- Kapitel 38 -

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Die Zeit, die uns zur Besprechung zur Verfügung stand, verflog nahezu in Lichtgeschwindigkeit. Ehe ich mich versah, fand ich mich zusammen mit den restlichen Teilnehmern in unseren jeweiligen Wartebereichen wieder.
Arryn, der sich neben mich an die Wand lehnt, wirkt entspannt, doch ich habe den Eindruck, dass das nur Fassade ist. Auch ich muss gestehen, dass ich nervös bin. Ab sofort verlieren die Magier, die hier scheitern ihre Zauberkräfte. Ich würde lügen wenn ich behaupten würde, dass mich das völlig kalt lässt. Ich weiß zwar in etwa, was auf uns zukommen wird, doch General Kalens Andeutungen blieben recht vage weshalb ich nicht sonderlich viel über den Aufbau der zweiten Etappe schließen konnte. Alles, was ich weiß ist, dass heute unsere Persönlichkeiten auf die Probe gestellt werden, wie sich die Kriterien zusammensetzen ist mir allerdings unbekannt. Setzen die Generäle eher auf mentale Stärke? Auf Durchhaltevermögen? Auf Loyalität? Auf Ehrlichkeit? Leider konnte ich Kalen kein einziges weiteres Wort entlocken weshalb ich es letztlich gut sein ließ. Seine Gedanken diesbezüglich rührte ich nicht an, da es einen Regelverstoß darstellen würde und ich mein Glück nicht überstrapazieren wollte.

„Ich freue mich euch heute zur zweiten Etappe begrüßen zu dürfen", reißt mich Sekurions Stimme aus meinen Gedanken. Ich war so vertieft, dass ich überhaupt nicht merkte, dass ein Übertragungsmonitor erschien.
„Ich denke es ist mehr als logisch, dass auch heute dieselben Regeln greifen, wie am gestrigen Tag. Aus diesem Grund werde ich mir die Zeit sparen und diese nicht noch einmal wiederholen. Ich fordere euch hiermit auf, euch bereit zu machen. In wenigen Minuten werdet ihr von einem Ordensmitglied abgeholt und man wird euch zum heutigen Austragungsort geleiten. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg und möchte nochmals daran erinnern, dass euch bei heutigem Scheitern eure Zauberkräfte genommen werden – Also strengt euch an", beendet er seine Ansprache woraufhin der Monitor auch schon wieder verschwindet. Gemurmel macht sich breit und auch Arryn spannt seine Schultern an.

Stumm folgen wir dem Ordensmitglied, entlang der verwinkelten Korridore. Ich frage mich, wie man hier nur den Überblick behalten kann. Für mich ist das natürlich kein Problem. Dank der Impulstechnik kann ich so gut, wie nicht verloren gehen, doch Magier, die diese Technik eben nicht beherrschen müssten doch völlig aufgeschmissen sein?

„Bitte stellt euch auf die Teleportationsfläche. Der folgende Ablauf entspricht dem Gestrigen. Sobald ihr auf der anderen Seite des Portals seid sammelt ihr euch und wartet auf weitere Anweisungen der Generäle. Ich wünsche auch heute viel Erfolg", richtet das Ordensmitglied sein Wort an uns, was wir nickend quittieren und darauf warten teleportiert zu werden.
Auch heute gab es wieder etliche Theorien, wie der zweite Schauplatz wohl aussehen mag. Auf die Idee, dass es heute um die Persönlichkeit der Teilnehmer geht, ist natürlich niemand gekommen. Viele setzten auf eine Art Capture the Flag oder eine Schnitzeljagd der besonderen Klasse. Zugegeben, die Theorien erschienen mir heute wesentlich wahrscheinlicher, als noch am Vortag, doch ich wusste es besser.

Als sich der bläuliche Nebel um uns herum lichtete, fanden wir uns in einer stockdunklen Umgebung wieder. Die einzige Lichtquelle, die es hier gab, bestand aus einem großen Übertragungsbildschirm, der weißes Licht absonderte. Um uns herum bricht nervöses Getuschel aus. Viele fragen sich, ob bei der Teleportation etwas schief gegangen sei und wir nun in einem der gefürchteten Portallöcher festsitzen. „Na, damit hat wohl keiner gerechnet", murmelt Arryn neben mir, während ich mehrere Impulse an den Untergrund abgebe, um mir ein besseres Bild zu verschaffen. Meterweit befindet sich absolut nichts. Kein Gegenstand, keine Person, lediglich Leere. Stirnrunzelnd knie ich mich hinab, um es noch einmal zu versuchen, doch wieder, nichts als Leere. „Wie mir scheint sehen wir die Welt heute wohl mit deinen Augen, Emberlein", ertönt Kairyans Stimme scherzhaft hinter mir, der sich auf uns zubewegt. „Hast du keine anderen Freunde denen du auf die Nerven gehen kannst?", murrt Arryn genervt und verschränkt die Arme vor der Brust. „Bedauerlicherweise nicht", kontert der Blondschopf, dessen helles Haar bei diesem Licht beinahe bleich wirkt, amüsiert und setzt ein neckisches Grinsen auf.
„Das ist wirklich merkwürdig..", murmle ich, die Zankerei der beiden ignorierend.

„Herzlich Willkommen auf dem Schauplatz der zweiten Etappe!", erklingt General Resus feine Stimme durch den Bildschirm, ehe sie auch schon eingeblendet wird. Ihre uniformelle Kopfbedeckung gibt dabei nur einen kleinen Teil ihrer braunen Haarpracht preis. Ein schwarzer Strich über ihren Augenliedern ziert ihren Blick und verleiht ihm eine gewisse Tiefe, die durch ihre hellen Augen nur noch mehr zum Vorschein kommt. Ihre Lippen tragen ein leichtes Lächeln während sie auf uns hinabsieht. „Heute wird sich entscheiden, wer den Schneid besitzt sich wahrhaftig ein Mitglied des schwarzen Rings nennen zu dürfen", fährt sie fort und erntet verwirrte Gesichter allerseits. „Anders, als am Vortag, wird es nicht um spezielle Fähigkeiten gehen. Genauso wenig wird eure Magie beurteilt. Heute zählt einzig und allein euer Charakter, euer Wesen. Ihr werdet euch schwierigen Entscheidungen gegenüberstehend wiederfinden und je nachdem, welchen Weg ihr wählt, wird euch dieser entweder einen Schritt näher an euer Ziel führen oder euch letztlich ins Aus katapultieren", erklärt sie woraufhin hörbare Ausrufe der Verwirrung durch die Reihen wandern.
„Als Mitglied des schwarzen Rings ist es zwingend nötig zu beweisen, dass die eigenen moralischen Ansichten mit denen des schwarzen Rings übereinstimmen. Andernfalls ist der Schutz der Bürger des Königreichs nicht länger zu gewährleisten. Ihr müsst bereit dazu sein, euch eurem Herrscher, sowie auch eurem Reich bedingungslos hinzugeben. Das ist eine Aufgabe, der nicht jeder gewachsen ist und um diejenigen unter euch herauszufiltern, die unseren Kriterien entsprechen, habe ich diese Etappe kreiert", fährt sie fort während bei einigen Anwesenden nun der Groschen zu fallen scheint.
„Ein Persönlichkeitstest?", murmelt Kairyan mit erhobenen Brauen der ebenfalls mit verschränkten Armen neben mir steht und zum Bildschirm aufblickt.
„Angst zu versagen?", provoziert Arryn schmunzelnd und schielt dabei zu ihm.
„Pfft, das hättest du wohl gern", kontert der Blondschopf und rümpft die Nase.
„Der Ablauf gestaltet sich wie folgt. Wie ihr seht, befindet ihr euch momentan in einem sicheren Teleportationsloch, welches wir als Sammelstelle nutzen. Ihr werdet einzeln in jeweils andere Winkel des Teleportationskanals gebracht, in denen ihr euch eurer dortigen Aufgabe stellen werdet. Hierbei ist anzumerken, dass nicht jeder von euch die gleichen Aufgaben erhalten wird und einige von euch sich sogar mit anderen Teilnehmern im selben Teleportationsloch wiederfinden werden. Aus was genau sich eure jeweilige Aufgabe zusammensetzt werdet ihr von einem Ordensmitglied vor Ort erfahren, der den Prozess überwacht und dokumentiert. Je nachdem, wie ihr euch geschlagen habt wird man euch dann in ein weiteres Teleportationsloch bringen, in welchem die nächste Aufgabe auf euch wartet oder ihr werdet euch in eurem jeweiligen Wartebereich wiederfinden, wo den jeweiligen Verlierern ihre Zauberkräfte abgenommen werden. Die Menge an Aufgaben, die ihr meistern müsst, beläuft sich auf drei. Derjenige von euch, der als erster alle drei Aufgaben gemeistert hat ist der heutige Etappensieger. Ich wünsche viel Glück und hoffe auf eine gute zweite Etappe", beendet General Resu ihre Ansprache woraufhin ihr Abbild verschwindet und das grelle, beißende Licht erneut den Platz einnimmt.

Mit zusammengekniffenen Augen halten sich die meisten die Hand vors Gesicht während auch ich den Blick abwende, da es mir trotz meiner verdunkelten Gläser noch immer zu hell ist.
„Drei Aufgaben?", murmelt Kairyan nachdenklich während Arryn sich gleich mit dem gesamten Körper dem Licht abwendet.
„Nein, drei Entscheidungen", korrigiere ich und fasse mir grübelnd ans Kinn.
„Ist doch gehüpft wie gesprungen", nörgelt dieser schulterzuckend woraufhin ich ihm einen Seitenblick zuwerfe.

Nein, das ist eben nicht gehüpft wie gesprungen, denke ich mir und frage mich erneut, was die Generäle wohl von uns verlangen werden und worauf sie setzen.

Blind FireWhere stories live. Discover now