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"Steh auf du Schlafmütze", rüttelt mich Calvin an meinen Schultern. Grummelnd vergrabe ich mein Gesicht in seiner Ellenbogenbeuge, da sein Arm noch unter meinem Kopf liegt.

Die nächtlichen Gespräche erst mit Shawn und dann mit meinem Bruder sind nicht gerade erholsam. "Zwei Minuten noch", hebe ich meine Hand resigniert in die Höhe.

"Gryffindor wünscht dir einen schönen Tag mit deinem Bruder", lacht Calvin. Sofort richte ich mich auf. "Bist du bescheuert? Warum liest du meine Nachrichten? Gib mir sofort mein Handy!" Geladen werfe ich mich auf den Jungen neben mir. Solange, bis er mir mein Handy entgegen streckt, schlage ich auf ihn ein.

"Komm wieder runter, du Furie." Kopfschüttelnd schubst er mich von sich runter. "Jetzt tu mal nicht so, als wäre es dein Recht an meine Sachen zu gehen", rede ich mich in Rage.

Abwehrend hebt Calvin seine Hände. "Früher hat es dich auch nie gestört. Tut mir leid, dass ich scheinbar den falschen Chat erwischt habe. Ich verstehe schon, jetzt wo es um Jungs geht, sind deine Sachen tabu für mich."

"Woher willst du wissen, dass es um einen Jungen geht", binde ich meine Haare zu einem Dutt. Doch mein Bruder schenkt mir nur ein 'Ist-das-dein-Ernst' Blick.

Nach einer Dusche sitze ich völlig tiefenentspannt mit Calvin am Frühstückstisch. Die Wut auf ihn ist wieder verflogen.

"Was hat es mit diesem Jungen auf sich?", horcht mich der Junge gegenüber von mir aus. "Nichts", murmel ich, während ich von meinem Toast abbeiße.

Fordernd legt er seinen Kopf zur Seite. Erst versuche ich seinem Blick stand zu halten, doch mein Bruder war schon immer der, der unsere Blickduelle gewinnt. "Er ist ein Freund, okay? Ich habe ihn vor ein paar Wochen beim Pizzaausliefern kennen gelernt", gebe ich mich geschlagen.

"Vor ein paar Wochen also", hebt der Blondhaarige seine Augenbrauen, "wie viele?" Genervt nehme ich ein Schluck von meinem Multivitaminsaft. "Zweieinhalb Wochen", rechne ich nach.

Bevor Calvin zu einer neuen Frage ansetzen kann, hebe ich meine Hand. "Hör zu, ich habe keine Lust auf ein Verhör nach de Haan Masche. Ich bin alt genug, um endlich mit Jungs zu reden. Meine Freizeit. Mein Leben."

"Alles gut, Vicky", lächelt mein Bruder. Dann stopft er sich den letzten Rest seines Toasts in den Mund. Ich sehe ihm an, dass er mit den wenigen Informationen, die ich ihm gegeben habe, nicht zufrieden ist. Aber das bin ich bei ihm auch nicht immer.

Um uns den Vormittag zu vertreiben, spielen wir ein Spiel, das wir früher immer auf langen Autofahrten gespielt haben. Einer fängt an Schuhe zu zeichnen und verdeckt diese dann. Der nächste malt eine Hose. Ein Oberteil wird wieder vom Ersten und ein Gesicht vom Zweiten gezeichnet. Fertiggestellt wird das Gemälde mit einem Hut. Dann darf man es im Ganzen betrachten.

Auch wenn es ein ganz simples Spiel ist, finden wir Zwei noch Freude daran. Warum auch immer.

"Was hälst du denn davon, wenn du nächstes Jahr zu Ostern zu mir nach New York kommst?", schlägt Calvin vor, als wir bereits zwölf Figuren fertiggestellt haben.

Freudig sehe ich auf. "Das hört sich gut an. Über die Feiertage habe ich eh immer frei", überlege ich.

"Schön", lächelt mein Bruder, "dann zeige ich dir alle wichtigen Orte und kann dich meinen Teamkollegen vorstellen." Es scheint, als würde er bereits jetzt meinem Aufenthalt durchplanen.

Ich schnappe mir einen grünen Buntstift und zeichne eine Bluse auf das gefaltete Blatt Papier.

"Wow, ihr solltet euch in meinen Kurs einschreiben", wühlt Ava durch den Stapel an Zeichnungen. Geschockt halt ich eine Hand auf mein Herz, da ich überhaupt nicht mitbekommen habe, dass sie von ihren Eltern zurück gekommen ist.

"Schleich dich nie wieder so an", ermahne ich sie. "Eigentlich ist sie eher wie ein Trampeltier in die Küche spaziert", merkt Calvin an. Dafür kassiert er einen erhobenen Mittelfinger von Ava.

"Vic, ist es okay, wenn ich eine Runde Joggen gehe? Heute Abend haben wir auf jeden Fall eine Verabredung. Netflix und Gummibärchen. Ich besorg auch welche." Da ich sowieso nicht 'Nein' sage, macht sich mein Bruder aus dem Staub.

Mein Handy, welches vibriert, nehme ich aus meiner Hosentasche. "Wie läuft der Geschwistertag bei dir? Aaliyah ist nur noch einen Schritt davon entfernt, mich in den Wahnsinn zu treiben", erhalte ich eine Nachricht von Shawn.

Automatisch heben sich meine Mundwinkel. "Der Geschwistertag pausiert gerade."

"Stell dich nicht so an. Selbst als Wahnsinniger würdest du deine Schwester noch vergöttern", schreibe ich breit grinsend eine weitere Nachricht.

"10.000 Dollar darauf, dass du mit dem misteriösen Bekannten schreibst", lehnt sich Ava über die Tischplatte. "So viel Geld habe ich leider nicht", blicke ich sie Schulter zuckend an.

"Es ist also wirklich dieser Junge. Interessant", murmelt meine Mitbewohnerin vor sich hin. "Verrätst du mir seinen Namen?", zieht Ava eine Schnute.

Kurz überlege ich. "Gibst du dann Ruhe?" Eifrig nickt sie. "Er heißt Shawn", lächel ich.

Plötzlich fängt das Mädchen an zu lachen. "Was ist so komisch?" Verwirrt blicke ich sie an. "Nichts. Ich hatte nur gerade den absurden Gedanken, dass du jetzt noch sagst, dass sein Nachname Mendes ist", lacht Ava immer noch.

"Ja, Shawn Mendes. Warum kommst du ausgerechnet auf den Namen?", frage ich. Ein Husten signalisiert mir, dass sich meine Mitbewohnerin an ihrer eigenen Spucke verschluckt hat.

"Das ist ein Scherz", stellt sie alamiert fest, "du willst mir nicht ernsthaft weis machen, dass dein Bekannter Shawn Mendes ist?"

"Doch", ziehe ich das 'o' ziemlich lang. Energisch zieht mich Ava vom Stuhl hoch und in ihr Zimmer. "Shawn Mendes wie dieser Shawn Mendes?", zeigt sie auf ein kleines Poster, das wahrscheinlich einer Teenie-Zeitschrift entnommen wurde.

Tatsächlich ist Shawn - den ich in einem bordeauxroten Haus kennen gelernt habe - mit einem Gitarrenkoffer in der Hand und verwuschelten Haare auf der Straße laufend abgebildet.

"Gott, bin ich blöd. Ich wusste, dass ich ihn irgendwo schon einmal gesehen habe", reibe ich mit meinem Handrücken über die Stirn. Zu meiner Verteidigung, ich war, wenn es hoch kommt vier Mal in Avas Zimmer seitdem ich hier lebe. Unsere eigenen Zimmer sind eben keine Treffpunkte.

"Findest du es nicht auch gerade etwas komisch, dass ich ein Bild von ihm an der Wand hängen habe, während du den wahrscheinlich heißesten Sänger in der Weltgeschichte datest?", kratzt sich Ava am Kopf. Dann steigt sie auf ihr Bett und hängt das Poster ab.

"Ich date hier niemanden", stelle ich klar. Dankend lehne ich ab, als das Mädchen mir das Poster geben möchte. "Don't be a fool", singt sie Augenzwinkernd.

"Du bist Shawn Mendes!", tippe ich eilig, als ich in meinem roten Sitzsack sitze. "Ja, aber du weißt doch schon länger, dass ich so heiße?", kommt direkt eine Antwort. Die Anzeige 'online' wechselt im Sekundentakt zu 'schreibt' und wieder zurück.

"Aber du bist DER Shawn Mendes! Shawn Singer Songwriter Weltstar Mendes!", schicke ich mit zitternden Fingern. "Erwischt?", lese ich auf meinem Display. Ein Emoji, der einen kleinen Jungen zeigt, wird daneben abgebildet.

"Du schuldest mir eine Erklärung!"

"Nein eigentlich nicht", schicke ich direkt hinterher. "Erzählst du mir trotzdem wieso du es mir nicht gesagt hast?"

"Können wir uns dafür persönlich treffen?", trifft nach einigen Minuten wieder eine Nachricht von Shawn ein.

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Es ist soweit!

Ein Update am Mittwoch, um #ShawnSignature zu feiern😂😂😂

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt