- Kapitel 157 -

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Ich atme tief ein und aus, während ich die Steinstufen hinaufsteige. Mit ausdrucksloser Miene bleibe ich vor der Holztür stehen.
Tausend Gedanken, Millionen Bilder ziehen vor meinen Augen vorüber.
Ich sehe Alastairs Gesicht vor mir.
Wie er von General Sekurion abgeführt wird. Wie er mir ein allerletztes Mal zugelächelt hat. Wie er mir sagte, dass alles gut werden würde.
Ich sehe Sekurions Blick. Er ist von Reue erfüllt. Levions Lächeln erscheint vor meinen Augen. Ich erinnere mich an seine Erzählungen, an seine Berichte. Er hielt mich stets auf dem Laufenden, wie es Alastair ging.
Auch Salem, Hera und die anderen tauchen plötzlich vor meinem inneren Auge auf. Die betretenen Gesichter, die sie zu überspielen versuchten.
All die Zeit mit ihnen.
All die Zeit, in welcher sie mir einbläuten stark zu bleiben.
Geduld zu haben.
Sekurions Worte schleichen sich in mein Ohr. „In welchem Zustand sie hier ankommen ist mir völlig gleich", hallt seine Stimme in meinem Kopf wieder. Sein diabolisches Lächeln hat sich in mein Gedächtnis gebrannt.
Er wartet genauso wie ich auf diesen Tag.
Auf den Tag, an welchem diese drei elenden Maden vor ihm auf die Knie fallen werden. Er wartet darauf ihre Köpfe rollen zu sehen. Ich weiß es, denn mir geht es genauso.
Ich ziehe meine Brauen zusammen und klopfe drei Mal an die Tür. Schließlich sind es drei Maden, nicht wahr?

Die Holztür schwingt auf, während sich das Mädchen mit den roten Haaren genervt am Hinterkopf kratzt.
„Ich habe doch schon gesagt, dass-", knirscht sie, ehe sie den Blick hebt. Augenblicklich weicht ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht und ihre orangegesprenkelten Augen sind weit aufgerissen. Sie ringt nach Luft, während sie taumelnd nach hinten stolpert.
„Guten Abend, ich hoffe doch, ich störe nicht", grüße ich in eisigem Tonfall und habe einen Mundwinkel dabei in die Höhe gezogen. „Verdammt..", entkommt es ihr, woraufhin sie versucht die anderen zu informieren, doch diesen Gefallen tue ich ihr nicht. Ohne zu zögern schnappe ich mir ihren Oberarm und ziehe sie grob an mich heran. Ich presse ihr die Hand auf den Mund und starre ihr wahnhaft entgegen. Ich überrage sie um einige Zentimeter, weshalb sie zu mir aufsehen muss. Schock zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab.
„Aber, aber..begrüßt man so etwa alte Bekannte?", säusle ich hämisch grinsend und lehne mich näher zu ihr herab.
„Keine Sorge, deine Freunde sind auch zu unserer kleinen Feier eingeladen. Überlasse es doch mir, den beiden Bescheid zu geben. Sonst wäre es doch keine Überraschung mehr, oder?", hauche ich und spüre meine Flammen in mir aufkochen. Ich sehe ihr tief in die Augen, welche von Angst erfüllt sind. Leise lachend zerre ich sie mit mir und schleiche durch die Räume. Als ich eine der Türen schwungvoll aufschlage, entdecke ich den breitgebauten Magier, der mir genau wie das Mädchen in meinen Fängen hinterherjagte, kurz bevor Sekurion und Kalen die beiden stoppen konnten. Seine Gesichtszüge entgleiten ihm für wenige Sekundenbruchteile, doch er scheint den Schock schneller überwunden zu haben, als die Göre neben mir. Hastig springt er auf und greift sich sein Kettenschwert.
„Wieso so feindselig? Ich wollte dich lediglich zu unserer Party einladen", lache ich und blocke seine Klinge mit meinem von Flammen umgebenen Unterarm. Er reiß die Augen auf und bringt eilig Abstand zwischen uns.
„Nathaniel!", brüllt er und geht in Kampfposition.
„Schrei so viel herum, wie du willst. Es wird dir ohnehin nichts nützen", kläre ich ihn auf und gebe die Sicht auf die Barriere frei, die ich mithilfe meiner Magie errichtet habe.
„Niemand wird euch hier zur Hilfe eilen. Dafür habe ich gesorgt", füge ich irrwitzig grinsend hinzu, ehe ich meine Flammen auf ihn richte. Er hat keinen Ausweg. Der Raum ist zu klein, als dass er meinen Angriffen ausweichen könnte. Schmerzverzehrte Schreie hallen mir entgegen, was mir ein umso größeres Grinsen eintreibt. „War ich etwa zu grob zu dir?", säusle ich und schreite langsam in die Mitte seines Zimmers. „Sag mir nicht, dass dich so ein schwacher Angriff schon erledigt hat", spotte ich und sehe mich prüfend um. Er kann der Barriere nicht entkommen. Dafür ist er nicht stark genug. Damals, während des Duells der magischen Künste war ich ihnen vielleicht noch unterlegen, doch diese Zeit ist schon lange vorbei. Mittlerweile habe ich so einiges dazugelernt. Ich habe Tagelang mit Salem und Hellion trainiert. Bin unzählige Male mit dem Gesicht voraus im Sand gelandet. Auch Chronus' Training war alles andere als sinnlos. Durch ihn habe ich gelernt meine Magie noch kontrollierter einzusetzen. Eine Barriere um mich herum zu errichten. Meine Aura auszudehnen und mich dennoch völlig frei bewegen zu können.
„Kiana! Geht es dir gut?", höre ich ihn rufen, ehe er sein Schwert auf mich richtet, als sich der Rauch gelichtet hat.
„Wie herzergreifend..doch du musst dir keine Gedanken um sie machen. Viel eher rate ich dir dazu, dich um dich selbst zu sorgen", lache ich und werfe ihm einen Seitenblick zu. Zischend verzieht er die Brauen und sprintet auf mich zu. Ohne große Mühe weiche ich seinem Angriff aus und lasse ihn über meinen Fuß stolpern.
„Was willst du von uns?", ächzt er und rappelt sich hastig wieder auf.
„Was ich von euch will? Nun..ich dachte wir würden ein wenig feiern. Schließlich haben wir uns schon so lange nicht mehr gesehen. Ich bin mir sicher, ihr seid gespannt darauf, wie die Dinge sich in Adaron entwickelt haben", spotte ich erneut und sehe ihn die Zähne fletschen. „Mach dich nicht lustig über uns. Wir sind keineswegs schwach", blafft er, was mich nur eine Braue heben lässt.
„Ach nein? Den Eindruck habe ich aber nicht. Immerhin habe ich die Kleine hier fest im Griff, während du auf dem Boden vor mir kauerst. Sag, was hast du denn noch auf Lager?", provoziere ich und sehe ihn ergeben den Blick senken.
„Du hoffst auf den Dritten im Bunde, richtig? Er ist immerhin der Cleverste von euch. Das ist mir durchaus nicht entgangen. Er hat euch aus dem Kerker geholt. Seine spitze Zunge ist durchaus fähig liebliche Worte zu formen. Dennoch wird es ihm heute nicht viel nutzen", zerstöre ich seine Hoffnungen und sehe ihn schockiert die Augen weiten. Ich nutze den Moment und lege ihn genau wie das Mädchen an die Leine. Meine Glutlinie wickelt sich binnen Sekundenbruchteilen um seinen Körper, ehe ich ihn zu mir ziehe.
„Na sieh mal einer an..hat man dir nicht beigebracht seine Deckung nicht zu senken?", spotte ich und umfasse sein Gesicht mit festem Griff. Meine glühenden Fingernägel bohren sich in seine Wangen, während er schmerzverzehrt röchelt.
„Hör auf!", brüllt das Mädchen mit Tränen in den Augen, weshalb ich meine Augen zu ihr wandern lasse.
„Habt ihr denn aufgehört?", frage ich in eisigem Tonfall. „Sag schon..habt ihr aufgehört?", wiederhole ich meine Frage um einiges leiser, als zuvor. Stumm sieht sie mir entgegen.
„Es war ein Auftrag! Es war nichts Persönliches", ächzt der breitgebaute Feuermagier, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
„Oh..das mag sein", entgegne ich lächelnd. „Doch für mich ist es etwas Persönliches", füge ich lautstark hinzu, und spüre die lodernden Flammen aus meinem Körper treten.
„Es wurde genau in dem Moment zu etwas Persönlichem, als man General Alastair Kalen vor meinen Augen abführte, da euer ach so geliebter Nathaniel ihn fälschlicherweise des Attentats beschuldigte. Ich würde nicht einen einzigen Gedanken an euch jämmerliche Maden verschwenden, wenn ihr diesen Fehler nicht begangen hättet", erkläre ich, während mir Dunstwolken aus den Mundwinkeln entrinnen. „Es ist mir völlig gleich, was ihr während des Duells angestellt habt. Ob ihr hunderte Magier getötet habt oder tausende schert mich nicht. Auch eure Kooperation mit Veros kümmert mich nicht im Geringsten. Meinen Zorn habt ihr nur auf euch gezogen, weil ihr mir das genommen habt, was mir auf dieser Welt lieb und teuer ist. Weil ihr dachtet es sei eine gute Idee eine riesige Feuerfontäne auf meine zwei engsten Freunde zu richten. Denkt ihr wirklich ich würde euch einfach so damit davonkommen lassen?", fahre ich wahnhaft schnaubend fort.
„Sollte das wahrlich so gewesen sein, dann bin ich untröstlich euch eines Besseren belehren zu müssen. Ihr hättet euch niemals mit mir anlegen dürfen", hauche ich leise lachend und ziehe die beiden eng an mich. Unsere Gesichter sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, während meine Augen wortwörtlich Feuer fangen.
„Denn ihr habt nicht die geringste Ahnung, zu was ich im Stande bin", raune ich ihnen zu, ehe ich mich von ihnen entferne.

Mit ausdrucksloser Miene mache ich mich auf den Weg ins nächste Zimmer, während ich den beiden eine Mundfessel bestehend aus Flammen umgelegt habe. Ich habe keine Lust mir ihr dämliches Gerede anzuhören.
Erneut schlage ich die Tür schwungvoll auf und entdecke den Kopf der Bande ruhig am Schreibtisch sitzen.
„Ich habe mich schon gefragt, wann du auftauchen würdest", seufzt er und dreht sich mir grinsend zu.
„Dann lag ich wohl mit meiner Einschätzung richtig. Du bist wirklich das Gehirn dieser lächerlichen Gruppe", entgegne ich grinsend, während er sich erhebt.
„Ich fühle mich geehrt, das aus deinem Mund zu hören. Mir ist durchaus nicht entgangen, dass auch du über ein hohes Maß an Intelligenz verfügst", schmiert er mir Honig um den Mund, was mich innerlich vor Ekel erschaudern lässt. „Schmeicheleien bringen dich auch nicht weiter", schmettere ich ihm ruhig entgegen und falte meine Hände hinter dem Rücken.
„Dessen bin ich mir bewusst", lacht er und nähert sich mir zaghaft.
„Wie ich sehe lässt du dich nicht von deinen Gefühlen übermannen. Das erfordert eine enorme Selbstkontrolle. Ich habe einen Vorschlag für dich", meint er und vollführt eine ausladende Geste.
„Wie kommst du darauf, dass ich dir auch nur eine weitere Sekunde Gehör schenken würde?", spucke ich mit verstörendem Gesichtsausdruck. „Nun, wenn dem nicht so wäre hättest du mich schon längst an die Leine gelegt, wie meine beiden Kameraden", kontert er mit erhobener Braue. „Ich biete dir einen Deal an. Wir drei werden brav mit dir kommen. Wir werden vor dem Königshof Adarons aussagen. Ich werde meine falsche Beschuldigung korrigieren. Im Gegenzug erhalten wir drei Immunität. Uns wird keine Strafe zuteilwerden und wir können in unsere Heimat zurückkehren, sobald Kalen wieder auf freiem Fuß ist. Na wie klingt das? Das ist doch genau das, was du willst", erklärt er und streckt mir seine Hand entgegen, was mich einen Mundwinkel heben lässt.
Die Dreistigkeit, die er mir gegenüber an den Tag legt ist wahrlich unglaublich.
„Nun..im Großen und Ganzen hast du recht. Das ist tatsächlich, was ich will", beginne ich und strecke ihm ebenfalls meine Hand entgegen, während die beiden Feuermagier neben mir wild anfangen zu zappeln. Sie versuchen mit aller Kraft ihre Fesseln zu lösen, doch vergebens. Nathaniel ist wahrlich nicht dumm, das muss ich ihm lassen. Er hat diesen Moment bereits vorausgesehen. Dafür gebührt ihm Anerkennung. Er hat lediglich eine Sache nicht bedacht.
„Dein Angebot klingt durchaus verlockend", lache ich und habe seine Hand bereits fast erreicht. Ich schlage mit festem Händedruck ein und ziehe ihn augenblicklich nah zu mir heran. „Das Einzige, was du jedoch nicht bedacht hast ist..das ich nicht so leicht zu besänftigen bin. Ich möchte euch in der Hölle schmoren sehen", zische ich, ehe ich meine Flammen um ihn hülle. Seine Schreie hallen mir in den Ohren, was mich zufrieden lächeln lässt. Ich schließe meine Augen und blicke in das unendliche Schwarz vor mir. Ich bin am Leben.
Es hat sich wahrlich schon lange nicht mehr so gut angefühlt am Leben zu sein.

„Weißt du worin dein Fehler lag?", frage ich ihn, während ich mit ihnen im Schlepptau zurück zur Haustür schlendere. „Du bist davon ausgegangen, dass ich auf dem gleichen Niveau stehen bleibe. Dass ich euch nach wie vor nicht gewachsen sei. Möglicherweise habt ihr eure Grenzen schon erreicht, doch das gilt nicht für mich", säusle ich und fahre ihm sanft durch sein rötlich schimmerndes Haar. Er scheint kein reiner Feuermagier zu sein. Der Braunton seiner Haare verrät seine Herkunft. Er ähnelt meiner Haarfarbe sehr. Ich festige meinen Griff uns ziehe seinen Kopf grob nach hinten. „Ich hoffe dieser Auftrag hat sich für euch gelohnt, denn er wird der Letzte eures kümmerlichen Lebens gewesen sein", hauche ich grinsend und sehe Nathaniel wütend sein Gesicht verziehen.

Blind FireWhere stories live. Discover now