- Kapitel 71 -

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Der Hohlraum vor mir muss etliche Meter unterhalb der Erdoberfläche liegen. Ich kann keinerlei Schwingungen über mir oder neben mir ausmachen. Das Ende des felsigen Korridors, der sich beinahe endlos streckte, führte mich also in eine Sackgasse? Hier ist absolut nichts vorzufinden außer diesem gigantischen Hohlraum, welcher von rauen Felswänden umgeben ist.
Nein, halt..da ist doch etwas..ganz tief unter mir spüre ich ganz schwach den fließenden Strom eines Flusses. Ein seltsames Duellareal..
Was genau wird mich hier erwarten? Eine körperliche Prüfung? Eine mentale Herausforderung? Beides miteinander kombiniert? Mein Kopf dreht sich, meine Sicht verschwimmt vor meinen Augen. Dieser unglaubliche Druck, der so tief unter der Erde herrscht lastet schwer auf meinen Gliedern. Er lässt mich mich gleich um zwanzig Kilo schwerer fühlen. Auch auf meine inneren Organe wirkt er sich aus. Meine Blutgefäße verengen sich allmählich je länger ich dieser Umgebung ausgesetzt bin. Die angehenden Kopfschmerzen werden von Minute zu Minute stärker.
Ächzend sehe ich mich nach einer Lösung für dieses Problem um. Doch ohne eine Schneise an die Oberfläche kann sich der Druck hier im Inneren nicht auflösen. Ich könnte mithilfe meiner Magie einen Kanal direkt an die Oberfläche erschaffen, doch wer weiß wie weit es bis dorthin ist, ob meine Kraft dafür ausreichen würde?
Während ich mich nur langsam fortbewegen kann und einen Weg suche die Situation zu meinen Gunsten zu drehen, pralle ich plötzlich gegen etwas hartes. Mit einem Mal lande ich zischend auf dem Boden und fasse mir mit verzogener Miene an den Hinterkopf.
„Verdammt..Was um alles in der Welt..", murmle ich genervt und rapple mich allmählich wieder auf. Vorsichtig strecke ich meine Hand in Richtung Finsternis vor mir aus. Seltsam..ich spüre kein Hindernis vor mir. Nichts, was mir im Weg stehen könnte, dennoch berührt meine Handfläche plötzlich etwas hartes. Mit Bedacht taste ich den merkwürdigen Umriss vor mir ab.
„Das ist doch..", flüstere ich überrascht und werde im nächsten Moment von schattenartigen Fingern um Schultern und Hüften gepackt, ehe ich mit enormer Kraft nach hinten geschleudert werde. Hustend stütze ich mich auf meinen Handflächen ab und hieve meinen Körper so schnell es geht wieder nach oben.
„Ein Mensch?..", beende ich meine zuvor begonnene Frage. Dunkle, violett leuchtende Augen starren mir aus der Finsternis entgegen, ehe sie sich in Luft auflösen.
„Nein, ein Magier..", murmle ich und nehme meine Kampfhaltung ein. Ich bin also tatsächlich nicht allein hier unten, doch wie kann es sein, dass ich keine weitere Präsenz wahrnehmen kann?
Egal ob Gegenstand oder Lebewesen, ich kann selbst in absoluter Dunkelheit immer noch die Schwingungen um mich herum sehen, doch hier ist irgendetwas anders.
Hier kann ich das nicht.
Um mir darüber weiter den Kopf zu zerbrechen bleibt mir allerdings keine Zeit, denn bereits im nächsten Moment trifft mich ein Faustschlag mit voller Wucht, gefolgt von noch einem. Mit schmerzverzehrtem Gesicht schnappe ich nach Luft und krümme meinen Körper nach vorn. Daraufhin folgt ein Tritt gegen meine Wirbelsäule. Ächzend falle ich nach vorn und ringe nach Luft. Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn und rinnen mir seitlich entlang der Wangenknochen hinab. Mein Gegner ist schnell, wahnsinnig schnell, und das trotz des enormen Drucks hier unten. Zusätzlich dazu ist es stockdunkel. Wie kann er so präzise und zielsicher mit solch einer Geschwindigkeit treffen?
Ich muss den Abstand zu ihm erhöhen.
Ich springe auf und bringe einige Meter Distanz zwischen uns. Die leuchtenden Augen verfolgen mich nicht, sie verharren noch immer an Ort und Stelle. Erneut nehme ich meine Kampfhaltung ein und lasse meinen Gegner nicht aus den Augen. Ich muss mir eine gewinnbringende Taktik einfallen lassen. Die Fakten, die ich bisher habe sagen mir, das mein Angreifer keinerlei Probleme mit der Umgebung und den daraus resultierenden Gegebenheiten zu haben scheint. Er ist schnell, stark und präzise. Außerdem scheint er im Dunkeln sehen zu können. Diese Tatsachen kombiniert ergeben keine guten Aussichten für mich. Ist er ein dunkler Magier? Eine Abwandlung davon?
Mit verächtlichem Grinsen seufze ich während ich spüre, wie die Schläge von eben noch immer an den Stellen wo ich getroffen wurde pulsieren.
„Was ist denn los Ember? Probleme damit meinen Angriffen auszuweichen? Mit meiner Geschwindigkeit mitzuhalten?", ertönt eine mir nur allzu bekannte Stimme aus dem Dunkeln. Schockiert reiße ich meine Augen auf. Diese Stimme..das kann nicht sein..
„Letztendlich bist du doch nichts weiter, als ein blinder Taugenichts. Zu schwach, um der Ehre ein Mitglied des schwarzen Rings zu werden, würdig zu sein", fährt die Stimme mit belustigtem Unterton fort. Wütend beiße ich die Zähne aufeinander und balle meine Hände zu Fäusten. Plötzlich verschwinden die violetten Punkte wieder und erneut treffen mich mehrere Schläge aus dem Hinterhalt.
„Zu nichts zu gebrauchen, nicht mal für einfache Hausarbeiten. Du bist also nicht einmal eines Dieners würdig. Was um Himmels Willen hat dich je denken lassen, dass du hier eine Chance hättest?", flüstert mir die Stimme belustigt ins Ohr, während ich unsanft am Hals gepackt werde. Meine Füße berühren kaum noch den Boden und die ohnehin schon anherrschende Luftknappheit wird immer extremer.
„Wärst du doch lieber zu Hause geblieben, Ember. Du hättest irgendeinen dahergelaufenen Adeligen, der so dumm gewesen wäre dich zu verhalten zum Mann nehmen sollen. Jetzt wirst du als Verlierer zurückkehren. Als Verlierer der Schande über sein Haus gebracht hat", das Lachen hallt im schier endlosen Hohlraum und wird von den Felswänden in jede erdenkliche Richtung verteilt. Ich habe kaum noch Luft um zu einer Antwort anzusetzen. Kein einziges Wort entrinnt meiner zugeschnürten Kehle. „Was? Denkst du etwa wirklich, dass du hier noch als Siegerin hervorgehen kannst? Ich bin gespannt darauf, was dein Lehrmeister dazu sagen wird..dich so jämmerlich versagen zu sehen muss ihn vor Scham in Grund und Boden versinken lassen wollen", knurrt die Stimme dicht vor mir. Ich spüre jedoch keinen Atem auf meiner Haut, keine Wärme, keine Seele.
Hart und mit Wucht werde ich im nächsten Moment gegen eine Felswand geschleudert, ehe ich wie ein nasser Sack zu Boden falle. Nach Luft schnappend fasse ich mir an die Brust. Mein Herz will mir aus der Brust springen, so stark hämmert es gegen meinen Brustkorb.
Es ist ohne jeden Zweifel Alastairs Stimme und auch seine magische Kraft, der ich hier ausgesetzt bin, doch in diesem Moment wird mir eines klar..Das hier vor mir ist nicht wirklich Alastair.
Es ist eine Projektion, wie ich es bereits in der zweiten Etappe erlebt habe, doch diese hier ist um einiges stärker und nicht so leicht in die Irre zu führen. Diese Projektion denkt und handelt wie ein echter Alastair.
Wackelig richte ich mich auf und habe Schwierigkeiten damit mich auf meinen Gegner zu konzentrieren. Meine Sicht verschwimmt immer weiter.
Plötzlich schießt mir das Gespräch zwischen Alastair und mir wieder durch den Kopf, welches wir am Abend zuvor führten. Bevor er zu Unrecht in den Kerker gesperrt wurde.
Wenn du an eine Person denken müsstest, die du am meisten auf der Welt bewunderst, welche wäre es?"
Die Person, die ich am meisten bewundere..Es gibt um ehrlich zu sein nicht viele Menschen, die ich bewundere. Für die Meisten empfinde ich Nichts, Verachtung oder Gleichgültigkeit"
Es muss zumindest eine Person geben"
Es ist nicht schlimm solltest du keine Antwort darauf haben. Ich werde es noch früh genug erfahren"
Die Person, die ich am meisten bewundere? Wieso hat er mir diese Frage gestellt? Wieso ausgerechnet diese?
Mein Gehirn verarbeitet die sich mir erschließenden Zusammenhänge nur langsam, doch letztlich komme ich nur zu einem Schluss.
Das war ein Hinweis.
„Hätte ich doch nur mehr Zeit investiert, um über diese Frage nachzudenken..", seufze ich schief grinsend.

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