- Kapitel 36 -

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Nach dem Frühstück, welches von einer recht seltsamen Atmosphäre überschattet wurde, schlage ich den Weg zurück auf mein Zimmer ein. Begleitet werde ich von Kalen, der meinte, dass er noch etwas zwecks der zweiten Etappe mit mir besprechen wollen würde.
Arryn und Kairyan sind zurückgeblieben, da sie offensichtlich selbst noch einiges zu besprechen haben.
Lachend schüttle ich den Kopf darüber und werde schmunzelnd von Kalen beäugt.
„Dürfte ich den Grund für euer seltsames Verhalten an diesem Morgen erfahren?", meint er neugierig woraufhin ich abwinke.
„Kairyan und Arryn hatten gestern Nacht offenbar eine kleine Pyjamaparty", fasse ich die Situation kurz und knapp zusammen, woraufhin ich einen überraschten Gesichtsausdruck seinerseits ernte. „Ach ja? Nun, das würde zumindest die angespannte Stimmung erklären", entgegnet er lachend und lässt seine Zähne hervorblitzen. „Ich hoffe doch, dass diese Party lediglich zwei Teilnehmer umfasste?", fragt er keck und mit erhobener Braue, woraufhin ich leise auflache.
„Wieso? Höre ich da etwa Eifersucht heraus?", trieze ich ihn provokant und grinse dabei schelmisch. Er hingegen zuckt unmerklich mit der Braue und reckt sein Kinn dabei.
„Natürlich! Ich wäre gekränkt wenn mein Schützling die Nacht lieber mit zwei Konkurrenten verbringt, als mit ihrem Bindungspartner", entgegnet er süffisant, woraufhin mir erneut die Röte ins Gesicht steigt.
„In dem Fall hätten sie lediglich an meine Tür klopfen müssen wenn sie sich einsam fühlten, Sir", kontere ich spitz und überspiele meine Nervosität so gut ich kann. Überrascht hebt er die Brauen und seinen Mundwinkel an.
„Achtung meine Kleine..wenn du mir so leichtfertig Angebote, wie diese unterbreitest könnte ich mir tatsächlich überlegen auf sie einzugehen..", haucht er mir ins Ohr und schenkt mir sein teuflischstes Lächeln. Ich schlucke schwer und bin kurz davor einzuknicken, knallrot anzulaufen und verlegen zur Seite zu sehen, doch ich reiße mich zusammen, halte ihm stand.
„Achtung, Sir..wenn sie so leichtfertig mit solchen Aussagen um sich werfen könnte ich tatsächlich dazu geneigt sein heute Nacht auf sie zu warten", erwidere ich frech grinsend und bin unsagbar stolz darauf ihm solch einen unbezahlbaren Gesichtsausdruck entlockt zu haben. Seine Augen funkeln verschwörerisch und sein Mund klappt ein Stück weit auf.
„Wer weiß..wenn du dich heute gut schlägst werde ich dich vielleicht nicht umsonst warten lassen", entgegnet er mir grinsend, ehe wir vor meiner Zimmertür ankommen.

Mit klopfendem Herzen drücke ich die Klinke hinunter und trete ein, gefolgt von Kalen.
„Um das zu bewerkstelligen sollten sie mir vielleicht erst einmal offenbaren, was sie mit mir besprechen wollten, Sir", meine ich keck nachdem er die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ.
„Gutes Argument", stimmt er mir nickend zu und schreitet unbeirrt auf mein Bett zu. Ungezwungen lässt er sich rückwärts in die Laken fallen und verschränkt die Arme hinter seinem Kopf. Die Orden an seiner Uniform, die seine herausragenden Leistungen auszeichnen klimpern, während er es sich bequem macht. Mittlerweile sollte ich mich an diesen Anblick gewöhnt haben, doch es fühlt sich nach wie vor merkwürdig an ihn so entspannt und locker auf meinem Bett liegen zu sehen.

„Um direkt zum Punkt zu kommen, es geht um den Kommunikationskanal", setzt er mich ins Bilde woraufhin ich fragend eine Braue hebe.
„Das Siegel?", meine ich neugierig und ernte bestätigendes Nicken.
„Ganz recht. Das Siegel stellt eine mentale Verbindung zwischen uns her, welche uns erlaubt miteinander zu sprechen auch wenn wir meilenweit voneinander entfernt sind", wiederholt er seine Erklärung vom Vortag woraufhin ich mich langsam ans Bettende setze.
„Das sagten sie bereits. Sie haben Zugriff auf meine Gedanken", merke ich verwundert an woraufhin er leise auflacht.
„Sagte ich auch, dass das ebenfalls umgekehrt funktioniert?", fragt er grinsend während mir die Gesichtszüge entgleiten.
„Das..was? Wollen sie mir sagen, dass ich auch Zugriff auf ihre Gedanken habe?", hake ich verwirrt nach.
„Genau das will ich damit sagen", bestätigt er und schließt lächelnd seine Augen dabei.
„Soll das heißen, ich hätte seit dem Bindungsprozess einfach so ohne weiteres wissen können, was sie denken?!", entkommt es mir weitaus empörter als zuvor, während ich mich aufgebracht erhebe. Kalen hingegen öffnet eines seiner Augen und nickt. „Und wieso um alles in der Welt erfahre ich davon erst jetzt?!", fahre ich ihn zornig an.
Die halbe Nacht schlug ich mir, über ihn grübelnd, um die Ohren. Dabei hätte ich jederzeit Zugriff auf seine Gedanken gehabt und hätte ohne Probleme, jede meiner Fragen selbst beantworten können. Ich habe mich also völlig umsonst verrückt gemacht!

„Nun, weil es auf diese Weise viel amüsanter für mich war", beantwortet er schelmisch grinsend meine Frage und erntet ein wütendes Schnauben meinerseits. „Bitte verzeih, ich wusste nicht, dass dich meine Gedanken so sehr interessieren", entschuldigt er sich und vollführt eine abwinkende Geste mit der Hand. „Wenn du so dringend wissen willst, wie ich über dich denke und wie ich zu dir stehe, hättest du mich einfach fragen können", triezt er lachend und sieht mir mit schalkhaft funkelnden Augen entgegen. „Ich glaube es ist unnötig zu erwähnen, dass ich dir all deine Fragen beantwortet hätte, doch es rührt mich zutiefst, dass du nach langem Überlegen zu der Entscheidung gekommen bist mir einfach zu vertrauen. Ich kann dir versichern, dass ich auf deiner Seite bin", fügt er verschmitzt hinzu und spielt auf meine gestrige Krise an, bei welcher ich hin und her überlegte, drauf und dran war ihn darauf anzusprechen, ob er über meine Geheimnisse Bescheid weiß. Außer mir vor Wut balle ich meine Hände zu Fäusten und knirsche mit meinen Zähnen.
Und ich dachte Meister Tarik genießt es mich zu quälen, doch er ist nicht einmal ansatzweise ein Vergleich hierzu!

„Nun sieh mich nicht so anklagend an", meint er lachend und setzt sich etwas auf. „Ich habe es dir ja nun erzählt", fügt er grinsend hinzu, während ich ihn noch immer mit meinen Blicken erdolche, auch wenn er es durch meine verdunkelten Gläser nicht sehen kann. „Und das auch aus einem guten Grund", fährt er fort, ernster als zuvor, woraufhin ich meinen Mund verziehe und meine Arme vor der Brust verschränke.
„Ach ja? Na auf den bin ich ja Mal gespannt", nörgle ich und schnaube.
„Es ist wichtig, dass du weißt, wie du mit mir kommunizieren kannst während du die zweite Etappe bestreitest. Schließlich nützt es dir nichts zu wissen, dass ich deine Fragen hören kann, du aber meine Antworten nicht", erklärt er schulterzuckend und wirft mir einen zufriedenen Seitenblick zu. Es ist fast so, als würde ihn meine Reaktion umso mehr Freude bereiten, weshalb ich letztlich beschließe ihm keineswegs noch mehr Genugtuung zu bescheren. „In Ordnung, wie funktioniert das?", frage ich und setze mich erneut ans Fußende des Bettes. Überrascht hebt er seine Brauen ehe er mich schmunzelnd beäugt.
„Schließe deine Augen für den Anfang und konzentriere dich zunächst auf deine eigenen Gedanken. Versuche neben deiner eigenen inneren Stimme die Meine herauszufiltern", weist er mich an während ich bereits die Augen geschlossen habe. Ich befolge seine Anweisungen und versuche angestrengt seine Stimme im inneren meines Kopfes zu hören.

Alle Konversationen, die wir bisher führten, ziehen an mir vorbei. Jedes Mal wenn ich seine Stimme vernahm, jeder Satz, jedes Wort von ihm erklingt. Der melodische Klang seines leisen Lachens, seiner Worte, seines Flüsterns. Plötzlich vernehme ich Worte, an die ich mich nicht erinnern kann. Worte, die ich, gesprochen mit seiner Stimme, noch nie gehört habe.

Du siehst ausgesprochen niedlich aus wenn du so konzentriert bist"

Bei diesen Worten verkrampfe ich mich augenblicklich und reiße die Augen auf. Ich ziehe die Brauen zusammen und verschränke erneut die Arme vor der Brust.
„Was denn? Du wolltest doch wissen, was ich über dich denke, oder nicht?", meint er grinsend und zuckt nochmals mit den Schultern während sich ein dreckiges Grinsen auf seine Lippen schleicht.
„Sie sind unmöglich, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Sir", nörgle ich und ernte herzhaftes Lachen seinerseits.
„Weil du es bist lasse ich es ausnahmsweise durchgehen", entgegnet er lächelnd während er sich zu mir nach vorn beugt. Er stützt sich mit einem Arm auf der Matratze ab, während er den anderen galant über sein angewinkeltes Knie legt.
„Jetzt sind meine Gedanken dir schutzlos ausgeliefert..Ich kann nichts mehr vor dir geheim halten, weder was mich selbst betrifft, noch was andere betrifft. Ich hoffe du stehst genauso auf meiner Seite, wie ich auf deiner..", meint er leise und sieht mir eindringlich entgegen.
„..und hütest meine Geheimnisse, wie ich die Deinen", erklingen seine Worte nun plötzlich in meinen Gedanken woraufhin ich erstaunt den Blick hebe und meinen Mund einen Spalt weit öffne.

Blind FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt