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"Ciao Lilly!" Gerade verabschiede ich mich von dem blondhaarigen Mädchen, das als letzte abgeholt wird, als mein Handy klingelt. Nie werde ich angerufen. Und dann innerhalb 24 Stunden direkt zwei Mal. Ungeschickt wie immer, fische ich das Telefon aus meiner Hosentasche.

"Was gibt es, Ava?", melde ich mich. "Kannst du mich von der Universität abholen? Irgendein Penner hat ernsthaft mein Fahrrad geklaut. Ich raste gleich aus!", schreit mir meine Mitbewohnerin regelrecht in mein Ohr. "Kein Problem. Ich bin schon unterwegs."

Kopfschüttelnd steige ich in meinen VW Polo ein. Bereits eine viertel Stunde später halte ich vor dem Durham College. Jedes Mal wenn ich hier bin, betrachte ich die Fassade. Einzelne Gebäudekomplexe sind wunderschön mit einer Glasfassade versehen. Das Tageslicht fängt sich in den kleinen Fenstern und erhellt den Vorhof mit Spiegelungen. Schon alleine deswegen freue ich mich ungemein auf das Studieren. Im Sommer stelle ich es mir hier noch schöner vor.

Ein Klopfen an dem Fenster der Beifahrerseite, lässt mich aus meinen Gedanken aufschrecken.
"Will", zwinge ich mich zu einem Lächeln, nachdem ich die Scheibe hinunter gefahren habe. Lässig stützt sich der Junge mit kurzen braunen Haaren auf der Tür auf. "Lange nicht mehr gesehen. Wie geht es dir?", fragt er.

"Mir geht es gut. Hatte nur viel zu tun in der letzten Zeit." Eine glatte Lüge. Ich war ihm extra aus dem Weg gegangen. Bemüht, freundlich zu wirken sehe ich ihn an.

Er ist kein hässlicher Kerl. Ebenso wenig ist er dumm oder unfreundlich. Will ist wirklich immer sehr nett und zuvorkommend. Aber irgendwie teilen wir einfach nicht den gleichen Humor.

"Ich habe dir ein paar Nachrichten geschrieben. Vielleicht hast du sie nicht gesehen?", blitzt ein Hoffnungsschimmer in seinen Augen auf. Will glaubt nicht daran, dass ich ihn mehrfach abblitzen lassen könnte. "Vor ein paar Monaten habe ich meine Nummer gewechselt. Wahrscheinlich hast du der Alten geschrieben", zucke ich mit den Schultern.

"Dann bekomme ich doch bestimmt deine neue Nummer." Verlegen fährt er sich über seinen Kopf. "Sicher", ziehe ich das 'i' lang, "aber ich befürchte, dafür reicht die Zeit nicht mehr." Energisch werden seine Schultern von zwei Händen umschlossen und zur Seite geschoben. "Mach mal Platz", fordert Ava ihn auf. Dann öffnet sie die Tür und lässt sich auf den Beifahrersitz fallen.

"Einen schönen Wintertag wünsche ich dir noch, Will", fährt meine Mitbewohnerin eiskalt das Fenster nach oben. Mit einem entschuldigend Blick wende ich mich von dem verdutzten Jungen ab. Rasch starte ich den Motor und fädel mich in den Verkehr ein.

"Was war das?", frage ich etwas geschockt. "Ich dachte, du bräuchtest Hilfe. Du darfst mir ruhig dankbar sein." Ava reibt ihre Hände, die in Handschuhen stecken, aneinander. Daraufhin schalte ich die Autoheizung an. "Oh, ich bin dir schon dankbar, dass du mich da raus manövriert hast. Aber bedenke, dass auch du diejenige warst, die mich erst in die Situation gebracht hat."

Ava hat mich nämlich auf unserer Silvesterparty Will vorgestellt. Damit fing der ganze Schlamassel an. Nur weil sie dachte, es wäre lustig, wenn sie es schafft, uns miteinander zu verkuppeln. Experiment gescheitert.

"Schon gut", lacht meine Mitbewohnerin, "der nächste Typ, den ich dir vorstelle, kann dann auch Lachen." Grinsend schüttel ich meinen Kopf, während ich den Blinker zum Abbiegen setze. "Du brauchst mir keinen Neuen vorstellen."

Eine Zeit lang schweigen wir Beide. Plötzlich schnappt das Mädchen neben mir laut hörbar nach Luft. "Ich brauche dir keinen Jungen vorstellen, weil da dieser Bekannte ist. Habe ich recht oder habe ich recht?", legt mir Ava ihre Gedankengänge offen. "Du hast nicht recht", verdrehe ich meine Augen. "Das sagen sie alle."

Lachend steigen wir aus meinem Auto aus. Oben angekommen lassen wir uns im Wohnzimmer auf das Sofa fallen. Natürlich schalte ich den Fernseher an, um noch zwei Stunden einfach nur rumzugammeln.

Nach einem nervenaufreibenden Staffelfinale, packe ich einige Sachen zusammen und stopfe sie in meinen Rucksack. "Es wird heute wieder später, Ava", warne ich meine Mitbewohnerin vor. Um Punkt halb acht verlasse ich dann die Wohnung.

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt