- Kapitel 55 -

3.2K 228 14
                                    

Ich habe das Gefühl mir dreht sich der Magen um. Ich wäre also innerhalb der letzten Stunden beinahe gestorben und auch noch disqualifiziert worden. Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, habe ich von Letzterem rein gar nichts mitbekommen.
Besorgt mustert er mich und greift sachte nach meiner Hand.
„Ember..das alles muss jetzt sehr überwältigend für dich sein, doch bitte glaube mir, dass dir keinerlei Gefahr droht. Ich habe mich um alles gekümmert. Er kann dir nichts mehr antun, selbst wenn wir ihn nicht überführen können, sind ihm nun die Hände gebunden", versucht er mich zu beruhigen, doch leider nur mit mäßigem Erfolg.
„A-Aber jetzt wissen doch alle über meine Magierklasse Bescheid! Wie soll ich denn da in Sicherheit sein? Jetzt werden mich doch erst recht alle ins Visier nehmen", stelle ich erschrocken fest und raufe mir die Haare.
„Das ist wirklich das einzige, was dir momentan Sorgen bereitet?", fragt er ungläubig und neigt den Kopf dabei.
„Natürlich! Ich habe noch eine Etappe zu bestreiten! Wenn ich so kurz vor dem Ziel scheitern würde, nur weil sich alle gegen mich richten, würde ich mit dieser Schmach nicht weiterleben können!", fahre ich ihn überfordert an, woraufhin er lachend mit den Augen rollt.
Fassungslos starre ich ihm entgegen und boxe ihm kraftvoll gegen die Schulter.
„Wenn du so weiter machst bekomme ich noch einen blauen Fleck an der Stelle", jammert er und legt sich gespielt verletzt die Hand auf die Schulter. Ich rümpfe meine Nase und verschränke meine Arme vor der Brust. Wie kann er denn nur so ruhig und entspannt bleiben und auch noch zu Scherzen aufgelegt sein?!
„Ember, deine Sorgen sind völlig unbegründet. Du bist clever und stark genug, um das Duell für dich zu entscheiden. Selbst wenn du es morgen mit allen restlichen Teilnehmern auf einmal zu tun bekommst weiß ich, dass du letztlich als Siegerin hervorgehen wirst. Das du dazu fähig bist, hast du heute mehr als bewiesen", meint er mit ehrlicher Miene und umfasst meine Hand enger.
Überrumpelt von seinem Kompliment und seinem grenzenlosen Vertrauen in mich und meine Stärke bringe ich kein Wort heraus. Alles, zu was ich momentan im Stande bin ist ihn bedröppelt anzustarren.

„Ember..es tut mir leid dich in diese Situation gebracht zu haben. Ich hätte dich bereits von Anfang an in alles einweihen sollen. Dass das ein Fehler war weiß ich jetzt. Ich wollte einfach sicher gehen, dass du dich unter allen Umständen normal verhältst. Das du nun an deinen Kräften und an dir selbst so zweifelst war nie meine Absicht", meint er sanft und streicht langsam über meine Finger, die kraftlos auf seiner Handfläche ruhen. Ich zwinge mich dazu wieder zur Besinnung zu kommen und blinzle mehrfach.
„Wie-Wie habt ihr das denn alles herausgefunden? Es waren doch nichts weiter als Spekulationen, oder nicht?", frage ich mit heiserer Stimme und schlucke angestrengt.
„Wie du weißt zähle ich zur Klasse der dunklen Magier und habe mich auf Schatten spezialisiert. Dementsprechend entgeht mir auch nichts, was sich im Verborgenen abspielt..Es gelang mir einige Gespräche zwischen Henry und drei mir unbekannten Magiern aufzuschnappen, während wir die Festlichkeiten der ersten Etappe feierten. Auch Levion hatte einige Anhaltspunkte sammeln können, durch seine Fähigkeit in die Zukunft zu blicken, doch leider verhält es sich mit der Zukunft anders als mit der Vergangenheit.
Anders als diese ist die Zukunft nämlich nicht fest in Stein gemeißelt. Jede Entscheidung eines Jeden ändert den Verlauf der Zukunft, weshalb Levion nicht mit Sicherheit sagen konnte was geschieht und wer letztlich verantwortlich für alles sein würde. Ihm blieb ebenfalls nichts anderes übrig, als abzuwarten. Er hatte versucht die Zukunft in die richtige, weniger katastrophale Richtung zu lenken. Du erinnerst dich? Er sagte dir du solltest deine Wunden besser versorgen, nicht wahr? Das tat er, da die Version der Zukunft in der du das tust zu einem etwas weniger katastrophalen Ende gekommen wäre. Leider hat diese einzelne Entscheidung allein nicht ausgereicht um den Verlauf der Geschichte komplett zu ändern", erklärt er mit ernster Miene, weshalb ich ihm aufmerksam zuhöre.

Die Gedanken in meinem Kopf drehen sich, überschlagen sich.
General Veros hat die Attentäter beauftragt? Allmählich zähle ich eins und eins zusammen. Natürlich, er gehört schließlich zur Klasse der Lichtmagier, welche die Magie des Feuers nicht beherrschen. Demnach musste er die Feuermagier engagiert haben. Doch was Kalen mir soeben über Levion preisgab muss ich zunächst einmal verdauen. „Levion..hat was?..Willst du mir damit sagen, dass Levion zur Klasse der Zeitmagier zählt?!", entkommt es mir perplex, da ich einfach nicht fassen kann, was er mir gerade erzählt.
„Ja..Er ist der einzige unter uns, der die Magie der Zeit beherrscht", bestätigt er und sieht mir verwundert entgegen. „Ich dachte du wusstest das", entschuldigt er sich und kratzt sich am Hinterkopf. „Ihr habt also beide über Veros und seinen Plan Bescheid gewusst und ihr habt es nicht für nötig gehalten mich darüber in Kenntnis zu setzen", stelle ich niedergeschlagen fest und massiere mir die Schläfen.
„Es tut mir leid, Ember..Wie ich bereits sagte, ich wollte einfach, dass du dich ihm gegenüber normal verhältst", wiederholt er seine Worte von zuvor und seufzt schuldbewusst. „Dass er so weit gehen würde hatte ich nicht kommen sehen. Er befahl den Attentätern die Teilnehmer des Duells anzugreifen. Ganz besonders dich. Da mir leider, wie bereits erwähnt, entscheidende Beweise fehlten konnte ich nichts weiter tun, als zu versuchen dich so gut ich konnte zu beschützen. Aus dem Grund war ich noch aufmerksamer, als sonst..dennoch wärst du um ein Haar gestorben..Nicht einmal der magische Ring, den ich dir gab, konnte irgendetwas bewirken..", flüstert er den letzten Teil und zieht die Brauen zusammen. „Bitte verzeih mir Ember..ich bin wohl ein echter Versager als Bindungspartner..wenn ich es nicht einmal schaffe meine Aufgabe zu erfüllen und dich zu beschützen", lacht er humorlos auf und wendet den Blick ab.

Mit erhobenen Brauen mustere ich ihn und festige den Griff um seine Hand. Auch wenn ich nach wie vor wütend auf ihn bin, da er mich einfach die ganze Zeit über im Unklaren gelassen hat, so kann ich es nicht ertragen ihn so niedergeschlagen zu sehen. „Aber nicht doch..Du hast nicht versagt. Du hast mir das Leben gerettet", meine ich mit Nachdruck in der Stimme. „Mehr als das..Du hast meinen Regelverstoß für dich behalten, es sogar vertuscht, nur um mich zu schützen. Der Ring an meinem Finger hat mir in dem Teleportationskanal vielleicht nicht helfen können, doch allein die Tatsache ihn bei mir zu haben, zu wissen, dass er von dir ist, hat mich beruhigt", fahre ich fort und setze mich ächzend auf, was mir einen besorgten Blick seinerseits einbringt. Er will schon protestieren und mich dazu bringen, mich wieder hinzulegen, doch ich stoppe ihn durch eine Handbewegung.
„Ich möchte dir von ganzem Herzen danken, Alastair. Du musst wissen, dass ich bislang stets auf mich allein gestellt war. Der einzige, der mir je geholfen hatte ist mein Lehrmeister und ich hatte es nicht für möglich gehalten, dass außer ihm jemals ein anderer auf die Idee kommt mir beizustehen. Doch dann traf ich auf dich..und nun sieh dir an, was du für mich getan hast. Solche Risiken einzugehen und das auch noch als einer der zwölf Generäle des schwarzen Rings..damit hätte ich im Traum nicht gerechnet", meine ich lächelnd und schließe dabei meine Augen.

Blind FireWhere stories live. Discover now