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Während meine Taktik darin besteht, so viel wie möglich auf einmal in den Mund zu bekommen, setzt Shawn auf die Schnelligkeit beim Kauen. Meiner Meinung nach sehr geschickt, drücke ich meinen Muffin einfach platt und schiebe die Teigplatten nacheinander in den Mund. Ziemlich schnell habe ich nichts mehr in meiner Hand.

Triumphierend grinse ich Shawn an. Beziehungsweise versuche ich das. Aber es sieht wahrscheinlich eher aus wie eine total verzerrte Grimasse. Auch der Braunhaarige schiebt sich den letzten Rest seines Muffins in den Mund. Mit seinen Hände fängt er an wild zu gestikulieren. Als er erst auf seine vollen Wangen zeigt und dann mit seinen Fingern an seinem Hals entlang fährt, wird mir bewusst, dass ich erst gewonnen habe, wenn ich alles unterschlucke.

Natürlich gestaltet es sich als ziemlich schwierig fast einen ganzen Muffin zu zerkauen. "Gewonnen", jubelt Shawn. Mit einer Hand fährt er sich über seinen Mund, um mögliche Krümel zu entfernen. "Ha! Ich war schneller. Du isst wie eine Schnecke", zieht mich der Junge gegenüber auf.

Beide Hände presse ich auf meinen Mund, damit ich nicht anfange zu lachen und ausversehen den Teig wieder ausspucke. Ich gebe Shawn zu verstehen, dass er wieder von seinem hohen Ross runterkommen soll.

Nach einer halben Ewigkeit habe ich auch den letzten Rest runter geschluckt. "Ich esse nie wieder Blaubeermuffins", strecke ich angewidert meine Zunge heraus, "die werden mich immer an meine Niederlage erinnern."

Daraufhin lässt Shawn ein raues Lachen verlauten. Auch wenn ich ihn kaum kenne, liebe ich sein Lachen jetzt schon. Man muss automatisch lächeln. Etwas anderes bleibt einem gar nicht übrig, wenn man in sein vor Freude strahlendes Gesicht sieht.

"Trotzdem gut geschlagen", klopft mir der Junge spaßeshalber aufmunternd auf die Schulter. Dafür kassiert er von mir ein 'Ist-das-dein-Ernst-?'-Blick.

Vollgestopft bis oben hin lasse ich mich tiefer in die Kissen sinken, nachdem ich den Rest meines Tees ausgetrunken habe. Der nebenbei bemerkt kalt echt ekelhaft schmeckt. "Ich hätte nicht so viel Essen sollen", stöhne ich. Kurz schließe ich meine Augen. Ich bemerke, wie müde ich mittlerweile bin. "Wow, ich könnte jetzt hier einfach liegen bleiben und bis Montag durchschlafen", murmel ich die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen. "Nur zu", bietet der Braunhaarige an.

Träge schüttel ich meinen Kopf. "Nein, nein. Ich sollte nach Hause fahren." Mit starker Willenskraft gelingt es mir, meine Augen wieder zu öffnen. Mein Blick fällt auf eine alte hölzerne Standuhr. Ich dachte, solche Uhren würden nur noch bei meiner Großmutter rumstehen. Jedenfalls ist es bereits nach 2 Uhr morgens.

"Oh Gott! Ava ist sicher am durchdrehen. Bestimmt hat sie schon einen Suchtrupp losgeschickt." Kerzen gerade sitze ich auf der Kante des Sofas. "Deine Schwester?", fragt Shawn nach. "Meine Mitbewohnerin", schüttel ich meinen Kopf. Entschuldigend blicke ich ihn an. "Shawn, es tut mir leid. Aber ich muss jetzt wirklich gehen."

"Überhaupt kein Problem. Wir sehen uns schließlich Montag wieder", zwinkert mir der Braunhaarige zu. Gemeinsam gehen wir aus dem Wohnzimmer raus und bleiben vor der Haustür stehen. Ein Gähnen unterdrückend schlüpfe ich in meine Stiefel.

"Also vielen Dank für den Abend oder eher Nacht, je nachdem wie man es definieren will. Ehm ja, jedenfalls danke. Es hat Spaß gemacht", rede ich drauflos. Shawn nickt zustimmend. "Finde ich auch."

Unschlüssig stehe ich vor der geschlossenen Haustür. Entweder mache ich sie selber auf und spaziere heraus oder ich warte, bis der Braunhaarige zur Türklinke greift. Unnötiger Weise stelle ich mich bei Verabschiedungen immer sehr ungeschickt an.

Shawn öffnet schließlich die Tür. "Wir sehen uns am Montag", räuspert er sich. Dann breitet er seine Arme aus und zieht mich in eine Umarmung. Mein Kopf liegt in der Kule zwischen seiner Schulter und seinem Nacken. Ich ziehe den Duft, der in seinem T-Shirt hängt, ein. Er erinnert mich ein bisschen an das Aftershave meines Bruders.

Etwas unsicher lege ich auch meine Arme um ihn. Meine Hände greifen etwas Stoff seines Oberteil unterhalb seiner Schulterblätter. "Komm gut nach Hause", flüstert Shawn mir ins Ohr.

Als ich in mein Auto steige, blinkt ein gelbes Lämpchen auf dem Beifahrersitz ununterbrochen. Stöhnend nehme ich mein Handy in die Hand. 4 verpasste Anrufe und an die 15 Nachrichten von Ava. Alle mit dem selben Inhalt. Sie fragt, ob etwas passiert ist. Sie macht sich sorgen, ob es mir gut geht. Sie droht mir an, mich zu köpfen, wenn ich in der WG auftauche. Wie konnte ich auch mein Handy im Auto vergessen?

So leise wie möglich schließe ich die Wohnungstür auf. Vorsichtig streife ich meine Stiefel von den Füßen und lege meine Tasche auf den Boden. Ich muss nur an Avas Zimmer vorbei und in mein Eigenes huschen.

Als ich an unserer Küche vorbei schleiche, geht plötzlich das Licht an. Mit einigen Haarsträhnen in ihrem Gesicht, baut sich Ava vor mir auf. Fast bedrohlich erscheint mir ihr Auftreten.

"Wo um alles in der Welt warst du, Victoria?" Hart schlucke ich. Sie erinnert mich etwas an meine Mutter. "Arbeiten. Ich war arbeiten", stottere ich. "Erzähl mir doch keinen Blödsinn. Deine Schicht endet um Mitternacht. Dann bist du spätestens um zwanzig nach zwölf zuhause." Gestresst fährt sie sich durch ihre -mittlerweile ganz grau gefärbten - Haare.

"Warum muss ich mich eigentlich vor dir rechtfertigen?", frage ich etwas aufgebracht. "Weil ich mir Sorgen mache! Du kommst einfach nicht nach Hause. Und ich sitze hier und drehe durch."

"Tut mir leid, dass ich mein Handy vergessen habe. Ich habe mich noch mit einem Bekannten verquatscht", bringe ich Ava etwas Verständnis entgegen. "Ein Bekannter?", fragt sie ungläubig.

"Ja, denkst du ich kenne keine Leute, die nichts mit dir oder Tyren zu tun haben?" Kopfschüttelnd nehme ich die 'Pizza Shack' Cappie von meinem Kopf und binde meine Haare zu einem Dutt zusammen.

"Doch klar. Ich habe mich nur einfach gewundert", druckst Ava herum, "naja dann schlaf gut. Und sag mir nächstes Mal einfach Bescheid, dass du länger wegbleibst."

Rückwärts gehend verschwinde ich in meinem Zimmer. "Schlaf du auch noch ein paar Stunden."

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt