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Freudig trete ich aus der Umkleidekabine heraus und blicke mich im Fitnessstudio um. Erstaunt stelle ich fest, dass ein reger Betrieb herrscht. Scheinbar hat sich in den vielen Wochen, in denen ich nicht hier war, einiges getan. Schnell überprüfe ich, welche bekannten Gesichter sich in der Menschenmenge befinden.

"Gibt es heute irgendetwas umsonst?", frage ich laut in die Runde, während ich anfange, breit zu grinsen. Die Meisten sehen mich mit einer verwirrten Miene an. Andere beachten mich erst gar nicht, da sie viel zu vertieft in ihre Übungen sind. "Kaum zu glauben, dass du wirklich hier stehst", dreht sich Mason lachend zu mir um, bevor er mich überrascht mustert.

"Tja", zucke ich lächelnd mit meinen Schultern, "als ich heute morgen auf der Waage stand und diese mir ein Gewicht von 67,3 kg angezeigt hat, dachte ich, dass die zwei überflüssigen Kilos mal langsam wieder runter müssen." Mit seinem Zeigefinger wischt sich Mason eine imaginäre Träne von der Wange. "Dein Tatendrang gefällt mir", entblößt er seine weißen Zähne, "und wirklich erstaunlich, dass du dich so gut gehalten hast."

Spottend ziehe ich meine Augenbrauen in die Höhe. "Na, vielen Dank auch", lache ich leicht. "Ich meine nur", hebt mein Trainer abwehrend die Hände, "wenn ich wochenlang kein Sport machen und nur ungesundes Zeug in mich hineinstopfen würde, würde ich um einiges mehr zu nehmen."

"Wer sagt, dass ich nur ungesundes Essen zu mir genommen habe?", versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen. "Ich kenne dich, Vic", lacht der Junge, "aber jetzt lass mich dich erst einmal richtig willkommen heißen." Seine Arme ausbreitend tritt Mason auf mich zu und zieht mich in eine feste Umarmung. "Schön, dass du wieder hier bist", gesteht er mir.

"Das finde ich auch", grinse ich. "Oh, und noch einmal alles Gute nachträglich", kommt mir in den Sinn. Letzte Woche ist Mason tatsächlich schon vierundzwanzig Jahre alt geworden. "Danke", löst sich mein Trainer lächelnd von mir.

"Du hast jetzt Semesterferien, richtig? Wirst du in dieser Zeit wieder regelmäßig kommen?", erkundigt er sich ein paar Sekunden später. "Ja, ich hoffe doch, dass ich das hinbekomme", nicke ich zuversichtlich. "Okay gut. Dann habe ich bereits den perfekten Trainingsplan für dich in meinem Kopf", zwinkert Mason mir zu.

Stöhnend sehe ich ihn an. Gerade will ich mich beschweren, dass er mich nicht allzu hart rannehmen soll, als ich von einem Kreischen unterbrochen werde. "Vicky!", springt das rothaarige Mädchen vollkommen übergeschnappt auf mich zu. "Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich freue, dass du dich auch mal wieder blicken lässt", quietscht sie.

"Ich denke, ich kann es mir in etwa vorstellen", schließe ich sie schmunzelnd in meine Arme. Lachend strauchel ich einige Schritte nach hinten, als sich Katherine plötzlich wie ein Koalabär an mich klammert. "Am besten lasse ich dich einfach gar nicht mehr los. Dann hast du keine andere Wahl, als immer mit mir zu trainieren", überlegt meine Trainingspartnerin laut.

"Mädels, so sehr ich auch herzzerreißende Wiedersehen schätze. Jetzt muss endlich trainiert werden", unterbricht uns Mason amüsiert. Kichernd lösen wir uns voneinander und machen uns auf den Weg zu den Langhantelstangen, um diese mit einem passenden Gewicht zu präparieren. 

Als der Braunhaarige Katherine im Vorbeigehen einen leichten Schlag auf ihren Hintern gibt, glaube ich, nicht richtig zu sehen. Mit weit aufgerissenen Augen stelle ich fest, dass sich hier so einiges verändert hat. Da bin ich mir sicher. Nach dem Training würde ich aus meiner Freundin auf jeden Fall alle nötigen Informationen herausquetschen.

"Du weißt, dass du mindestens fünf Kilo mehr stemmen kannst, oder?", sieht mich mein Trainer belustigt an. "Kann ich nicht", widerspreche ich, während ich überall hingucke, außer in seine Augen. Ich mag es nicht, dass ich immer mit schwereren Hantelscheiben als Katherine trainieren soll. "Auf geht es, Vic. Der nächste Satz ruft", klatscht Mason in die Hände, nachdem er mir zwinkernd fünf Kilo mehr auf die Stange geschoben hat. Genervt schüttel ich meinen Kopf, beginne aber dann trotzdem mit der Übung.

"Okay, Kat. Raus mit der Sprache", schließe ich nach dem Training die Tür der Umkleidekabine hinter uns, "wieso um alles in der Welt hat dir Mason eben auf den Hintern gehauen?" Sofort schießt dem Mädchen die Röte in ihr Gesicht. "Weil wir möglicherweise zusammen sind?", flüstert Katherine mit hochgezogenen Schultern. "Ihr seid was?", rufe ich, während ich aufgeregt in die Höhe springe.

"Zusammen", wiederholt die Rothaarige etwas lauter. Aus einer Intuition heraus fange ich einfach an zu kreischen. "Jackpot!", springe ich auf sie zu, "das ist wirklich fantastisch." Lachend legt Kat ihre Arme auf meinen Rücken, als ich sie bereits vor Freude halb zerquetsche. "Danke, Vicky", murmelt sie mir in mein Ohr, "ich weiß, dass du damals mit Mason geredet hast. Auch, wenn er danach immer noch ewig lange gebraucht hat, um mich zu fragen, ob ich doch seine Freundin sein möchte." Grinsend löse ich mich von meiner Trainingspartnerin. "Gerne", nicke ich ihr aufrichtig zu.

"Scheiße, ist das Wasser kalt", fluche ich, als ich den Wasserhahn der Dusche aufdrehe. Katherine lacht mich einfach gnadenlos aus, während sie sich außerhalb meines Sichtfeldes umzieht. "Seit wann gehst du hier überhaupt duschen? Du verabscheust öffentliche Duschen", wundert sich das Mädchen. "Tja", ziehe ich das 'a' lang, "heute muss ich dadurch, da ich noch verabredet bin." So schnell wie möglich, schalte ich das Wasser wieder aus. "So, du bist noch verabredet", lacht Katherine. Ich brauche sie gar nicht zu sehen, um zu wissen, dass sie breit grinst.

Während ich meine nassen Haare aus dem unordentlichen Dutt löse, trete ich aus dem Gebäude, in dem sich das Fitnessstudio befindet. Meine Blick schweift über die einzelnen Autos, bis er auf der gegenüberliegenden Straßenseite an einem schwarzen Jeep hängen bleibt. Grinsend beeile ich mich, die Straße zu überqueren, ohne überfahren zu werden.

Ein wenig fühle ich mich so, als würde ich etwas Verbotenes tun. Mich zu allen Seiten umblickend lege ich meine Finger um den Türgriff und klettere auf den Beifahrersitz. So schnell, wie ich kann, schließe ich die Autotür wieder. Dabei klemme ich mir beinahe noch meinen Fuß ein.

"Du solltest keine Geheimagentin werden", lacht Shawn rau. "Habe ich auch nicht vor", gebe ich patzig zurück, bevor ich anfange zu lachen. Doch ich höre sofort auf, als mein Blick auf ihn fällt. Lässig lehnt der Braunhaarige mit seinem Kopf an der Fensterscheibe der Fahrertür. Seine Haare sind frisch geschnitten, jedoch hat er seine kleine Locken behalten. Auf Shawns Nase sitzt eine dunkle Sonnenbrille, die im Kontrast zu seinem weißen T-Shirt steht. Diese ganzen Eindrücke rauben mir tatsächlich den Atem.

"Hier ich habe dir die Sonnenbrille, die du die ganze Zeit haben wolltest, gekauft", streckt mir Shawn eine Brille mit hellbraunen Gestell entgegen. "Das hast du nicht gemacht", öffne ich erstaunt meinen Mund, "danke, du bist der Beste!" Dann lehne ich mich zu meinem Freund hinüber, um ihm gerade mal eine Sekunde lang meine Lippen auf seine Wange zu drücken.

Schnell setze ich die Brille auf und rutsche etwas tiefer in den Autositz. Ich möchte ungerne riskieren, dass ein Fan von Shawn vorbei gelaufen kommt und mich in seinem Auto sieht. Womöglich dann, während ich ihn ausgiebig küsse. Was ich eigentlich im Augenblick gerne tun würde.

Schmunzelnd startet mein Freund den Motor und parkt vorsichtig aus. "Aaliyah hat mir jetzt schon zehn Mal die Frage, ob wir endlich kommen, gestellt und doppelt so oft betont, das sie Hunger hat", erzählt er mir lachen, während er auf den Highway fährt. "Na hoffentlich lebt sie gleich noch, wenn wir bei deiner Familie auftauchen. Nicht, dass deine Schwester dann schon verhungert ist", grinse ich.

Nur zu gut kann ich mir vorstellen, wie Aaliyah ihre Eltern nervt, dass sie endlich essen will. Doch sie muss sich noch ein paar Minuten gedulden. Da Shawn heute den letzten Tag in Kanada ist, bevor er zur nächsten Etappe seiner Welttour aufbricht, hat die Familie Mendes darauf bestanden, dass wir Zwei zu einem Mittagessen vorbei kommen. Natürlich habe ich dagegen nichts einzuwenden. Das wird sicher wieder lustig.

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"What if I was made for you and you were made for me? What if this is it; what if it's meant to be?"

Tadaaa, ist das nicht das perfekte Lied zu meinem Buchtitel, hehe?

Meant To Be \\ Shawn MendesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt