das Mädchen redete kein Wort mehr mit mir und ab da an, taten das auch nur noch die Erzieherinnen. Ich saß jeden Tag in der Ecke und versuchte mich allein zu beschäftigen. Und obwohl ich nicht dort sein wollte, meinte Dad ich müsse es. Er wollte mich nicht für immer wegsperren. Er wollte, dass ich trotz allem Freundschaften knüpfte. Aber ich knüpfte nie welche. Ich war immer allein und als ich endlich eingeschult wurde, freute ich mich über eine neue Chance.

Aber die neue Chance kam nicht. Denn das Mädchen mit der Kälteallergie war mir gefolgt. Bis in die Highschool. Und jeden Tag aufs Neue musste ich mir Heathers Beleidigungen und Niedermachungen anhören. Ich wollte mich wehren, aber insgeheim hatte ich doch Angst, sie wieder zu verletzen. Obwohl ihre Kälteallergie nicht mehr so stark war wie früher.

Irgendwann sah ich ein, dass ich für immer allein sein würde. Und ich hatte Recht. Ich war wieder allein. Nach allem, was Hadrian getan hatte, könnte ich niemanden mehr vertrauen.

Ich blickte zu Thane, der tonlos an der Wand lehnte und wütend vor sich hinstarrte.

»Wieso?«, fragte ich mit heiserer Stimme, »Wieso hast du mich damals gerettet?«

Er schnaubte auf. »Es ist scheißegal, warum ich das getan habe.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich wünschte mir, ich hätte es nicht getan.«

Ich schloss die Lider. »Gut, ich hab's verstanden. Du brauchst es mir nicht andauern unter die Nase zu reiben.«

Eiskalt. Wenn ich an Thane dachte, fiel mir nur dieses Wort ein. Obwohl sein Körper und jede Faser seines Körpers mit einer unheimlichen Wärme erfüllt waren, war es doch sein Herz, dass kälter als alles andere auf dieser Welt war. So kalt, dass die Kälte in mir wahrscheinlich nichts dagegen war.

»Ich werde es aber so oft wiederholen, bis ich hier raus bin«, brachte Thane wütend hervor, »Ich drehe deinem Psychofreund den Hals um.«

Ich zuckte zusammen. »Er ist nicht mein Freund!«, brachte ich verbittert hervor und legte die Arme um mich. Er war es nie gewesen, sondern nur ein verdammter Schauspieler. Ein bitterböser Mensch, der mir die ganze Zeit über nur etwas vorgemacht hatte.

Blazing HeartWhere stories live. Discover now