- Kapitel 115 -

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„Deine Deckung ist schwach", höre ich Chronus spotten, während er einen weiteren Angriff startet.
„Ach ja? Denkst du das?", entgegne ich provokant und springe mit einem Satz über ihn hinweg. Mit weit aufgerissenen Augen sieht er mir entgegen und bricht seinen Angriff ab. Siegessicher stelle ich mich hinter ihn und führe zwei meiner Finger an seinen Hals.
„Diese Runde geht wohl an mich", meine ich schulterzuckend, während meine Fingernägel sich sachte in seine weiche Haut bohren.
„Du bist wirklich gut. Das muss man dir lassen, Ember", entgegnet er seufzend, ehe er seine Finger an seinen Mund führt. „Es wird Zeit die Schonfrist zu beenden", murmelt er und verlangsamt die Umgebung. Es ist beinahe so, als hätte er die Zeit eingefroren. Auch ich kann mich nur in Zeitlupe bewegen. Verdammt, diese Zeitmagier sind lästiger, als ich dachte. Er hingegen bewegt sich in normalem Tempo. Abwartend sehe ich ihm dabei zu, wie er einen Zauber wirkt. Konzentriert schließe ich die Augen. Mein Umhang, den ich von Levion erhalten habe hatte lediglich genügend Kraft, um einen einmaligen Zauber zu wirken, doch ich weigere mich zu verlieren. Ich konzentriere meine Kraft auf den Umhang, doch nichts geschieht. Ich kann mich einfach nicht rühren. Die Schattenopale in meiner Uniform werden mich beschützen, dessen bin ich mir sicher, doch sie können mir auch nicht aus diesem Zeitgefängnis helfen. Wenn mich sein Zauber nur nicht einhüllen könnte, denke ich mir und ziehe genervt die Brauen zusammen.
Plötzlich fühlt sich alles wieder normal an und die Zeit geht ihren gewohnten Gang. Überrascht kippe ich nach hinten, da ich nicht darauf vorbereitet war und Chronus' zweiter Angriff mich kalt erwischt hat. Ächzend stütze ich mich auf meinen Händen ab und erhebe mich hustend. Der sandige Boden hat ein wenig Staub aufgewirbelt, der mir in Hals und Rachen geschlüpft ist.
„Alles in Ordnung?", fragt der Blondschopf mit erhobener Braue, doch ich winke nur ab.
„Ja", presse ich zwischen zwei Hustern hervor, ehe ich mich aufrichte.
„Du hast einen guten Gedanken verfolgt", meint er und kommt mit verschränkten Armen auf mich zu, während ich ihn irritiert mustere.
„Bist du jetzt unter die Gedankenleser gegangen?", spotte ich und klopfe mir den Dreck von der Hose.
„Mach dich nur lustig darüber", kontert er schulterzuckend und kehrt mir den Rücken zu. „Wenn du nicht wissen möchtest, wie deine Idee in die Tat umgesetzt werden kann dann werde ich es dir eben nicht verraten", fügt er herablassend hinzu, woraufhin sich meine Augen weiten.
„Du meinst es gibt wirklich einen Weg sich vor Zeitmagie zu schützen?", hauche ich verblüfft und ernte stummes Nicken seinerseits. „Und wie?", hake ich interessiert nach, doch er kehrt mir nach wie vor den Rücken zu. Wortlos blickt er über seine Schulter und sieht Tarik in dieser Pose sehr ähnlich. Ein Schmunzeln schleicht sich auf meine Lippen, da auch er immer diesen Ausdruck aufgelegt hatte wenn er eingeschnappt gewesen ist. Ich seufze ausgiebig und laufe auf den blonden Duttträger zu.
„Bitte Verzeih mir meinen unangebrachten Scherz. Ich habe nicht vorgehabt dich damit zu kränken", meine ich und verneige mich respektvoll vor ihm, was ihn den Mund aufklappen lässt. Er fängt sich hastig wieder und nickt mir wortlos zu. Ich schließe mich gedanklich an Heras Worte zuvor an.
„Männer..", schwirrt ihre Aussage mir durch den Kopf, weshalb ich mir ein Grinsen verkneifen muss.
„Pass auf, es gibt gewisse Arten von Magie, gegen die man sich defensiv schützen kann. Dazu gehören Dunkelheit, Licht und natürlich Zeit", beginnt er seine Erklärung, während wir uns inmitten des Trainingsplatzes in den Schneidersitzt gesetzt haben. Nachdenklich fasse ich mir ans Kinn und nicke sachte.
„Also die Formen von Magie, die unabhängig der Elemente existieren", stelle ich fest und sehe ihn bestätigend nicken.
„Ja, so lässt es sich zusammenfassen", entgegnet er woraufhin ich meinen Gedanken weiterspinne. „Magier jeder Klasse können diese Technik anwenden, nehme ich an?", hake ich nach und ernte erneutes Nicken seinerseits.

„Früher wurden nicht nur Feuermagier gefürchtet, Ember. Auch die Magierklassen, die zu den festen Bestandteilen der Ursprungsmagie zählen wurden als gefährlich eingestuft. Viele Magier beschwerten sich seinerzeit darüber und forderten einen Ausgleich. Einen Weg sich gegen diese Form der Magie schützen zu können. Der Königshof sowie auch der Schwarze Ring versuchte die Mengen zu beruhigen, doch der Druck wurde immer größer. Die Generäle beauftragten ihre Eliten mit der Lösung dieses Problems, allerdings kamen auch sie zu keinen brauchbaren Ergebnissen. Eines Tages, so erzählt man sich, soll ein junger Magier aus dem südlichen Königreich Sever nach Adaron gekommen sein. Er soll ein gewiefter Händler und ein noch talentierterer Nekromant gewesen sein. Durch seine recht unkonventionelle Art Handel zu betreiben hatte er sich recht schnell einige Feinde gemacht. Darunter befanden sich auch dunkle Magier, Zeitmagier und Lichtmagier. Anders als erwartet verursachten ihre Angriffe allerdings keinen Schaden. Dieses Phänomen sprach sich schnell herum und man beorderte ihn vor den Rat der Generäle. Was er ihnen erklärte ließ sie hellhörig werden und sie handelten ein Abkommen aus. Man würde die Vorwürfe des Betruges gegen ihn fallen lassen wenn er ihren Magiern im Gegenzug diese Technik beibringen würde", beendet er seine Geschichtsstunde woraufhin auch ich interessiert die Brauen hebe.
„Und wie funktioniert diese Technik?", komme ich nun zum interessanten Teil des Gesprächs, während er sich stumm erhebt.
„Genau das werde ich dir jetzt zeigen", kontert Chronus und hilft mir auf.
„Ich möchte das du deine Augen schließt. Soweit mir bekannt ist kannst du Magieflüsse sehen, richtig?", fragt er neugierig woraufhin ich nicke. „Sehr gut. Nutze diese Eigenschaft um deinen eigenen Magiefluss zu sehen. Während der dritten Etappe hast du deine Magie explosionsartig aus deinem Inneren strömen lassen. Jetzt möchte ich, dass du sie kontrolliert fließen lässt. Sie soll dich einhüllen. Stelle es dir wie eine zweite Haut vor", erklärt er, weshalb ich verwirrt das Gesicht verziehe.
„Diesen Zustand kann man allerdings nicht lange aufrecht erhalten", äußere ich meine Bedenken. „Mit dem richtigen Training ist das möglich", kontert der Blondschopf und greift nach meinen Händen. Er führt sie vor meinem Brustkorb zusammen und drückt die Handflächen gegeneinander.
„Du kannst beginnen. Behalte diesen Zustand so lange bei, wie du kannst", meint er und tritt einige Schritte zurück. Ich hingegen konzentriere mich und versuche seine Anweisungen so gut ich kann umzusetzen. Ich spüre, wie meine Magie durch meinen Körper fließt. Sie mit einem Ruck freizusetzen ist wesentlich einfacher, als sie lediglich Stück für Stück an die Oberfläche dringen zu lassen. Auch das passende Verhältnis herauszufinden gestaltet sich schwieriger, als gedacht. Nach mehreren Minuten, in denen ich krampfhaft versuche meinen Körper einzuhüllen breche ich den Versuch schließlich ab. Außer Atem stütze ich mich auf meinen Oberschenkeln ab und fixiere einen Punkt auf dem Boden dabei. „Nicht schlecht für den ersten Versuch. Beim nächsten Mal solltest du den Kraftfluss beschleunigen, vielleicht fällt es dir dann leichter die Membran aufrecht zu erhalten", meint Chronus, der nachdenklich auf mich herab blickt.

Leuchtend gelbe Augen durchkreuzen mein Blickfeld, weshalb ich an den Rand des Areals blicke. Das Füchschen sitzt im Gras und sieht mit gewohnt undefinierbarem Blick zu uns herüber. Seufzend richte ich mich auf und reibe mir den Hinterkopf.
„Wo warst du denn den ganzen Tag? Ich habe mir fast schon Sorgen gemacht", murmle ich und werfe einen Blick in den Himmel. Die Sonne ist mittlerweile schon beinahe hinter den Bergen in der Ferne verschwunden. Kein Wunder, dass er ausgerechnet jetzt auftaucht. Es ist Zeit fürs Abendessen. Kopfschüttelnd fasse ich mir an den Kopf.
„Ist das dein Haustier?", reißt Chronus mich aus den Gedanken.
„Ja, so kann man es zusammenfassen", zitiere ich ihn grinsend, was auch ihm ein Schmunzeln entlockt. „Solltest du mich jetzt nach seinem Namen fragen muss ich dich enttäuschen. Er hat noch keinen", füge ich präventiv hinzu und sehe ihn verblüfft die Brauen heben.
„Nun..ich habe diese Sache mit den Haustieren innerhalb eures Trupps sowieso nie so recht verstanden", murmelt er und stemmt locker eine Hand in die Hüfte.
„Tja, da sind wir schon zu zweit. Ich verstehe diese spezielle Technik nämlich auch nicht so recht", seufze ich ergeben und lasse mich auf den sandigen Boden plumpsen.
„Vielleicht hilft es dir ja, wenn ich es dir einmal vormache?", schlägt er vor und stellt sich ein paar Schritte entfernt vor mich.
Zunächst geschieht nichts, als ihn plötzlich eine schwach leuchtende Membran aus Magie umgibt. Hastig springe ich auf und begutachte ihn aus der Nähe. Fasziniert starre ich auf seinen muskulösen Arm, der von einer konstanten Menge Magie umhüllt wird. Ich lasse meinen Blick weiter wandern und ertappe mich dabei anerkennend meine Lippen zu schürzen, als ich sein Gesicht erblicke. Sogar seine Haare sind in die Membran miteingehüllt. Das schwache bläuliche Leuchten verschwindet nach und nach, woraufhin er die Augen aufschlägt und erschrocken nach hinten taumelt. Im letzten Moment greife ich nach seinem Unterarm und bewahre ihn vor einer harten Landung. „Verzeihung, ich wollte mir deinen Magiefluss nur genauer ansehen. Entschuldige, falls ich dich erschrocken habe", meine ich ausdruckslos, während er sich aufrichtet.
„Schon in Ordnung. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass du plötzlich direkt vor mir stehen würdest", murrt er und streicht sich einige seiner losen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich hingegen höre ihm nur noch mit einem Ohr zu, da mein Kopf auf Höchstleistung läuft. Diese unfassbare Kontrolle und die Menge seiner Magie ist beeindruckend. Er hat das Verhältnis perfekt ausbalanciert. Grob überschlagen hat er den Großteil seiner Magie auf seine Brust gelenkt. Vermutlich ist das der Austrittort. Möglicherweise ist das aber auch Absicht. Schließlich ist der Brustkorb das Körperteil, welches man am besten Schützen sollte.
„Was für ein talentiertes Kerlchen", höre ich Chronus anmerken, weshalb ich einen Blick über meine Schulter werfe. Ungläubig klappt mir der Mund ins Bodenlose.
„Das ist doch..", hauche ich und schlage mir fassungslos gegen die Stirn.
„Sehr gut kleiner. Halte dieses Niveau konstant! Schütze deinen Brustkorb mehr und verlagere die Menge an Magie von deinem Kopf auf deinen Rücken!", ruft der Blondschopf dem Fuchs zu, der augenblicklich tut, wie ihm gesagt wurde. Staunend schiebe ich Agira weiter meinen Nasenrücken hinauf und laufe ein paar Schritte auf ihn zu.
„Agira, filtern", befehle ich meinem Artefakt und sehe die Welt im nächsten Moment in ihren Spektralfarben. Ich suche mir unterschiedliche Wellenlängen heraus, bis ich eine gute Sicht auf den Magiefluss habe. Ich habe mir die Gegebenheiten bereits ohne Agiras Hilfe angesehen, doch es schadet sicher nicht mir noch ein paar weitere Informationen einzuholen. „Dieser Fuchs ist ein Naturtalent, wie mir scheint", höre ich Chronus anerkennend sagen, woraufhin ich mich in die Hocke begebe.
„Ja, das ist er in der Tat. Seine Kontrolle über seinen Magiefluss ist bemerkenswert..", murmle ich und begutachte mein Füchschen aus verschiedenen Winkeln. „Und wie schnell er deine Anweisungen umgesetzt hat..wahrhaft unglaublich", füge ich hinzu während ich mich aufrichte.
„Lass es mich bitte noch einmal versuchen", meine ich und wende mich ihm zu. Er hingegen sieht mir mit erhobenen Brauen entgegen, ehe er seicht lächelnd nickt.

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