[79]

9.2K 447 71
                                    

November 2018

"Streck deine Finger aus", fordere ich Shawn auf. Daraufhin sieht er mich irritiert an - kommt meiner Bitte aber nach. Erstaunt stelle ich fest, dass seine Hand kein bisschen wackelt. "Wie kann das sein?", frage ich mich eher selbst, als meinen Freund.

"Sieh mal, wie stark meine Finger zittern", halte ich dem Braunhaarigen meine Hände unter die Nase. Ich kann mich noch so stark bemühen, doch meine Finger wollen einfach keine Ruhe geben. "Ich komme mir vor, als hätte mir ein Zitteraal zehn Stromstöße verpasst", lache ich, während ich versuche meine Nervosität zu überspielen.

Ein leichtes Lächeln ziert Shawns Gesicht, während er einen Schritt auf mich zu geht. "Es ist vollkommen okay, wenn du nervös bist", schließt mich der Junge in eine feste Umarmung. Seufzend lehne ich mich an seine Brust. "Meinst du, meine Finger haben sich nicht selbstständig gemacht, als ich das erste Mal über einen Roten Teppich gehen sollte?", haucht er mit seinem warmen Atem gegen meine Kopfhaut, die sich augenblicklich zusammenzieht.

"Wahrscheinlich schon", murmle ich in den Stoff seines T-Shirts, "aber hast du dir damals auch gewünscht, dass du lieber keine Hände hättest?" Laut lachend bringt Shawn einige Zentimeter Abstand zwischen uns. "Du bist verrückt", lässt er amüsiert verlauten, während er meine Hände zu Fäusten formt und mit seinen langen Fingern umschließt.

"Wie willst du ohne deine Hände durch meine Haare fahren oder dich an meinen Pullovern festkrallen?", zwinkert mir der Junge frech zu, bevor er seine Lippen auf meine Fingerknöchel drückt. Breit grinsend beobachte ich ihn dabei. "Vielleicht tue ich das gar nicht so gerne", recke ich mein Kinn in die Höhe.

"Ich weiß, dass du das liebst", senkt Shawn seinen Kopf. Meine Lippen befeuchtend komme ich ihm entgegen, damit ich ihm einen langen Kuss geben kann. "Vor dir kann ich auch nichts verheimlichen", beschwere ich mich grinsend, als wir uns wieder lösen. "Tja", ist alles, was mein Freund dazu zu sagen hat.

"Die Zeit rennt, Victoria", räuspert sich der Braunhaarige, nachdem er mich ein paar Minuten einfach nur angesehen hat, "du willst sicher noch duschen. In einer halben Stunde kommt Kristen vorbei. Und für deine Haare wird sie wesentlich länger brauchen, als für meine. Also, spurte dich." Lachend salutiere ich, bevor ich im Badezimmer verschwinde.

Tief durchatmend halte ich meine frisch geschnittenen Haare etwas in die Höhe, sodass Shawn den Reißverschluss meines Kleides einfacher schließen kann. Nachdem er den kleinen Knopf, der den Schieber des Reißverschlusses verdecken soll, geschlossen hat, drückt mir der Junge einen kurzen Kuss auf meinen Nacken. "Danke", wende ich mich lächelnd zu meinem Freund, bevor ich mich weiterdrehe, um in den Spiegel zu gucken.

"Kaum zu glauben, dass ich Ava tagelang durch Toronto gescheucht habe, damit ich endlich ein passendes Kleid finde. Jetzt werde ich es gerade mal einen Abend lang tragen, bevor es in meinem Schrank verrottet", schüttle ich meinen Kopf. "So läuft das Geschäft", schlingt Shawn von hinten lächelnd seine Arme um meine Hüfte, "du siehst fabelhaft aus!"

Mit roten Wangen blicke ich meinem Freund mithilfe des Spiegels in die Augen. Doch dann gleitet mein Blick wieder über mein Kleid. Während es oben dunkellila ist, wird es zum Boden hin immer heller. Außerdem wird der Saum von kleinen silbernen Steinchen geziert. Es ist gerade so lang, dass der Stoff genau auf dem Boden aufkommt, wenn ich in meine silbernen Ballerinas schlüpfe. Ich habe mich strikt geweigert, den ganzen Abend in hohen Schuhen rumzulaufen.  

Plötzlich muss ich laut anfangen zu lachen. "Was ist los?", zieht der Braunhaarige amüsiert seine Augenbraue nach oben. Konzentriert richtet er seine graue Krawatte, die mit einem lila Muster bestickt ist. "Ich musste nur gerade an diese Geschichten, die man im Internet lesen kann, denken", erkläre ich immer noch lachend.

"Da findet die Protagonistin immer eine Schachtel auf ihrem Bett, die von ihrem Freund dort platziert wurde. Sie öffnet diese und findet ein wunderschönes Kleid, das ein Vermögen gekostet hat, zwischen dem Seidenpapier. Und Überraschung: Es passt wie angegossen, wenn sie es sich überstreift", zupfe ich an dem Stoff meines Kleides herum. "Ich habe mir regelrecht die Füße platt gelaufen, um dieses Exemplar zu finden", reiße ich meine Hände in die Luft.

"Also hätte ich dir auch einen kleinen Karton auf dein Bett legen sollen?", schmunzelt Shawn, während er sich seine graue Anzugsjacke von Armani überstreift. "Sicherlich nicht", lache ich, "du weißt nicht einmal was ich für eine Größe trage." Rasch zieht mich der Junge an meiner Hüfte wieder an sich. "Sechsunddreißig", blickt er mir geradewegs in meine Augen.

"Das ist wirklich süß von dir", drücke ich ihm schmunzelnd einen kurzen Kuss auf die Wange, "aber du hättest mir zum Beispiel das Kleid schon eine Größe zu klein gekauft." Grinsend verdreht Shawn seine Augen. "Ich hätte dich schon irgendwie in das zu kleine Kleid hinein bekommen", verschwindet er lachend im Bad.

Irritiert blicke ich dem Braunhaarigen hinterher. Dann betrachte ich mich erneut kopfschüttelnd im Spiegel. Es ist ungewohnt, so schick gekleidet zu sein. Ich löse mein Blick erst von den kleinen Glitzersteinchen, als mein Freund das Startzeichen zum Aufbruch gibt.

Mit zitternden Fingern fahre ich mit dem Lippenstift, der die gleiche Farbe wie mein Kleid hat, über meinen Mund. Das stellt natürlich eine gewisse Schwierigkeit dar. Doch schlussendlich bekomme ich eine saubere Linie zustande. "Bereit?", streckt mir der Sänger seine Hand entgegen. "Ja", stoße ich in einem unregelmäßigen Atemzug aus.

Daraufhin verschränkt Shawn unsere Hände miteinander und öffnet die Autotür. Möglichst elegant steige ich aus dem schwarzen Mercedes, den ich mir selbst nach zwanzig Jahren Arbeit nicht leisten könnte. Als ich meinen Blick geradeaus richte, sehe ich direkt in ein Blitzlichtgewitter.

Überrascht reiße ich meine Augen auf. Natürlich hatte mir mein Freund zuvor haargenau geschildert, wie der Abend ablaufen wird. Doch wenn man plötzlich mitten im Geschehen steht, ist man doch mehr als unvorbereitet. "Du schaffst das", flüstert mir der Braunhaarige in mein Ohr. Zuerst schließe ich meine Augen für einige Sekunden. Doch dann nicke ich überzeugt. Ich werde das schaffen.

Während ich mich regelrecht an Shawn klammere, laufen wir gemeinsam über den Roten Teppich in das 'Bilbao Exhibition Center'. Vorbei an den zahlreichen Fotografen und Reportern. Vorbei an den bunten Werbetafeln. Und vorbei an der riesigen Leuchtschrift, die darauf hinweist, dass man nun an den 'MTV Europe Music Awards' teilnimmt.

#####

Tja, scheinbar werden wohl die MTV EMAs dieses Jahr in Barakaldo ausgetragen😉

Im nächsten Kapitel wird es dann hoffentlich spannend😂

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt