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Ava und ich sitzen am Küchentisch. Jeder von uns hängt seinen eigenen Gedanken nach, während wir Nudeln mit Tomatensoße in unsere Münder schaufeln. Nach zahlreichen gescheiterten Motivationsversuchen, hatte ich es vor einer halben Stunden geschafft, mich aufzuraffen und zu kochen.

"Tut mir übrigens Leid wegen heute Nacht. Ich wollte dich nicht so bevormunden", entschuldigt sich meine Mitbewohnerin zwischen zwei Bissen. "Schon längst wieder vergessen", winke ich ab. So ist das immer bei uns. Wir zicken uns an, schlafen eine Nacht darüber und dann ist alles wieder gut.

Ava legt ihren Löffel zur Seite. "Und du willst mir nicht erzählen, wer der Bekannte ist?" Mit den Augenbrauen wackelnd sieht sie mich an. Automatisch muss ich bei dem Gedanken an Shawn lächeln. Aber ich schüttel den Kopf. "Das hat noch Zeit."

"Du bist fies", stellt Ava beleidigt fest. "Das sagt die Richtige", lache ich, "wer hat mir nie erzählt, dass sie sich aus dem Haus schleicht, um mit Tyren auszugehen." Ihre Wangen neben eine rosane Farbe an. "Okay, schon gut", beendet sie das Thema.

Klirrend lasse ich den Löffel auf den Teller fallen. Nachdem ich mich ausgiebig gestreckt habe, räume ich das Geschirr in die Spülmaschine und lasse etwas Wasser in die Spüle. Ohne mir ihre Hilfe anzubieten verlässt Ava die Küche.

Das ist okay. Wer Kochdienst hat, muss auch die Küche aufräumen. Heute muss ich dadurch. Ava dann eben an anderen Tagen.

Schnell spüle ich die zwei Töpfe, die ich benutzt habe, wische über den Herd und räume einige Sachen, die noch umher fliegen zurück in die Regale. Die übrig gebliebenen Nudeln stelle ich in den Kühlschrank. Die werden heute Abend schon in Tyrens Magen verschwinden.

Als ich gerade meine Hände abtrockne, klingelt mein Handy. Ein Blick auf das Display verrät mir, dass mich mein Bruder anruft. Mit einem schlichten 'Hi' nehme ich den Anruf entgegen. "Hey, Schwesterchen. Alles Liebe zum Geburtstag nachträglich", erklingt seine tiefe Stimme.

"Danke. Aber mein Geburtstag ist bereits seit einer Woche vorbei, Calvin", erinnere ich ihn etwas angesäuert. "Das weiß ich. Glaub mir ich wollte eigentlich auch schon viel früher anrufen. Aber mein Terminkalender ist einfach total vollgestopft", entschuldigt er sich.

"Ich weiß", seufze ich. "Was ist los, Vicky?" Calvins sanfte Stimme dringt direkt an mein rechtes Ohr. Auch wenn er es nicht sehen kann, zucke ich mit meinen Schultern. "Ich wünsche mir nur, dass wir uns öfter sprechen oder sehen könnten. Ich habe ein paar Nachrichten auf deiner Mailbox hinterlassen."

"Weiß ich. Die habe ich mir alle angehört", lacht mein Bruder. Die meisten Nachrichten waren nämlich ziemlicher Schwachsinn, den ich da gelabert habe. "Pass auf, über Weihnachten komme ich zu dir. Wir verbringen ein paar Tage zusammen und unterhalten uns Nächte lang, bis uns nichts mehr einfällt, worüber wir reden könnten", schlägt er mir vor. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Sofort verschwindet es wieder. "Was ist mit unseren Eltern? Willst du nicht zu Hause in Carp Weihnachten feiern?"

Ein leises Murmeln erklingt am anderen Ende. "Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist. Vielleicht schaue ich aber auch da eins, zwei Tage vorbei", überlegt Calvin. "Hast du dich wieder mit Dad gestritten?", frage ich nach. "Tun wir das nicht immer?" Resigniert seufzt er.

"Wieder das gleiche Thema? Du sollst mich nicht immer in Schutz nehmen." Schuldbewusst beiße ich auf meiner Unterlippe herum. "Hör auf damit", ermahnt mich mein Bruder. "Womit?"

"Einmal, damit auf deinen Lippen zu Kauen. Und dann, dir die ganze Schuld zu zuschieben." Ertappt schließe ich meinen Mund. "Wie machst du das immer? Vielleicht beiße ich gar nicht auf meine Lippe", versuche ich mich heraus zu reden. "Doch tust du. Vicky, ich bin dein Bruder. Ich habe dir 14 ganze Jahre und ein paar Monate beim aufwachsen zu gesehen."

Kurz nach meinem vierzehnten Geburtstag, wurde er von einem Talentscout entdeckt. Eigentlich recht spät für gute Karriere Möglichkeiten. Danach war er ständig in irgendwelchen Trainingcamps, bei Wettkämpfen oder von morgens bis abends im Eisstadion.

"Du sollst dich trotzdem nicht immer mit Dad wegen mir streiten", bitte ich ihn, "wir bekommen das schon wieder hin." Im Moment glaube ich selber nicht an meine eigenen Worte. "Wann, Vicky, wann?", lenkt Calvin direkt ein. Genervt seufze ich, weil ich gerade keine Lust darauf habe, darüber zu sprechen. "Ich weiß, du willst es nicht hören. Aber ihr Zwei habt vor deinem Umzug das letzte Mal richtig miteinander gesprochen. Das ist mittlerweile 17 Monate her. Merkst du wie schnell die Zeit vergeht?"

"Okay, okay. Ich rufe mal wieder zuhause an. Aber, wenn Dad nicht an das Telefon geht, kann ich nichts dafür", unterbreche ich meinen Bruder. "Gut."

Kurze Zeit herrscht in der Leitung Stille. "Wie läuft es ansonsten bei dir so?", beginne ich ein neues Thema. "Ich komme gut voran. Bald haben wir ein wichtiges Spiel. Vielleicht guckst du es dir im Fernseher an", schlägt Calvin vor. "Natürlich." Ich freue mich darauf, meinen Bruder wieder im Einsatz zu sehen.

"Kommst du klar, Vicky?" Seufzend schließe ich meine Augen. Jetzt kommt die gleiche Leier, wie jedes Mal, wenn wir telefonieren. "Ja, ich komme klar. Wirklich, Cal", versichere ich ihm. "Du weißt, dass du mich jeder Zeit um Hilfe bitten kannst."

"Ja", nicke ich, "wenn was ist, dann melde ich mich." Am anderen Ende erklingt lautes Stimmengewirr. "Denk daran, du kannst mir Bescheid geben, wenn du mit der Miete oder so nicht hinterher kommst. Das ist wirklich kein Thema für mich, Vicky."

"Mache ich", versuche ich ihn zu beruhigen. Natürlich würde ich mich bei finanziellen Engpässen nicht bei ihm melden. Das was ich hier in Pickering habe, ist nun mein Leben. Da muss ich alleine durch.

"Okay, ich muss jetzt Schluss machen. Die Jungs brauchen mich. Pass auf dich auf. Wir sehen uns in etwa einer Woche", klingt Calvin etwas gestresst. "Ist okay. Mach's gut", verabschiede ich mich.

Plump lasse ich mich auf mein Bett fallen, da ich während des Telefonats in mein Zimmer gegangen bin. Noch einmal lasse ich das Gespräch in meinem Kopf Revue passieren. Ich vermisse Calvin.

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Yeah, noch ein Kapitel diese Woche.

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt