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Einen quietschenden Laut von mir gebend springe ich Shawn in die Arme. "Willkommen zurück", flüstere ich glücklich in sein Ohr. Der Braunhaarige drückt mich fest an sich und dreht sich einmal im Kreis.

Leicht lehne ich mich zurück, sodass ich Shawn von oben herab betrachten kann. Ich versuche, möglichst alle Eindrücke auf einmal aufzunehmen. Lächelnd bemerke ich, dass er sich in den letzten Tagen nicht rasiert hat.

Sanft streiche ich über sein Kinn und spüre die leichten Bartstoppeln an meinen Fingerkuppen. Mir kommt es fast so vor, als würde ich Shawn heute zum ersten Mal sehen.

Obwohl seine Haare unordentlich zu allen Seiten abstehen und ihm teilweise in die Stirn fallen, sehen sie perfekt aus. Seine Augen bewegen sich unruhig hin und her, während er mir entgegen blickt.

"Kann es sein, dass du in den letzten Wochen noch hübscher geworden bist?", setzt mich Shawn wieder auf den Boden ab. Natürlich erhitzen sich meine Wangen sofort. "Du bist so ein Schleimer", schmunzel ich leicht.

"Nein, Victoria. Ich meine das ernst. Ich sehe dich an und mir wird bewusst, dass ich dich noch viel zu wenig vermisst habe. Obwohl ich vor Sehnsucht fast verrückt geworden bin." Ernst schüttelt Shawn seinen Kopf.

Gerührt ziehe ich ihn zu mir hinunter. Dann küsse ich ihn mit so viel Gefühl wie möglich. Der Junge vor mir ist einfach unglaublich. Und ausgerechnet ich darf ihn als meinen Freund betiteln.

Außer Atem lehnt Shawn seine Stirn an Meine. Nachdem ich meine Augen wieder geöffnet habe, fahre ich langsam mit meinem Daumen über seine Unterlippe. Genauso wie meine ist sie angeschwollen.

Etwas ungeduldig - so scheint es mir - entfernt der Braunhaarige meine Hand aus seinem Gesicht. Während er meine Finger mit seinen verschränkt, presst er seine Lippen bereits wieder gegen Meine.

Als wir in meinem Zimmer stehen, zieht der Junge neben mir seine blaue Strickjacke aus. Sofort hebe ich diese wieder auf, nachdem Shawn sie achtlos in Richtung meines Schreibtisches geworfen hat. Breit grinsend ziehe ich sie über meinem Oberteil an.

"Steht dir beinahe besser als mir", zwinkert mir Shawn zu. Dann lässt er sich erschöpft auf meinen Sitzsack fallen. Jetzt, wo das Tageslicht auf ihn fällt, kommen tiefe Augenringe zum Vorschein. Mit offenem Mund betrachte ich die Linien in rot und lila, die sich unter seinen Augen abzeichnen.

"Möchtest du nicht lieber nach Hause gehen und dich ausschlafen", setze ich mich neben ihn. "Nein", lächelt der Braunhaarige, "ich bin fit genug. Außerdem möchte ich so viel Zeit wie möglich mit meiner Freundin verbringen."

"Dir ist schon klar, dass du im Augenblick ein bisschen wie eine wandelnde Leiche aussiehst?", grinse ich breit. "Vielen Dank für dieses Kompliment", verdreht Shawn lachend seine Augen, "dir fällt nichts Netteres ein, nachdem du mich fünf Wochen nicht gesehen hast?"

"Oh, da fällt mir so einiges ein", schmunzel ich, während ich mich über seinen Oberkörper beuge. "Und was?", möchte Shawn sofort wissen. "Beispielsweise, dass du unfassbar heiß mit deinen Bartstoppeln aussiehst", flüster ich in sein Ohr, "oder, dass dein weißes T-Shirt deine Muskeln perfekt umspielt."

Verlegen beiße ich auf die Unterlippe, als mir bewusst wird, was ich hier gerade tue. Während Shawn schluckt, tritt sein Kehlkopf hervor. "Muss ich öfter auf Tour gehen, damit ich so etwas aus deinem Mund höre?", räuspert sich der Junge unter mir.

Leise lachend kuschel ich mich an meinen Freund, ohne auf seine Frage einzugehen. "Hast du für heute noch etwas geplant?", frage ich nach einiger Zeit, in der wir einfach still nebeneinander saßen.

"In der Tat", nickt Shawn, "ich möchte, dass du heute Abend mit meiner Familie und mir zu Abend isst." Geschockt reiße ich meine Augen weit auf. "Hey, meine Eltern sind keine Ungeheuer", lacht mein Freund laut. "Das wollte ich mit meiner Mimik auch nicht ausdrücken", schüttel ich grinsend meinen Kopf.

"Warum ausgerechnet heute?", überlege ich laut, "jetzt habe ich gar keine Möglichkeit mehr, mich mental auf diesen Abend vorzubereiten." Sanft fährt Shawn mit seinem Daumen über meine Wange und streicht zum Schluss eine lose Haarsträhne hinter mein Ohr. "Ich möchte gerne meinen ersten Abend in Kanada mit den Leuten, die mir am nächsten stehen, verbringen. Natürlich liegt es auf der Hand, dass es zum einen Aaliyah und meine Eltern sind, aber dich will ich auch dabei haben."

Während sich meine Wangen langsam erwärmen, lächel ich glücklich vor mich hin. Dankbar, dass ich bereits ein fester Teil seines Lebens bin, drücke ich ihm einen leichten Kuss auf seine Wange.

Dann springe ich, wie von einer Tarantel gestochen, von dem roten Sitzsack auf. "Und was genau soll ich heute Abend anziehen?", fährt mir plötzlich der Gedanke durch den Kopf.

"Geh doch einfach so", schlägt Shawn Schulterzuckend vor. "In meiner Jogginghose?", drehe ich mich mit hochgezogen Augenbrauen zu ihm zurück. "Ja, es sind nur meine Eltern", gähnt der Junge ausgiebig.

"Nur", lache ich etwas hysterisch, "Shawn, es sind deine Eltern!" Als würde er meinen Standpunkt nicht wirklich verstehen, blinzelt er mir verwirrt entgegen. "Ich lerne deine Eltern richtig kennen. Wir werden nicht nur fünf Minuten in diesem Haus bleiben und nach einem beiläufigen 'Hallo' wieder gehen. Ich werde an ihrem Esstisch sitzen und mich mit ihnen unterhalten müssen."

Währenddessen wühle ich wild in meinem Kleiderschrank umher. Was zieht man an, wenn man die Eltern seines Freundes kennenlernt? Schlussendlich krame ich einen weinroten Knielangen Rock und eine weiße Bluse hervor. Aus der untersten Schublade ziehe ich noch eine Nylonstrumpfhose und frische Unterwäsche heraus.

"Ich werde jetzt meine Haare waschen, mich umziehen und bis dahin hoffentlich nicht hyperventilieren", murmel ich mehr vor mich selber hin, als das es für Shawns Ohren bestimmt ist. "Ich bin mir sicher, dass du das hin bekommst", schmunzelt der Braunhaarige.

Nachdem ich meine Haare trocken geföhnt habe, stecke ich die Bluse in den Bund des Rocks hinein. Schnell tusche ich noch meine Wimpern und versuche den Pickel, der mir seit gestern Abend rot entgegen leuchtet, abzudecken. In solchen Momenten hasse ich mein Gesicht einfach.

"Fertig!", trete ich zufrieden in mein Zimmer. Doch als ich sehe, dass Shawn seine Augen geschlossen hat und ruhig ein- und ausatmet, verstumme ich sofort. Auf meinem Schreibtischstuhl sitzend betrachte ich den Jungen, wie er friedlich schläft.

Zwar hat mir Shawn eben keine Uhrzeit genannt und somit weiß ich nicht, wann wir bei seinen Eltern sein müssen. Aber sicher können sie noch zwanzig Minuten, die ich ihm zum Weiterschlafen gebe, warten.

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Maaan, ich hasse euch!😂 Ich hasse euch, weil ich mich dafür hassen muss, dass ich nie das durchziehe, was ich mir vornehme. Wie zum Beispiel erst am Freitag und nicht bereits mittwochs ein neues Kapitel hochzuladen...Aber ich hasse euch mit ganz viel Liebe❤😂

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt