- Kapitel 126 -

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Ich beschließe den heutigen Tag zur Recherche zu nutzen. Ich habe nach dem Frühstück zufällig ein Gespräch zwischen zwei Dienstmädchen mitangehört. Sie unterhielten sich über Elianas Gewand, welches sie für einen Ausflug in die Stadt tragen würde. Besser hätte es für mich nicht laufen können. Wenn Eliana sich in die Stadt bequemen würde, stünde das Arbeitszimmer für ein paar Stunden leer. Das bedeutet, ich habe ein wenig Zeit, um mich durch die Bücher und Akten zu arbeiten. Mit Sicherheit würde ich nicht alle Antworten finden, die mich interessieren, doch ich lege meine Hoffnungen auf kleine Hinweise.
Dementsprechend schlage ich die Zeit tot, bis Eliana endlich das Anwesen verlässt. Sowie ich hörte trifft sie sich seit einigen Monat mit Sir Feriz.
Zugegeben, mit ihm hat sie keine schlechte Wahl getroffen.
Seine Familie verfügt über ein beachtliches Vermögen und Einfluss am Königshof. Auch optisch macht er keine schlechte Figur. Er tut mir fast schon ein wenig leid. Er hätte so viel Besseres haben können, doch mir soll es recht sein. Dank ihm habe ich Zeit um der Antwort meiner Frage näher zu kommen.

Ziellos wandere ich also durch das Gemäuer und komme unbewusst an Tariks altem Gemach vorbei. Mit gesenktem Blick starre ich auf die Türschwelle, ehe ich meinen Weg fortsetze.
Wie es ihm wohl ergeht? Er muss glücklich sein, zurück bei seiner Familie zu sein. Wenn es mir doch nur auch so ergehen würde..wenn ich doch nur auch so gern wieder heimkehren würde, wie er. Auch heute werde ich das Gefühl nicht los, dass die Atmosphäre innerhalb der Mauern angespannt ist. Mutter und Vater behandeln mich wie ein rohes Ei. Sie umsorgen mich beinahe mehr, als früher. Seufzend schüttle ich den Kopf darüber und schlage den Weg in den Garten ein.
Ich habe kein bestimmtes Ziel.
Ich folge meinen Füßen und sehe wohin sie mich tragen.
„Lady Ember? Kann ich ihnen behilflich sein?", erklingt die raue Stimme Rayons, als ich am Speisesaal vorbeilaufe. Gedankenverloren bleibe ich stehen und werfe einen Blick hinein. Das Dienstpersonal ist gerade dabei den Tisch für das Mittagessen zu decken, welches meine Eltern und ich wohl erneut allein verbringen werden. „Rayon, dich habe ich lange nicht mehr zu Gesicht bekommen", entkommt es mir verwundert über seine gestrige Abwesenheit. Der Rothaarige kratzt sich verlegen am Hinterkopf und kommt ein paar Schritte auf mich zu.
„Nun ich hatte gestern meinen freien Tag. Daher habe ich eure Rückkehr verpasst, Milady", erklärt er und lächelt mir freundlich entgegen. „Aber auch ich heiße euch herzlichst willkommen. Es freut mich zu sehen, dass es euch gut zu gehen scheint", fügt er hinzu und verneigt sich vor mir. „Vielen Dank ich bin auch erfreut darüber dich wohlbehalten wiederzusehen", entgegne ich und verneige mich ebenfalls dezent.
„Sagt, hättet ihr später vielleicht ein wenig Zeit für mich, Milady? Ich weiß es schickt sich nicht, um so etwas zu bitten, doch es ist mir sehr wichtig. Ich würde euch gerne etwas fragen", flüstert er, woraufhin ich verwundert die Brauen hebe.
„Sicher doch, gebe mir gern Bescheid sobald du Zeit dafür hast", meine ich und sehe seine Augen leuchten.
„Vielen Dank, Milady!", entkommt es ihm euphorisch, ehe er sich entschuldigt und sich wieder an die Arbeit macht.
Irritiert schlendere ich weiterhin durch das Anwesen und lasse mich schließlich in meinem Zimmer nieder. Ich muss gestehen, dass Rayons Bitte mich doch ein wenig zum Nachdenken bringt.
Was könnte er mich denn fragen wollen?
All die Jahre über haben wir in diesem Anwesen koexistiert. Ab und zu einen Gruß ausgetauscht, doch nichts weiter besonderes miteinander zu tun gehabt. Nun, damit werde ich mich später befassen. Zunächst einmal muss ich das Mittagessen über mich ergehen lassen und anschließend das Arbeitszimmer inspizieren.
„Na, hast du schon Pläne für deinen Aufenthalt hier bei uns? Wir könnten einen Ausflug in die Stadt machen oder wir könnten zusammen ausreiten?", schlägt Mutter während des Essens vor, woraufhin ich sie mit erhobener Braue mustere.
„Nun ich habe nicht vor lange zu bleiben. Ich bin lediglich für einen kurzen Besuch heimgekehrt. Ich bin mir sicher, dass Eliana sehr gern mit dir und Vater in die Stadt gehen würde", meine ich mit ausladender Handbewegung und höre sie seufzen.
„Weißt du..wie soll ich sagen..Eliana..sie ist..nun ja sie ist ja bereits seit längerem im heiratsfähigen Alter und..ich denke es wird nicht mehr lange dauern, bis sie sich verloben wird", druckst sie herum und wirft Vater hilfesuchende Blicke zu.
„Ah, richtig. Sie wird dir davon sicherlich noch berichten. Sie ist in letzter Zeit oft mit Sir Feriz unterwegs. Er hat sie des Öfteren zum Essen ausgeführt und sie bereits zu einigen Familienveranstaltungen eingeladen. Sie ist schließlich die Einzige, die übrig geblieben ist", fügt er hinzu und bekommt im nächsten Moment Mutters Ellenbogen in den Rippen zu spüren. „Was dein Vater damit sagen will ist, dass sie sie Einzige ist, die Momentan bereit für eine Heirat ist", erklärt sie und wird von Vaters stürmischem Nicken unterstützt.
„Nur keine Sorge, es ist kein Geheimnis, dass ich noch nicht heiraten möchte. Ihr müsst das nicht so euphemistisch umschreiben", meine ich und sehe ihnen nüchtern entgegen.
„Sicher doch..das wissen wir..", murmelt Mutter verlegen.
„Wie schlägt sie sich so? Ich meine Eliana", wechsle ich das Thema, was Mutter scheinbar völlig falsch versteht.
„Nun..ich glaube sie macht gute Fortschritte mit Sir Feriz. Bislang scheint sie ihn nicht vergrault zu haben und-", beginnt sie, wird jedoch von mir unterbrochen.
„Ich meinte die Arbeit als Repräsentantin des Hauses", konkretisiere ich und ernte unsicheres Kichern ihrerseits.
„Sie macht sich gut. Erledigt ihre Aufgaben und arbeitet gründlich", wirft Vater ein und nickt dabei unterstreichend.
„Das ist gut", meine ich und lasse mich gegen die Stuhllehne fallen.
Im Quartier ist es bei Weitem nicht so schwierig Konversationen zu führen. Dort fühle ich mich um ehrlich zu sein auch viel wohler, als hier. Es fühlt sich nicht so gezwungen an.
„Wie steht es um General Kalen? Ich habe gehört er sitzt nach wie vor im Kerker?", spricht Vater nun ein äußerst heikles Thema an. Unmerklich verkrampfen sich meine Muskeln, ehe ich mit aufgesetztem Lächeln antworte.
„Die Situation ist leider unverändert", meine ich und bleibe dabei absichtlich vage.
„Eine Schande..vielleicht hättest du dich lieber für einen anderen Trupp entscheiden sollen", wirft Mutter nun ein und legt ihr Besteck beiseite. „Beispielsweise General Veros Trupp. Schließlich ist er für unseren Bezirk zuständig", fügt sie lachend hinzu, woraufhin ich die Hand zur Faust balle.
„Sei still! Du hast keine Ahnung", zische ich und bereue es im nächsten Moment bereits. Schockiert mustern die beiden mich während ich tief ein und ausatme. „General Veros ist nicht so, wie er vorgibt zu sein", füge ich sanfter hinzu und starre auf die Tischplatte.
„Ich wollte nicht..ich meine ich..", stammelt Mutter nun unsicher, weshalb Vater ihr einen Arm um die Schulter legt.
„Bitte entschuldigt. Versteht das nicht falsch..ich habe nur kein gutes Verhältnis zu General Veros", lege ich nach und hoffe drauf, dass das Thema damit erledigt ist.
„Ist etwas vorgefallen? Hat er sich dir gegenüber unsittlich verhalten?", hakt Vater nun besorgt nach, doch ich winke ab.
„Nichts von Bedeutung. Bitte, macht euch keine Gedanken darüber. Ich bin sehr glücklich und zufrieden mit meiner Auswahl und würde meinen Trupp um nichts in der Welt eintauschen wollen. Das ist doch das Wichtigste, oder?", lenke ich ab und sehe sie betreten nicken.

Blind FireWhere stories live. Discover now