- Kapitel 13 -

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Mit einem lauten Knall treffen meine Schuhsolen auf den Boden, woraufhin der dichte Nebel um mich herum zur Seite weicht und in Schwaden an mir vorbeizieht. Hastig kappe ich die Glutleine und nicke meiner neusten Bekanntschaft zum Abschied zu, ehe ich mich auch schon aus dem Staub mache. Immerhin habe ich sie als Geisel genommen und sie gezwungen mich auf ihrem Stab mitzunehmen, wer weiß wie sie mir gegenüber tatsächlich eingestellt ist.

Schmunzelnd spotte ich über meine paranoiden Gedanken, da Luftmagier bekannt für ihr ehrliches Wesen sind. Wenn ihnen jemand oder etwas nicht passt, ist es ihnen in den meisten Fällen anzusehen. Sie zählen zu den direktesten Magierklassen, vermeiden Streit und Kämpfe allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem es unausweichlich darauf hinausläuft. Dennoch, Vorsicht ist besser als Nachsicht, nicht wahr?

Weitestgehend orientierungslos laufe ich auf die linke Schlucht zu, die sich entlang des gesamten Erdstreifens zieht, in der Hoffnung dort auf keinen der anderen Teilnehmer zu treffen. Meine momentane, oberste Priorität ist herauszufinden, was sich vor meiner Nase abspielt. Meine Augen kann ich hierfür wohl nicht einsetzen. Ich sehe kaum einen Meter vorwärts und hoffe inständig darauf nicht gegen die magische Barriere zu knallen, die den Erdstreifen von der Schlucht trennt. Möglich wäre es, wenn man bedenkt wie oft ich heute schon in irgendjemand oder irgendetwas hineingerannt bin.

Genervt schüttle ich den Kopf darüber und verlangsame mein Tempo, als die Schwingungen des Untergrunds schwammiger werden. Das bedeutet, dass ich der Barriere schon sehr nah bin. Langsam und vorsichtig mache ich einen Schritt nach dem anderen und habe dabei meinen Arm ausgestreckt. Plötzlich berühren meine Fingerspitzen eine harte, undurchdringbare Wand, woraufhin sich ein kleines zufriedenes Lächeln auf meine Lippen legt. „Na also, gefunden", murmle ich grinsend und knie mich auf den Boden. Mit der flachen Hand auf den Untergrund gedrückt konzentriere ich mich auf die Schwingungen, die von dem umliegenden Areal ausgehen. Zunächst werfe ich einen Blick in die Richtung aus der ich gekommen bin, um zu sehen, wie weit die anderen zurückliegen. Meinen Einschätzungen nach zufolge sind es knapp um die hundert Meter, die mich vom nächsten Verfolger trennen.

Zufrieden richte ich meine Aufmerksamkeit nun auf den weitaus interessanteren Bereich des Schauplatzes, nämlich den vor mir. Vereinzelt erreichen mich kleine Schwingungen, die auf bedachte und leise Bewegungen hindeuten. Es ist weitaus weniger chaotisch und willkürlich, als es im hinteren Bereich der Fall ist. Ich lag mit meiner Vermutung wohl richtig. Hier vorn befinden sich ausschließlich die Spitzenreiter.

Nachdenklich fasse ich mir ans Kinn und plane meine nächsten Schritte. Die Gegner vor mir sind weitaus gefährlicher, das sieht man schon allein daran, wie still und leise sie sich fortbewegen. Sie sind darauf erpicht keinen Lärm zu machen, um ihre Position nicht preiszugeben. Sie bekriegen sich nicht blindlings, wie die restlichen Teilnehmer bisher, sondern versuchen sich taktisch auszuschalten. Genervt rolle ich mit den Augen, da mir klar wird, dass mir die nicht nachdenkenden Magier dort hinten weitaus lieber waren, als diese hier. Ich kann nicht einfach mitten durchs Schlachtfeld rennen, wie zuvor. Zu groß ist das Risiko in eine Falle zu laufen. Leider versperrt der Nebel mir die Sicht, weshalb ich auch keinerlei Möglichkeiten habe eventuelle Verstecke zu erspähen. Schmunzelnd starre ich nach vorn und tippe mir gegen die Wange. Fürs erste wird es wohl das Cleverste sein mich entlang der Barriere zu hangeln. Auf diese Weise kann ich zumindest Angriffe von links ausschließen und mich auf die übrig gebliebenen Richtungen konzentrieren, bis mir ein besserer Plan eingefallen ist. An Ort und Stelle zu bleiben halte ich nämlich für eine weitaus dümmere Idee, da die zurückliegenden Teilnehmer schließlich auch irgendwann aufschließen werden und ich nicht sagen kann, ob mich einer der Spitzenreiter nicht schon längst ins Visier genommen hat. In Bewegung zu bleiben ist also meine einzige Option.

Immer wieder erreichen mich kleine Wellen von leisen Schritten unweit vor mir und lassen meine Nervosität ansteigen. Auch wenn der Nebel mir momentan die Lage erschwert, so hat er auch etwas Positives. Ich kann die anderen zwar nicht sehen, doch dafür können sie es auch nicht. Abgesehen von den zwei Erdmagiern, die sich unter der Erdoberfläche vorwärtsgraben. Ich bezweifle allerdings, dass sie auf Konfrontationskurs sind. Ich vermute eher, dass sie sich den Weg bis ans Ziel unentdeckt freischaufeln wollen und dabei im Untergrund verweilen. Immerhin bin ich unter diesen Umständen solange geschützt, bis ich einem meiner Gegner in die Arme laufe oder sich der Nebel wieder verzieht.

Plötzlich ertönt ein lautes Surren eines starken Orkanwindes, gefolgt von gepresstem Murren, dessen Echo in alle Richtungen ausgedehnt wird. Schnell knie ich mich erneut auf den Boden und versuche herauszufinden, wo sich die Quelle des Ausbreitungsortes befindet und stelle erfreut fest, dass ich mich für die richtige Seite entschieden habe, als ich zuvor auf die linke Barriere zulief. Dennoch, auch wenn die Gefahrenquelle sich rechts von mir befindet sollte ich versuchen weiter vorwärts zu kommen.

Die unheimliche Stille, die wieder eingekehrt ist, hinterlässt ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, während ich weiterhin meine Augen offen halte. Ein erneutes Echo eines Luftmagierangriffs lässt mich stoppen und mein Blick schnellt dieses Mal nach oben. Ich müsste eine gute Chance haben den Angreifer zu entdecken, da er durch seine Luftmagie auch den Nebel beiseite gefegt haben muss. Zumindest in der Laufbahn seines Angriffs. Tatsächlich erspähe ich wenige Meter über dem Boden einen jungen Mann, der gemeinsam mit einem blonden, langhaarigen Mädchen auf einem großen Wassertropfen steht. Das Mädchen vollführt einige kurze Bewegungen, die den Nebel um sie herum wieder dichter werden lässt, ehe sie aus meinem Sichtfeld verschwinden.

Erstaunt hebe ich eine Braue und einen meiner Mundwinkel an. Eine seltsame Kombination wenn man darüber nachdenkt, doch sie scheint recht gut zu funktionieren. Eine Wassermagierin, die gemeinsame Sache mit einem Luftmagier macht sieht man nicht oft. Im Normalfall sind sich die beiden Magierklassen nämlich nicht gerade freundlich gestimmt.

Generell gibt es auch immer wieder Reibereien zwischen einigen anderen Magierklassen. So verhält es sich üblicherweise auch mit Gravitatoren, die die Schwerkraft beherrschen, und den Erdmagiern. Letztere sind nämlich der Ansicht, das Gravitatoren die natürliche Ordnung der Natur durcheinander bringen. Wobei, wenn sie ehrlich wären, eigentlich nur der enorme Nachteil der Erdmagier der tatsächliche Grund ihres Grolls ist. Gravitatoren sind nämlich in der Lage jegliche Zauber und Angriffe der Erdmagier zu negieren, was eben genannten Zauberern überhaupt nicht gefällt. Die Klasse, die allerdings am meisten aneckt ist die Klasse der Energiemagier, was im Übrigen auch der Grund dafür ist, dass mein Vater eine nicht Magierin heiratete. Sie kommen beispielsweise überhaupt nicht mit Eismagiern klar. Die explosive Art der Energiemagier verträgt sich nicht sonderlich gut mit der desinteressierten und abweisenden Eigenschaft der Eismagier. Genauso wenig zählt die Klasse der Dunklen Magier zu ihren Freunden. Die meist hinterhältige und durchtriebene Art der dunklen Klasse lässt sie oftmals vor Wut explodieren. Was sie allerdings am meisten an ihnen stört ist ihre Cleverness. Energiemagier besitzen in den meisten Fällen zwar stark ausgeprägte Kräfte, doch Intelligenz, Geduld und Raffinesse findet man nur selten in ihrem Repertoire.

In allen Fällen ist es ein skurriles Bild, welches sich mir eben offenbart hat und zeigt mir, dass ich um einiges vorsichtiger sein muss, als ich angenommen hatte. Wer weiß, welche Konstellationen sich noch gefunden haben.

Blind FireWhere stories live. Discover now