- Kapitel 121 -

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Die Tage im Quartier General Sorins verstreichen in Windeseile. Auch die Trainingseinheiten mit Chronus zeigen endlich erste Früchte. Ich kann nicht in Worte fassen, wie dankbar ich ihm dafür bin. Doch nicht nur das hat mir diese Woche eingebracht. Auch die Bindung innerhalb unseres Trupps hat sich gefestigt. Ich fühle mich mittlerweile mehr als wohl in ihrer Gegenwart. Das offene und ehrliche Gespräch war genau das, was ich gebraucht hatte.
So fühlt sich das also an..Vertrauen zu genießen, Geborgenheit zu spüren, Teil von etwas großem zu sein.
Ein wahrhaft magisches Gefühl.
Auch wenn ich eine Magierin bin, Flammen entfachen kann, ihnen meinen Willen aufzwingen kann, so finde ich dennoch, dass das die wahre Form der Magie ist. Zwischenmenschliche Bindungen einzugehen, Vertrauen zu schenken und zu erhalten. Geborgenheit zu spüren und gleichzeitig zu geben. All das, ohne miteinander aufgewachsen zu sein, ohne Blutsverwandtschaft, ohne familiäre Zwänge, ohne Auflagen. Das ist wahre Magie.
„Hast du schon gepackt? Wir brechen noch vor Sonnenuntergang auf", reißt Salem mich aus meinen Gedanken, während er seinen Rotschopf durch den Türspalt schiebt. Erschrocken wende ich mich ihm zu und nicke stumm.
„Vergiss nicht, dass wir noch ein paar Trainingskämpfe vor uns haben", fährt er fort und sieht mir dabei eindringlich entgegen, da er mich auf das noch immer ausstehende Gespräch mit General Sorin aufmerksam machen will. Seufzend verdrehe ich die Augen und nicke ergeben.
„Ist ja schon gut, ich werde mit ihm sprechen bevor wir von hier verschwinden", entgegne ich kopfschüttelnd und ernte ein zufriedenes Grinsen seinerseits. So schnell wie er kam ist er auch schon wieder verschwunden, woraufhin ich mich meinem Füchschen zuwende.
„Einfach unfassbar, nicht wahr?", lache ich trocken auf und starre in hell leuchtende Augen. „Sieh mich nicht so an..ich weiß, dass er recht hat", murre ich ergeben und lasse die Schultern hängen. Ich sollte die Sache bereinigen bevor wir aufbrechen. Ich werfe erneut einen Blick auf mein Fellknäul.
„Na los komm, lass uns Levion suchen", meine ich und schreite auf die Tür zu.
Ich laufe streunend durch den Gebäudekomplex und suche gezielt nach Levions Magiefluss. Erstaunt verharre ich einen Moment in meiner Bewegung, als ich feststelle, dass er sich im Wintergarten befindet. Er scheint diesen Ort tatsächlich sehr zu lieben.
„Ember, wie schön dich zu sehen", erklingt seine melodische Stimme lachend, als wir uns dem Wintergarten nähern. Mit geweiteten Augen trete ich näher, dicht gefolgt von meinem Begleiter. Ich sollte nicht überrascht sein. Vermutlich hat Levion bereits vorhergesehen, dass ich mit ihm sprechen möchte.
„Setz dich doch", bietet er mir an, woraufhin ich Platz nehme.
„Levion ich-", beginne ich, werde jedoch von ihm unterbrochen.
„Wie hat dir die Woche hier bei uns gefallen? Hast du auch ordentlich aufgepasst, während Chronus' Unterrichtseinheiten?", schneidet er das Thema plötzlich an, weshalb ich unsicher auf meinem Stuhl hin und her rutsche.
„Es war schön, vielen Dank für die Möglichkeit. Ich habe viel von Chronus gelernt", meine ich unbeholfen und kratze mich verlegen am Hinterkopf, da mich die Situation ein wenig irritiert.
„Aber das ist nicht der Grund weshalb ich hergekommen bin", füge ich standfester hinzu und sehe ihm entschlossen entgegen.
„Weshalb bist du dann hier?", fragt er nun ganz direkt und sieht mir mit bestimmtem Blick entgegen. Ich atme einmal tief ein und aus, ehe ich aufsehe.
„Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich habe mich dir gegenüber nicht richtig verhalten. Du warst so freundlich und hast uns hier so herzlich begrüßt. Es stand mir nicht zu, dir solche Dinge an den Kopf zu werfen. Bitte verzeih mir", entgegne ich schuldbewusst und sehe zur Seite. „Ember", vernehme ich seine sanfte Stimme und wage es ihm entgegen zu sehen. „Ich verstehe dich. Ich habe dich schon von Anbeginn verstanden. Deine Hilflosigkeit, deine Frustration und deine Wut..All das kann ich mehr als nachvollziehen, doch..was ich versucht habe dir zu sagen war, dass wir nicht weit kommen, wenn wir mit dem Kopf durch die Wand wollen. Es gibt Momente im Leben, in denen es wichtig ist stark zu sein, furchtlos und entschlossen. Doch es gibt genauso viele Momente in denen man vernünftig und besonnen handeln muss. Momente, die man nicht mit roher Gewalt oder Manipulation lösen kann. Und das hier ist genau solch ein Moment. Wenn wir Alastair wirklich helfen wollen müssen wir einen detaillierten und fehlerfreien Plan ausarbeiten. Mehr als das, wir brauchen eine günstige Gelegenheit und auch eine ordentliche Portion Glück. Nur so können wir ihn zurückholen", erklärt er, woraufhin ich meine Hände zu Fäusten balle und auf den Boden starre.
„Ich weiß..das ist mir mittlerweile auch klar geworden. Deshalb..deshalb bitte ich dich um Verzeihung. Du hattest recht. Ich habe mich von meiner Wut leiten lassen. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Jedes Mal wenn es um Alastair geht verliere ich die Fassung. Diese Ungerechtigkeit, die ihm wiederfährt kann ich einfach nicht in den Hintergrund schieben. Es ist, als würde sich ein Schleier aus Wut über meine Augen legen, jedes Mal, wenn das Thema aufkommt", versuche ich zu erklären und starre dabei verwirrt auf meine Hand, ehe ich mir kopfschüttelnd an die Stirn fasse. Leises Lachen seinerseits erklingt, weshalb ich den Blick hebe. „Für deine Gefühle brauchst du dich nicht zu entschuldigen. Sie lassen einen die wildesten Dinge tun", meint er und sieht derweil aus den Fenstern vor uns. „Auch Alastair ist seinen Empfindungen verfallen. Mach dir also keine zu großen Gedanken darüber", fährt er fort, woraufhin ich ihn fragend ansehe.
„Wie meinst du das?", hake ich nach ernte jedoch nur eine abwinkende Handbewegung.
„Das solltest du von ihm selbst erfahren", entgegnet er lachend und stützt seinen Kopf auf seiner Hand ab. „Ich möchte nur, das du weißt, dass ich dir nicht böse bin. Das Temperament und das Feuer in deiner Seele gehören eben zu dir. Sie machen dich als Magierin aus. Viel zu lange hast du diese Eigenschaften unterdrücken müssen. Daher bitte ich dich, diese Eigenschaften nicht wieder einzuschließen. Lerne, wie du mit ihnen umgehen musst. Wie sie ein Teil von dir werden. Finde heraus, wie du sie einsetzen musst. Wenn dir das gelingt wirst du großes vollbringen, Ember. Ich weiß, dass du das schaffst. Ich glaube fest an dich", fährt er fort, woraufhin ich ihn mit großen Augen mustere. „Und weißt du, was das Beste an der Sache ist?", fügt er grinsend hinzu und hebt dabei einen Finger in die Höhe. „Du musst das nicht alleine tun. Du hast Kameraden an deiner Seite, die dich mit voller Kraft unterstützen. Zudem hast du einen neuen Begleiter bei dir, der dir ebenfalls die Treue geschworen hat. Mag sein, dass er noch ein Jungtier ist, doch er hat seine Entscheidung getroffen. Lernt und wachst gemeinsam. Werdet stark und unbesiegbar", meint er und sieht dabei auf den Feuerfuchs hinab.
„Ich bin mir sicher, dass ihr beide große Errungenschaften hervor bringen könnt", fährt er fort und sieht mir zuversichtlich entgegen. Erstaunt erwidere ich seinen Blick und balle meine Hand erneut zur Faust, ehe ich nicke.
„Ich werde dich nicht enttäuschen. Ich werde an mir arbeiten. Ich werde stark, du wirst sehen", meine ich und halte einen Moment inne. „Nein..wir werden stark. So stark, dass wir dir und Alastair von Nutzen sein können", entgegne ich entschlossen und sehe standhaft zu ihm. „Genau das wollte ich von dir hören. Das ist die Ember, die ich kenne. Deine Stärke ist bereits jetzt schon beeindruckend, doch ich freue mich schon auf den Tag, an dem ihr beide über euch hinauswachst. Strengt euch an", meint er mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ich erhebe mich mit entschlossenem Blick und bin bereits auf dem Weg den Wintergarten zu verlassen, als ich stehen bleibe und den Blick senke.
„Levion..", murmle ich und wende mich erneut um. Mit fragendem blick sieht er mir nach und stützt dabei seinen Kopf noch immer auf seiner Hand ab.
„Ich..", beginne ich und komme noch einmal ein paar Schritte auf ihn zu. Er scheint bereits zu wissen, was in mir vorgeht, weshalb er sich erhebt und seine Arme weit ausstreckt. Mit geweiteten Augen sehe ich ihm entgegen, ehe ich auf ihn zu renne. Ich schlinge meine Arme fest um ihn, während auch er sachte die Umarmung erwidert.
„Ich danke dir. Für alles, was du für mich tust", murmle ich in sein Gewand und werde dabei sanft am Rücken gestreichelt. „Selbstverständlich. Vergiss nicht..ich bin immer auf deiner Seite, Ember"

Blind FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt