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Dezember 2019

Obwohl ich schon ziemlich laut atme, tut Paula dies in einer doppelten Lautstärke. Da ich ihre linke Hand immer noch festhalte, spüre ich deutlich, wie ihre Finger zittern. "Er ist im Wohnzimmer", erkläre ich dem Mädchen mit gedämpfter Stimme.

Wieso ich im Moment flüstere, weiß ich selbst nicht so genau. "Kann ich einfach reingehen?", sieht mich die Blondhaarige fragend an. Lachend löse ich mich von ihr. "Es ist immer noch meine Wohnung. Da können wir in den Zimmern herumspazieren, wie wir lustig sind", lehne ich mich gegen die weiße Tür, in deren Mitte ein Milchglas eingelassen ist.

"Shawn, das ist Paula", rufe ich schon regelrecht durch den Raum. Dabei ist er wirklich klein und relativ übersichtlich eingerichtet. "Ich bin nicht taub", schüttelt der Braunhaarige amüsiert seinen Kopf. Dann überbrückt er die wenigen Meter, die ihn von dem weiblichen Nervenbündel trennen. "Schön dich kennenzulernen", zieht mein Freund Paula in eine Umarmung.

Mit schief gelegten Kopf betrachte ich die Zwei. Immer wieder stelle ich fest, dass Shawn seine Fans in einer anderen Art und Weise umarmt. Es ist zwar nicht unbedingt distanziert. Aber seine Freunde lässt er definitiv näher an sich heran. Doch daran ist auch überhaupt nichts falsch. Denn - ohne großartig eifersüchtig zu klingen - er hat sowieso so schon eine sehr innige Bindung zu seiner Fangemeinschaft.

"Ich kann nicht glauben, dass ich dir tatsächlich gegenüber stehe", murmelt die Blondhaarige, während sie ihre Augen weit aufreißt. Ihre Brust hebt und senkt sich in einem rasenden Tempo, während sie nervös an den Spitzen ihrer Haare herumspielt. "Du spielst Gitarre, nicht wahr?", kräuselt Shawn seine Stirn.

Etwas verwirrt nickt Paula. "Ja, vor zwei Jahren habe ich angefangen, mir das Spielen selber beizubringen", kaut sie nervös auf ihrer Unterlippe herum. Daraufhin muss ich schmunzeln. Denn ich weiß genau, dass einer der Gründe, weshalb sie mit dem Gitarre spielen angefangen hat, Shawn gewesen ist. 

"Dann habe ich etwas für dich", greift der Sänger in seine Hosentasche, "es ist nicht viel. Aber du kannst es auf jeden Fall gut gebrauchen." Lächelnd legt er dem Mädchen einen kleinen Gegenstand in die Handinnenfläche. Keine Sekunde später fängt Paula laut an zu schreien. Da es einen Tick zu laut war, schlägt sie beschämt ihre andere Hand über ihren Mund.

"Und ich darf das wirklich behalten?", presst das Mädchen fassungslos hervor. "Darfst du", zwinkert Shawn ihr zu. "Wenn ihr mich sucht, ich bin in der Küche. Man sieht sich sicher im Laufe des Abends noch einmal", legt der Braunhaarige ganz kurz seine Hand auf die Schulter der Blondhaarigen, bevor er das Zimmer verlässt.

Grinsend stelle ich mich vor Paula, die immer noch auf ihre Hand hinunterblickt. "Er hat mir ein Plektrum von seiner letzten Tour geschenkt", stottert sie in wirklich unregelmäßigen Abständen. Fasziniert dreht sie das kleine weiße Plättchen zwischen ihren Fingern. Auf der einen Seite ist in rot das 'Maple Leaf' abgebildet, während auf der anderen Seite die Signatur von Shawn zu sehen ist.

"Ob du dich darüber freust, brauche ich wohl kaum zu fragen", lache ich leise, bevor ich sie von der Seite aus fürsorglich an mich drücke. Mir kommt es so vor, als würden ihre Beine jede Minute nachgeben und sie dadurch vor mir auf den Boden fallen könnte. "Kann ich das Plektrum diesen Abend in deinem Zimmer deponieren?", wendet Paula ihren Blick zu mir, "ich möchte es ungerne später in einem Club verlieren, wenn ich es in meine Jackentasche stecke."

"Natürlich", nicke ich schmunzelnd, "lass es uns in Sicherheit bringen." Nachdem ich auf den Flur getreten bin, spüre ich, dass sich die Blondhaarige an meinem Handgelenk festkrallt. Dann erwische ich sie dabei, wie sie verstohlen einen Blick in die Küche wirft. "Ich weiß nicht, ob ich diesen Abend überleben werde", lacht sie mit einem leichten Zittern in ihrer Stimme. "Das hoffe ich doch", zwinkere ich ihr grinsend zu.

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt