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Unsicher fahre ich mir durch meine Haare. Einzelne Strähnen fallen mir immer wieder zurück in mein Gesicht. Im Moment weiß ich nicht wirklich, was ich machen soll.

Da gäbe es die Möglichkeit, weiterhin wie angewurzelt mitten im Gang stehen zu bleiben, die nächste Stunde einfach in einer Klokabine zu verbringen oder einen Weg in den Backstagebereich zu finden.

Schließlich hängt um meinem Hals eine weiße Plastikkarte, auf der das Konterfei von Shawn abgebildet ist. In einem roten Schriftzug weisen einzelne Buchstaben darauf hin, dass ich zu allen Bereichen der Arena freien Zugang habe.

Unschlüssig drehe ich mich einmal im Kreis. Als Shawn vorhin erwähnt hat, dass hier Hektik herrschen würde, habe ich nicht damit gerechnet, dass wir im Barclays Center ankommen und mir mein Freund sofort für den anstehenden Soundcheck regelrecht aus den Fingern gerissen wird.

"Du musst Victoria sein", nähert sich mir eine Frau, die fröhlich winkt. "Ehm, ja", räuspere ich mich verwirrt. "Ich bin Kristan. Shawn hat mich gebeten, dir seinen Aufenthaltsraum zu zeigen. Dann kannst du es dir dort gemütlich machen und musst dir hier nicht die Beine in den Bauch stehen", zwinkert sie mir freundlich zu.

Etwas überfordert mit der Situation nicke ich lediglich. "Keine Angst, ich beiße nicht", läuft Kristan vorweg. Zahlreiche Schilder kleben an den Wänden und weisen einem die richtige Richtung. Ein leises Lachen entflieht mir, als ich auf einem weißen Schild 'Fitnessraum' in roter Schrift lese.

"Für ein einziges Konzert wird so ein großer Aufwand betrieben?", frage ich überrascht. "Was meinst du, was los wäre, wenn hier keine Wegweiser hängen würden. Shawns Fans würden ewig warten müssen, bis er und seine Band den Weg auf die Bühne gefunden haben", lacht die Frau neben mir.

Ich versuche, die Orientierung nicht vollkommen zu verlieren. Doch nachdem wir zum sechsten Mal um eine Ecke gebogen sind, weiß ich nicht mehr wirklich wo wir sind. "Fühl dich wie zu Hause", öffnet Kristan schlussendlich eine Tür am Ende des Flurs.

"Shawn müsste in etwa einer Stunde fertig sein. Dann kommt er zu dir", lächelt sie mir zu, bevor die ominöse Frau wieder verschwindet. Ihre Schritte hallen noch einige Sekunden nach. Dann ist es um mich herum still.

Ratlos schlendere ich durch das Zimmer, welches komplett mit Teppichboden ausgelegt ist. Meine Finger gleiten über einige Hemden, die an einem Kleiderständer hängen. Eins davon wird Shawn sicherlich heute Abend anziehen.

Danach lasse ich mich auf das große Sofa, das in der Mitte des Raumes steht, fallen. "La-la-langweilig", singe ich laut vor mich hin. Doch dass von nirgendwo ein Kommentar zurück kommt, macht die Situation noch komischer.

"Victoria, hey", begrüßt mich Geoff überrascht, als ich endlich den Raum, in dem das Catering aufgebaut ist, betrete. Ich weiß zwar nicht wie, aber nach einiger Zeit habe ich den Raum dann doch gefunden.

"Ich wusste gar nicht, dass du heute Abend hier bist", reicht mir der Braunhaarige lächelnd die Hand. "Naja, zur Zeit besuche ich meinen Bruder hier in Brooklyn und Shawn hat mich bei ihm zuhause überrascht", zucke ich grinsend mit meinen Schultern.

"Bedien dich ruhig", bietet mir Geoff an, als mein Blick über das ganze Essen gleitet. Unglaublich wie viel auf dem Tisch steht. Aber die Crew scheint riesig zu sein, da mir bereits mindestens dreißig  verschiedene Personen auf den Fluren entgegen gekommen sind.

Kauend lehne ich mich gegen die Tür von Shawns Aufenthaltsraum, um sie aufzustoßen. Gerade will ich ein weiteres Stück von dem Schokomuffin abbeißen, als ich einen halben Herzinfarkt erleide. "Was genau wird das, Victoria?", sieht mich Shawn aus zusammen gekniffenden Augen an.

"Ich..äh..was?", versuche ich ein Husten zu unterdrücken. Meine freie Hand lege ich auf mein rasendes Herz. "Du kannst nicht einfach ein Muffin essen, ohne deinem Freund einen mitzubringen", grinst er schließlich.

"Oh Gott, Shawn. Du hast mir einen riesen Schrecken eingejagt. Ich dachte, ich hätte irgendetwas Falsches getan", laufe ich erleichtert auf ihn zu. "Hast du auch", zieht mich der Braunhaarige lachend auf seinen Schoß.

Während er mir einen Kuss auf meine Nasenspitze drückt, versucht Shawn mir den Muffin aus der Hand zu klauen. Lachend halte ich das Gebäck aus Schokolade in die Höhe, sodass der Junge nicht mehr daran kommt.

"Gegen einen Kuss?", bietet mir Shawn einen Tauschhandel an. "Okay", grinse ich breit. Nachdem er seine großen Hände an meine Wangen gelegt hat, drückt er seine Lippen auf meine. Leise seufzend vertiefe ich den Kuss.

"Bereit einige Zentimeter deiner Haare zu verlieren?", unterbricht uns die Stimme von Kristan. Erschrocken fahre ich zusammen. Als die Frau mit einem Kosmetikkoffer in den Raum kommt, springe ich von Shawns Schoß auf.

"Keine Sorge", winkt sie schmunzelnd ab, "ich kann Geheimnisse wunderbar für mich behalten." Also setze ich mich wieder auf das Sofa. Doch Shawn steht kurz darauf auf, um sich auf den Stuhl, der vor einem Spiegel steht, zu setzen.

Interessiert höre ich dem Gespräch der Beiden zu und beobachte, wie Kristan mit flinken Fingern die braunen Locken um einige Zentimeter kürzt. Anschließend schießen die Zwei noch Selfies, die sie auf Instagram hochladen. Scheinbar eine Art Tradition nach jedem Haarschnitt.

"Ich wünsche euch Zwei ganz viel Glück", flüstert mir Kristan ins Ohr, als sie mich überraschend zum Abschied umarmt, "du wirst das alles großartig meistern." Sprachlos lächel ich sie einfach nur an. Das habe ich von einer mir fremden Person überhaupt nicht erwartet.

"Es wird Zeit", reicht mir Shawn seine Hand. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg durch die endlosen Gänge. Als wir an dem Schild, auf dem der Fitnessraum ausgeschildert ist, vorbeikommen, fällt mir etwas ein.

"Heute muss der Boxsack gar nicht herhalten?", frage ich deshalb. Shawn sieht mich erst verdutzt an und bleibt dann stehen. Beinahe laufe ich in ihn hinein. "Glaub nicht, dass ich nicht aufgeregt bin, nur weil ich heute nicht auf einen Sandsack eingeschlagen habe", fährt er sich durch seine frisch gestylten Haare.

"Du bist aber auch nicht zwanzig Mal auf Klo gerannt", schmunzel ich leicht, "und mit Aaliyah hast du auch nicht telefoniert." Nachdem sich Shawn ungesehen hat, zieht er mich plötzlich an meiner Hüfte ganz nah an sich.

"Dir ist nicht in den Sinn gekommen, dass das alles an dir liegt?", fragt er leise. "Tut mir leid", entschuldige ich mich automatisch. "Was?" Irritiert blickt mich der Braunhaarige an.

"Tut mir leid", wiederhole ich daher, "ich wollte dich nicht daran hindern, dich optimal auf dein Konzert vorzubereiten." Lächelnd schüttelt Shawn seinen Kopf. "Warum formt sich dort oben manchmal so viel Unsinn?", tippt er mir leicht gegen meine Stirn.

"Du bist der Grund, warum ich nicht halb am ausflippen bin. Du bist der Grund, warum ich keine Ablenkung, wie meinen Boxsack, brauche. Nachdem ich meinen Tag mit dir verbracht habe, erscheint der anstehenden Auftritt viel einfacher. Ich sehe in dein Gesicht und das Leben kommt mir plötzlich so unheimlich leicht vor."

Perplex sehe ich meinen Freund an. Ohne es kontrollieren zu können, fällt mein Kinn nach unten, sodass ich mit offenem Mund darstehe. "Du überrascht mich immer wieder, Shawn Peter Raul Mendes", flüstere ich, bevor ich ihn in eine innige Umarmung ziehe.

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Orangene Kleidung steht Shawn unfassbar gut! Ja oder ja? 😍😎😂

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt