- Kapitel 27 -

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Im Inneren des riesigen Speisesaals wurden festliche Dekorationen angebracht, die einen enormen Kontrast zu dem sonst recht trist wirkenden Stahlbau bilden. Am Rande wurden Tische aneinandergereiht, die bereits gedeckt sind. Die Mitte des Raums wurde bewusst frei gehalten und ist von schwebenden Leuchtkugeln übersäht, die ein schwaches Licht abgeben.
„Ein wahrhaft schöner Anblick..zu Schade dass du ihn nicht genießen kannst", ertönt hinter mir plötzlich Elianas schadenfrohe Stimme ehe sie bereits an mir vorbeischreitet. An ihrer Seite befindet sich General Amaya, die einen skeptischen Blick auf mich wirft bevor auch sie sich aus meinem Sichtfeld begibt.
„Lege keinen Wert auf die Worte eines Neiders. Die Dekoration mag ganz nett aussehen, doch der einzig schöne Anblick in diesem Saal bist du, meine Kleine", flüstert Kalen mir ins Ohr während er meine Hand an ihren alten Platz auf seinem Unterarm führt. Bei seinen Worten setzt mein Herz für einen Moment aus, ehe es doppelt so schnell weiterschlägt. Abgesehen von meinen Herzrhythmusstörungen spüre ich, wie meine Wangen erneut Feuer fangen. Ich habe das Gefühl, dass er sichtlich Freude daran hat mir solche Reaktionen zu entlocken.

Kalen führt mich an den Kopf des ersten Tisches, an dem sich bereits vereinzelt Personen eingefunden haben. Er zieht einen der Stühle nach hinten, ehe er meine Hand festhält, während er mit der anderen sachte meine Schulter berührt um mich beim Setzen zu stützen.
„Wenn es dir recht ist werde ich neben dir Platz nehmen", meint er an mich gewandt woraufhin ich nicke. Zufrieden setzt er sich auf den Stuhl neben mir und richtet seine Fliege. Währenddessen füllt sich der Saal mit immer mehr Menschen. Unter ihnen auch einige der Generäle, die teilweise ebenfalls von einem der Teilnehmer begleitet werden, woraus ich schließe, dass dies die anderen Teilnehmer sein müssen, die von einem General auserwählt wurden.

„Die Reihen haben sich ganz schön gelichtet, nicht wahr?", meint Kalen nun neben mir während er einen Blick über seine Schulter wirft.
„In der Tat. Die Menge an Teilnehmern hat sich um mindestens die Hälfte verringert", entgegne ich zustimmend, behalte meinen Blick allerdings nach vorn gerichtet.
„Das ist ziemlich präzise..die Impulstechnik scheint hervorragend zu funktionieren", triezt er und lehnt sich dabei provokant zu mir während er seinen Kopf auf seiner Handfläche abstützt und mich mit gesenktem Blick von oben herab mustert.
„Haben sie denn etwas anderes erwartet?", kontere ich grinsend und hebe dabei meinen linken Mundwinkel an.
„Nein, ganz und gar nicht. Ich bin lediglich nach wie vor beeindruckt", entgegnet er lächelnd und schließt dabei seine Augen.

Schwere Schritte nähern sich der Eingangstür weshalb ich meine Aufmerksamkeit unauffällig auf die Person lenke, die soeben den riesigen Festsaal betreten hat. Die blonden Strähnen sowie die breite Statur lassen keine Zweifel zu.
General Veros schreitet bedächtig und ebenfalls fein herausgeputzt durch den Raum, auf der Suche nach einem geeigneten Platz. Sein Blick schweift durch die Tischreihen und bleibt schließlich an mir hängen ehe er zu Kalen abschweift. Unmerklich verziehen sich seine Brauen ehe er mit gewohnt freundlichem Lächeln vor mir stehen bleibt.
„Miss Akela, ich gratuliere ihnen zum heutigen Etappensieg. Es war eine erfreuliche Überraschung sie auf dem ersten Platz zu sehen. Ich kann mich noch an ihre Artefaktverleihung vor zwei Jahren erinnern. Ich bin sehr stolz sagen zu können, dass uns eine talentierte Magierin aus dem östlichen Teil des Reiches solch einen grandiosen Auftakt beschert hat", richtet er sein Wort an mich und hat dabei seine Hände hinter dem Rücken verschränkt. „Vielen Dank, Sir. Ich freue mich sie mit Stolz erfüllt zu haben", entgegne ich höflich und erhebe mich dabei respektvoll. Sein Blick gleitet dabei hin zu meinem Abendkleid.
„Nun denn, ich möchte sie nicht weiter belästigen", meint er nun mit einem Schmunzeln auf den Lippen. „Die Farbe Rot steht ihnen im Übrigen hervorragend", fügt er hinzu während ich mich frage, ob ich tatsächlich öfters rot tragen sollte. „Vielen Dank, Sir. General Kalen war so freundlich und hat meine Abendrobe mühevoll zusammengestellt", entgegne ich mit zuckenden Mundwinkeln und schiele dabei über meine Schulter. General Veros Gesichtsausdruck verändert sich unmerklich und sein Lächeln wirkt zunehmend krampfhaft. Verwirrt sehe ich ihm dabei zu, wie er sich mit einem Kopfnicken und einem gemurmelten „Schönen Abend noch" verabschiedet ehe er bereits davonschreitet. Mit gerunzelter Stirn setze ich mich erneut und beschließe der Sache nicht weiter meine Aufmerksamkeit zu schenken. Vermutlich sind sich Kalen und Veros einfach nicht wohlgesonnen, doch dies soll nicht mein Problem sein.

Nachdem sich weitere Plätze an den großzügig verteilten Tischen gefüllt hatten vernehme ich ein lautstarkes Gähnen, gefolgt von einem mürrischen Schnauben.

„Sag mal, hast du auch nur einen Funken Höflichkeit in dir?", erklingt eine mir sehr bekannte, grummelnde Stimme, die mir augenblicklich ein Grinsen auf die Lippen treibt.
„Diese Worte aus dem Mund eines schlägernden riesen Affen zu hören klingt wirklich lächerlich", kontert eine weitere vertraute Stimme woraufhin ich leise auflache. Kalen neben mir hebt neugierig eine seiner Brauen, sagt allerdings nichts.
„Pass bloß auf, Zwerg..Ich kann deine Nase sofort wieder zum bluten bringen", zischt Arryn drohend woraufhin Kairyan lediglich herzhaft auflacht.

Die beiden schlendern entspannt durch den vorderen Bereich des Raums und bleiben am selben Tisch stehen, an welchem Kalen und ich Platz nahmen. Flüchtig huschen ihre Blicke zwischen meinem Begleiter und mir her ehe sie sich in respektvoller Haltung dezent verneigen.
„Guten Abend, General Kalen", entkommt es beiden synchron ehe sie sich mir zuwenden und ein entgegenkommendes Kopfnicken seitens Kalen ernten. Kairyan setzt ein charmantes Lächeln auf und stützt seine Hände auf der Tischplatte ab. „Emberlein! Ich gratuliere zum Etappensieg..wer hätte gedacht, dass du es tatsächlich als erstes bis zum Siegel schaffen würdest", richtet er ehrlich erfreut seine Worte an mich während auch Arryn mich anerkennend mustert. Aufgrund seiner lobenden Worte lasse ich seinen Ausrutscher meinen Namen betreffend für dieses eine Mal unkommentiert.
„Vielen Dank, wie mir scheint konntest du dich von meinen Schlägen doch noch gut erholen..wie schade, meine Sorge war also völlig umsonst", entgegne ich ihm keck woraufhin er sich lachend setzt.
„Moment, Ember hat dir die blutige Nase beschert?", entkommt es Arryn währenddessen überrascht woraufhin Kairyan genervt sein Gesicht verzieht. „Sie hat neben unzähligen anderen zu meinen Verletzungen beigetragen, ja", gesteht er verkrampft während der breitgebaute Schrank sich schmunzelnd neben ihm niederlässt. „Viel wichtiger ist allerdings die Tatsache, dass du dir Sorgen meinetwegen gemacht hast. Ich fühle mich durchaus geschmeichelt", säuselt Kairyan breit grinsend, um vom Thema abzulenken.

Beide tragen identische, schwarze Anzüge, die ihnen nebenbei bemerkt hervorragend stehen. Wenn man sie so sieht könnte man tatsächlich meinen sie wären wahrhafte Gentleman. Ich unterdrücke den Drang zu Lachen und verwerfe diesen Gedanken schleunigst wieder.
„Auch ich gratuliere dir Ember", richtet nun auch Arryn seine Glückwünsche an mich woraufhin ich lächelnd eine Braue hebe.
„Danke, Arryn. Ich bin ebenfalls erfreut dich in der nächsten Runde zu sehen", meine ich ehrlich und falte meine Hände dabei auf dem Tisch. General Kalen hat sich seither aus der Konversation herausgehalten und uns mit undurchschaubarem Blick beäugt.
„Ich danke dir, das aus deinem Mund zu hören bedeutet mir viel", entgegnet er dankend woraufhin alle Anwesenden ihre Brauen in die Höhe ziehen. „Ach ja? Als ich dir gratuliert habe hast du mir lediglich Beleidigungen an den Kopf geworfen! Und du sagst ich würde keinen Funken Höflichkeit in mir besitzen!", zetert Kairyan genervt und verschränkt dabei trotzig die Arme vor der Brust.
„Ein Lob von einem Taugenichts bedeutet mir auch nichts. Ember hingegen hat mir bereits bei unserer ersten Begegnung gezeigt, dass sie meinen Respekt eindeutig verdient", erklärt der Muskelberg vor uns ausdruckslos woraufhin Kalens Augen zu funkeln beginnen. Verwirrt schiele ich zu ihm, doch er scheint weiterhin lediglich den Beobachter spielen zu wollen.
„Wann? Während des ersten oder des zweiten Mals, als sie dich charmant vor den Kopf gestoßen hat?", entgegnet Kairyan fies grinsend und erntet wütendes Schnauben seitens Arryn.
„Deinem Erbsenhirn mag es möglicherweise entgangen sein, doch Ember hat mich nicht vor den Kopf gestoßen. Sie hat ihren Platz als der Stärkere geltend gemacht. Ich habe mich demzufolge zu fügen", erklärt er genervt und zuckt mit den Schultern.
„Platz als der Stärkere? Sie hat dich doch nur ein einziges Mal berührt. Du tust ja fast so, als hätte sie dich in einem Kampf geschlagen", lacht Kairyan woraufhin Arryn mich von unten herab fokussiert. „Das hat eindeutig ausgereicht, glaube mir", murmelt dieser woraufhin ich verschmitzt grinse. „Ich fühle mich geschmeichelt, Arryn", entgegne ich während Kalen neben mir, die vor seinem Mund gefalteten Hände sinken lässt.
„Wie mir scheint habt ihr drei euch bereits vor dem Beginn der ersten Etappe kennengelernt", wirft er in die Runde und erntet stummes Nicken. „Wie schön..Freundschaften, die während solch einer Ausnahmesituation entstehen halten meist auch ein Leben lang", meint er nun mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen.

Es ist das erste Mal, dass ich eindeutig erkennen kann, dass seine Worte wahrhaftig seinen Empfindungen entsprechen. Fasziniert starre ich ein wenig zu lange auf sein Gesicht woraufhin ich mich geniert abwende, als sein Blick mich aus den Augenwinkeln trifft.

Blind FireWhere stories live. Discover now