- Kapitel 28 -

3.3K 239 17
                                    

Nachdem sich auch der Rest der Teilnehmer im Speisesaal eingefunden hat wird auch schon das heutige Abendmahl serviert. Kalen meinte, dass es sich um ein drei Gänge Menü handeln würde, dessen einzelne Gänge ich in vollen Zügen genieße. Nach diesem anstrengenden Tag hätte ich mich vermutlich genauso sehr über ein trockenes Stück Brot gefreut, wie momentan über das servierte Dessert.

Die Atmosphäre während des Essens ist angenehm und wirkt locker. Auch wenn nahezu alle sich in diesem Raum befindenden Teilnehmer Konkurrenten sind, so herrschen angeregte Gespräche, leises Lachen, scherzhafte Bemerkungen oder ernstere Themen, die den weiteren Verlauf des Duells betreffen.

Auch an unserem Tisch ist die Stimmung ausgeglichen. Kairyan erfreut sich an seinem fünften Bierkrug während Arryn immer wieder versucht ihm ein Glas Wasser unterzujubeln. Schmunzelnd stelle ich fest, dass Arryn ein wahrlich guter Mensch zu sein scheint, selbst wenn er stets versucht dies zu verbergen. Kalen neben mir nippt zufrieden an seinem zweiten Weinglas während ich mich strikt an Arryns Mineralwasserflasche beteilige.
„Du säufst wie ein Loch! Du bist ja schon total betrunken", zetert Arryn und entreißt Kairyan den noch halbvollen Bierkrug, woraufhin dieser sich wütend beschwert und nach dem Krug greift.
„Halt die Schnauze. Für wen hältst du dich? Meine Mutter?", entkommt es ihm leicht lallend während Arryn mit den Augen rollt.
„Deine Mutter würde sich für dich schämen wenn sie dich so sehen könnte", zischt er genervt und hält den Krug weiterhin nach oben.
„Was weißt du schon? Du kennst meine Mutter doch nicht einmal!", blafft der Blondschopf zunehmend aggressiv woraufhin Kalen die Mundwinkel hebt. „Nun gib schon her, ich habe mir das heute redlich verdient", jammert Kairyan mit angestrengtem Gesichtsausdruck, während er bereits zur Hälfte auf Arryns Schoß gekrabbelt ist.
„Verdient? Du nennst dich verprügeln zu lassen wirklich eine erbrachte Leistung, die es rechtfertigt dich zulaufen zu lassen?", kontert Arryn lachend und versucht Kairyan von sich zu schieben.

Ich verfolge kopfschüttelnd die Szene vor mir und fasse mir ungläubig an die Stirn. Ein leises, melodisches Lachen erklingt neben mir.
„Die beiden sind wahrhaft etwas anderes", murmelt er und verschränkt die Arme dabei.
„Ja, sie sind wahrhafte Idioten", entgegne ich seufzend woraufhin ich einen frechen Seitenblick seinerseits erhasche.
„Nun, das mag sein, doch sie scheinen deine Idioten zu sein", kontert er grinsend woraufhin ich erneut nur den Kopf schütteln kann. Ich werfe einen weiteren Blick auf die beiden sich zankenden Trottel und spüre unweigerlich ein Zucken meiner Mundwinkel. So viel Pech kann ein Mensch doch nicht haben, oder?, frage ich mich schmunzelnd und seufze.

„Kairyan, benimm dich nicht wie ein Kleinkind. Trink ein Glas Wasser, danach wird Arryn dir deinen Krug zurückgeben, in Ordnung?", versuche ich zu schlichten und ernte ein zustimmendes Kopfnicken seitens Arryn, während der Blondschopf einen argwöhnischen Blick zu seinem Sitznachbarn wirft. „Nur eins? Pfft, ich verdopple! Dann bekomme ich aber auch zwei Bierkrüge!", entgegnet er energisch und hält dabei zwei seiner Finger ausgestreckt in die Höhe, während er triumphierend grinst. Ein resigniertes Seufzen ertönt seitens Arryn während Kalen sich lachend mit einem Finger ans Kinn fasst. „Nun, eines muss man ihm lassen..er ist ein schlauer Idiot", flüstert er mir zu und hat sich dabei etwas zu mir gebeugt. Ergeben seufze auch ich und zucke mit den Schultern.

Der Abend schreitet voran und ehe ich mich versehe steht General Sekurion am Rande der freien Fläche in der Mitte des Raumes und räuspert sich. Auch er hat seine formelle Uniform durch einen schwarzen Anzug eingetauscht, der seine breiten Schultern und seine üppigen Oberarme betont. Er ist mit Abstand der einzige Energiemagier, der solch eine intensive und gelichzeitig ruhige Aura ausstrahlt trotz seiner Magierklasse.
„Ich bitte um einen Moment der Aufmerksamkeit!", beginnt er, woraufhin jegliche Gespräche und scherzhaftes Gelächter verstummen. „Es wird an der Zeit die heutigen Festlichkeiten beginnen zu lassen. Aus diesem Grund möchte ich die heutige Etappensiegerin darum bitten sich zu mir zu begeben, um den Eröffnungstanz zu vollführen", fährt er fort und sieht anschließend ausdruckslos in meine Richtung. Ohne zu zögern erhebe ich mich und schreite die wenigen Meter, die mich von ihm trennen auf ihn zu und bleibe zu seiner Rechten stehen. „Ihnen steht die Ehre zu einen beliebigen Tanzpartner zu erwählen. Um ihnen ihre Situation zu erleichtern möchte ich diejenigen, die den ersten Tanz des Abends mit Miss Akela vollführen möchten, darum bitten sich zu erheben und vorzutreten", richtet er sein Wort nun an die Menge. Augenblicklich verlassen einige junge Magier ihre Plätze und schreiten durch die aufgestellten Tischreihen, ehe sie vor mir zum Stehen kommen. Es ist durchaus rücksichtsvoll meine Blindheit zu berücksichtigen ohne sie konkret zu erwähnen. Ich empfand General Sekurion schon seit jeher als bodenständige und ehrenhafte Person, doch mit dieser Aktion hat er sich weitere Sympathiepunkte bei mir eingeholt.

Unauffällig lasse ich meinen Blick über die aufgereihten Magier gleiten und bleibe relativ mittig an General Veros hängen, der freundlich lächelt und formell eine seiner Hände über der rechten Brust positioniert hat. Überrascht von seiner Bereitschaft mit mir zu tanzen hebe ich die Brauen, gehe allerdings unbeirrt weiterhin die Reihe durch. Ich entdecke am rechten Ende der überschaubaren Schlange Arryn, Kairyan sowie auch General Kalen. Locker hat er die Hände hinter seinem Rücken verschränkt während Arryn stramm steht. Kairyan hingegen schwankt etwas und stützt sich immer wieder dezent an Arryns Oberarm, der ihm missbilligende Blicke zuwirft.
„Ich sagte dir doch, dass du nicht so viel trinken sollst", zischt Arryn angesäuert und drückt den schwankenden Blondschopf zur Seite. Ein ungläubiges Grinsen schleicht sich auf meine Lippen, da ich allmählich den Eindruck gewinne, einem bereits lang verheirateten Ehepaar zuzusehen. Mein Blick schweift unauffällig zu Kalen, der ein charmantes Lächeln auf den Lippen trägt und mir dezent zuzwinkert. Meine linke Braue zuckt dabei, da er mir erneut unter die Nase reibt, dass er genauestens über mein Geheimnis Bescheid weiß. Ich beschließe mir allerdings nichts anmerken zu lassen und werde ohnehin von General Sekurions Worten aus den Gedanken gerissen.
„Nun, Miss Akela, es haben sich einige Magier vor ihnen eingefunden, die sehr gern mit ihnen die Festlichkeiten eröffnen würden. Ich möchte sie nebenbei darauf hinweisen, dass ich selbstverständlich auch zur Auswahl stehe", richtet er eintönig sein Wort an mich woraufhin ich überrumpelt die Brauen hebe. Ich hatte tatsächlich nicht damit gerechnet, dass auch er sich als mein Tanzpartner anbieten würde. Andererseits jedoch ist es nicht sonderlich abwegig. Schließlich ist er die Nummer Eins der Generäle. Welchen Eindruck würde es wohl erwecken wenn er sich nicht aufstellen lassen würde.
„Hier! Emberlein, nimm mich! Wähle mich aus!", ruft Kairyan aufgeregt und wedelt dabei mit der Hand in der Luft herum. Perplex beäugen ihn die restlichen Anwesenden woraufhin sich auch Veros zu Wort meldet.
„Wenn sie erlauben, Miss Akela, würde ich sehr gern den Tanz mit ihnen eröffnen", meint er nun und verbeugt sich höflich.

Plötzlich melden sich auch die anderen zu Wort und erklären sich bereit dazu, mein Tanzpartner zu sein. Etwas überfordert mit der Situation entweicht mir ein entschuldigendes Lächeln während ich mir nervös an den Hinterkopf fasse. Eine schreckliche Angewohnheit meinerseits, die immer dann Oberhand gewinnt wenn ich nichts anderes mit meinen Händen anzufangen weiß.
„Ich bitte sie darum mir die Ehre zu erweisen und mir diesen Tanz zu schenken. Sie sind die Einzige, die ich am heutigen Abend über die Tanzfläche führen möchte. Ich bin mir der ernstzunehmenden Konkurrenz bewusst und möchte sie keineswegs in eine prekäre Situation bringen, dennoch richte ich diese egoistische Bitte an sie", ertönt Kalens melodische Stimme abschließend, während er sich ebenfalls formell verneigt ehe er einen Schritt auf mich zumacht und galant nach meiner Hand greift um erneut einen flüchtigen Kuss auf meinen Handrücken zu hauchen.

Mit weit aufgerissenen Augen starre ich auf ihn herab während sich argwöhnisches Schnauben bei den anderen breit macht. Lediglich General Sekurion hebt amüsiert einen seiner Mundwinkel und hat die Arme hinter seinem Rücken verschränkt. Auch wenn ich weiß, dass Kalen und ich bereits im Vorfeld die Abmachung trafen den Eröffnungstanz gemeinsam zu vollführen, so bin ich dennoch überwältigt von seinen überaus charmant gewählten Worten, die eigentlich überhaupt nicht nötig gewesen wären, da ich mich ohnehin für ihn entschieden hätte.

Blind FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt