- Kapitel 35 -

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Ein lautes, surrendes Rauschen lässt mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf schrecken. Mit verklebten Augen und wirr abstehenden Haaren, die mir teilweise am Mundwinkel hängen sitze ich erschrocken auf der Matratze und stütze mich auf meinen Armen ab. Agira habe ich vor dem Schlafen gehen auf den kleinen Metalltisch gelegt und starre nun verwirrt und überfordert in die Dunkelheit.

„Ich wünsche allen Teilnehmern einen guten Morgen! Ich hoffe jeder von euch konnte sich nach dem gestrigen Abend genügsam erholen", erklingt Sekurions Stimme, woraufhin ich mich beruhigt zurück in die Laken fallen lasse. „Diese Ankündigung beinhaltet einige wichtige Informationen zum heutigen Tagesablauf, weshalb ich dazu raten würde aufmerksam zuzuhören", fährt er fort, während ich eines meiner Augen wieder öffne, da ich ansonsten Gefahr laufe wieder einzuschlafen. „In einer Stunde wird im Speisesaal ein Frühstücksbuffet aufgebaut sein, an welchem sich jeder bedienen darf. Die dafür zur Verfügung stehende Zeit beläuft sich auf zwei Stunden. Anschließend habt ihr eine Stunde zur freien Verfügung, die ihr dazu nutzen solltet euch auf die heutige zweite Etappe vorzubereiten. Genauere Details zur zweiten Etappe werden euch, wie am Vortag, erst kurz vor Beginn mitgeteilt", erklärt er gewohnt monoton während ich mich seufzend aus dem Bett rolle. „Ich wünsche einen angenehmen Morgen", fügt er räuspernd hinzu, ehe das Rauschen verschwindet.

Ich beschließe mich in meine Uniform zu quälen, da ich nicht als letztes beim Frühstück auftauchen möchte. Wer weiß, ob ausreichend übrig bleiben wird, sollte ich nicht eine der Ersten sein.
Mit müdem Ausdruck stehe ich vor dem kleinen Wandspiegel im Badezimmer und rücke mir Agira auf dem Nasenrücken zurecht. Meine Uniform habe ich gestern Nacht noch geflickt, da ich einfach nicht in den Schlaf finden konnte. Als ich mich selbst daraufhin nicht dazu bringen konnte meine Augen zu schließen, befolgte ich General Sorins Rat und versorgte meine Wunden erneut. Dabei fiel mir auf, dass meine Heilzauber einen wesentlich höheren Effekt zu haben schienen.
Nachdem ich hin und her überlegte woran das wohl liegen könnte fiel mir siedend heiß ein, dass Kalen mir keinen normalen, sondern einen magischen Ring überreichte. Auch wenn ich nicht genau herausgefunden habe, wie ich die Kräfte des Rings aktivierte, so musste es einfach an ihm liegen. Schließlich verkörperte er die einzige Veränderung des gestrigen Tages. Abgesehen davon ist er dazu da um mich zu schützen, daraus schließe ich, dass er meine mageren Heilkräfte verstärkt.

Auch wenn ich durch meine nächtlichen Beschäftigungen einige positive Dinge ziehen konnte, so bin ich momentan von einem der größten negativen Punkte konfrontiert – nämlich der unsagbaren Müdigkeit. Gähnend beginne ich meine morgendliche Routine und vergesse, kurz bevor ich mein Zimmer verlasse, beinahe Agiras Gläser zu verdunkeln. Auf dem langen Korridor ist es still und keiner der anderen Teilnehmer ist zu sehen. Kein Wunder ich bin etwa fünfzehn Minuten zu früh dran. Schulterzuckend schreite ich durch den Flur und laufe nach einigen Minuten Arryn über den Weg, der meine Sorgen zwecks der ausreichenden Menge des Buffets scheinbar teilt.

„Guten Morgen Arryn", grüße ich ihn eintönig, da ich noch immer nicht völlig wach bin.
„Morgen", entgegnet er mir grummelnd und hat die Brauen zusammengezogen.
„Nicht gut geschlafen?", trieze ich mit erhobener Braue und ernte ein genervtes Augenrollen seinerseits.
„Frag nicht", murrt er und reibt sich über die Augen. Leise lachend laufe ich neben ihm her und betrete den Speisesaal als Erste. Dort, wo sich am Vorabend noch die Tanzfläche befand, hat man nun ein provisorisches Buffet aufgestellt - Bestückt mit allerlei Köstlichkeiten, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen.
Die Plätze sind weitestgehend unbesetzt. Lediglich hier und da hat sich einer der anderen Teilnehmer hier her verirrt. Stumm schreiten Arryn und ich auf das Buffet in der Mitte des Saals zu und greifen nach einem der aufgestapelten Teller, ehe wir sie mit unserer Auswahl bestücken. Während ich darauf achte möglichst sättigende Dinge auszusuchen scheint der Braunhaarige nicht lange darüber nachzudenken und schaufelt sich von allem ein wenig auf den Teller.
„Soll ich dir helfen?", fragt er nach einiger Zeit woraufhin ich ihm ein kleines Lächeln schenke. „Nicht nötig, ich komme klar, vielen Dank", entgegne ich und ernte einen fragenden Blick seinerseits.
„Bist du sicher? Weißt du überhaupt, was du auf deinem Teller hast?", fragt er lachend und deutet mit dem Zeigefinger auf meinen mit Hülsenfrüchten und Joghurt bestückten Teller.
„Aber natürlich. Schade nur, dass es hier keine tieferen Teller oder Schüsseln gibt", meine ich nachdenklich und wende den Blick ab.
„Sag mal Ember, das wollte ich dich schon gestern fragen aber der Zeitpunkt ergab sich nie. Woher-", beginnt er seine Frage, wird jedoch von einem völlig überdrehten Blondschopf unterbrochen.
„Guten Morgen ihr Zwei!", brüllt Kairyan frisch und munter wohingegen wir ihn nur perplex mustern. „Na ihr zieht ja Gesichter! Habt ihr etwa so schlecht geschlafen?", lacht er und lehnt sich dabei an Arryns Schulter, während er mir schmunzelnd entgegen sieht.
„Nachdem ich nicht in den Genuss kam in meinem eigenen Bett zu schlafen könnte man das durchaus behaupten, ja", grummelt Arryn mürrisch und erdolcht den Blondschopf neben ihm mit seinen Seitenblicken. Verwirrt erwidert Kairyan den Blickkontakt und scheint nicht zu wissen, wovon der Muskelprotz spricht.
„Was?", spreche ich nun die Frage aus, die vermutlich auch ihm durch den Kopf geht. „Nachdem ich die Nervensäge vor seinem Zimmer abgeladen hatte, sabbelte er unverständliches Zeug. Er meinte immer wieder, dass ihm so wahnsinnig schlecht sei und er nicht allein sein wolle. Er bettelte mich an, ihn nicht allein zu lassen, weshalb ich ihn dann mit auf mein Zimmer schleppte. Dort war es dem feinen Herrn dann nicht gut genug auf dem Boden zu schlafen, woraufhin er einfach mein Bett in Beschlag nahm! Drei Mal darfst du raten wer letztlich auf dem Boden schlief", erklärt er genervt und verzieht seine Augen zu Schlitzen. Mit weit aufgerissenen Augen starren, sowohl Kairyan als auch ich, dem Braunhaarigen entgegen, woraufhin eine kurze Phase der Stille eintritt ehe mein herzhaftes Lachen erklingt.
„Du hast was?!", pruste ich und werfe dabei meinen Kopf in den Nacken.
„Könntest du bitte aufhören zu lachen? Es ist ohnehin schon beschämend genug", murmelt Arryn gereizt und verlegen, während Kairyan noch immer mit aufgeklapptem Mund an seiner Schulter lehnt. „Wieso hast du ihn nicht einfach vor seinem Zimmer liegen lassen? Das hätte ich zumindest gemacht", entgegne ich noch immer schwer schnaufend. „Denkst du, das hätte ich nicht versucht? Er hat sich einfach an mein Bein gehängt und mich weiterhin angebettelt. Ich konnte ihn einfach nicht abschütteln egal, was ich tat", erklärt er genervt und zieht die Brauen zusammen.
„Wow, einfach unglaublich", entgegne ich lachend woraufhin Kairyan sich aus seiner Schockstarre löst. „Ich habe was?! So ein Schwachsinn! So etwas hätte ich nie getan", wirft er entgeistert ein woraufhin Arryn ihm einen mahnenden Blick zuwirft.
„Ach, was denkst du in welchem Zimmer du heute Morgen aufgewacht bist?", stellt er provokant die Frage, während Kairyan die Stirn runzelt.
„Na, in meinem?", antwortet er, formuliert es allerdings fragend.
„Nein, in meinem du Hohlkopf! Ich fasse es einfach nicht, dass dir nicht einmal aufgefallen zu sein scheint, dass das nicht dein Zimmer war!", brüllt Arryn aufgebracht und ballt die Hände zu Fäusten. „Pfft! Als würde ich jemals mit dir im gleichen Zimmer schlafen wollen. Das hast du vielleicht geträumt", entgegnet der Blondschopf überzeugt woraufhin Arryn Schnaubt.
„Dann erklär mir bitte einmal woher ich von deinem hübschen, faustgroßen Muttermal auf deinem Innenschenkel weiß", meint er herausfordernd und verschränkt die Arme vor der Brust, während Kairyan und mir die Gesichtszüge entgleiten.
„Von seinem was?!", entkommt es mir überrumpelt woraufhin der Blondschopf sich nervös auf die Unterlippe beißt.
„Woher-", beginnt er, wird jedoch von Arryn unterbrochen.
„Glaube mir, ich hätte mir den Anblick auch lieber erspart, doch ich konnte dich einfach nicht davon abhalten deine Hosen runterzulassen", grätscht er mürrisch dazwischen, woraufhin meine Kinnlade noch ein Stück tiefer sinkt. Ich befürchte, dass sich mein Kiefer demnächst aushängt wenn das so weitergeht.
„Was zum..", stammle ich, einem erneuten Lachanfall nahe.
„Die-Die Zimmer sehen doch auch alle gleich aus..", versucht Kairyan das Thema auf die Tatsache, nicht bemerkt zu haben, dass er wohl nicht in seinem eigenen Zimmer nächtigte zu lenken, jedoch ohne Erfolg.
„Soll das deine Ausrede dafür sein einfach so deine Hosen runtergelassen zu haben?!", entkommt es Arryn schaudernd, ehe Kairyan erneut zu einem Konter ansetzen wollte, jedoch gar nicht erst dazu kommt.

„Guten Morgen, ich hoffe ihr hattet eine angenehme Nacht", begrüßt Kalen uns lächelnd während er sich zu unserem Kreis gesellt. Drei undefinierbar dreinblickende Augenpaare liegen nun auf ihm, während er seine Hände hinter seinem Rücken verschränkt und uns verwirrt beäugt. „Habe ich etwas falsches gesagt?", entkommt es ihm verwirrt woraufhin Kairyan den Blick abwendet und Arryn mürrisch seufzt.
„Fragen sie bitte gar nicht erst, Sir.."

Blind FireWhere stories live. Discover now