- Kapitel 169 -

951 87 3
                                    

„Aus welcher Richtung sagtest du sind sie gekommen?", flüstere ich, während wir uns hinter einer Reihe Büschen niederknien. „Nordosten", entgegnet Arryn und kneift die Augen zusammen.
„Verdammt..an denen kommen wir nicht ungesehen vorbei. Sie zu umrunden würde uns einen ganzen Tag oder länger kosten. Auf dem Rückweg habe auch ich einige Soldaten der Garde entdeckt. Sie sind also auch aus südwestlicher Richtung im Anmarsch", ergänzt Kayrian genervt und lehnt sich seufzend nach hinten.
„Wieso versammeln sie ihre Einheiten an der Grenze?",murmelt Arryn und dreht seinen Oberkörper nach hinten, um dem Blondschopf mit erhobener Braue entgegen zu sehen.
„Ich weiß es nicht. Interessant wäre auch zu wissen, ob sie entlang der kompletten Landesgrenze stehen. Sollte das der Fall sein sitzen wir so ziemlich in der Falle", murrt Kayrian und schielt gespannt zu mir, während ich noch immer die Soldaten im Auge habe.
„So oder so müssen wir einen Weg an ihnen vorbei finden. Wir können uns nicht über Landesgrenzen portieren. Das heißt wenn sie wirklich entlang der gesamten Grenze stehen haben wir nichts gewonnen wenn wir versuchen sie zu umrunden. Durch die Grenzkontrollen können wir mit unseren Mitbringseln auch nicht einfach hindurch spazieren. Uns bleibt nichts anderes übrig als abzuwarten bis sich eine Möglichkeit ergibt sich vorbei zu schleichen", werfe ich ein und ernte bestätigendes Nicken seitens Arryn.
„Der Ansicht bin ich auch", pflichtet er mir bei, woraufhin Kairyan trocken auflacht.
„Und wie sollen wir das anstellen? Habt ihr gesehen wie viele von denen dort herumlungern?", flüstert er mit ausladender Handbewegung.
„Wir warten bis zum Einbruch der Dunkelheit. Machen wir uns die Schwärze der Nacht zunutze und bewegen uns in den Schatten des Lagers", erkläre ich und deute auf die ersten Zelte, die aufgebaut wurden.
„Haben sie etwa vor ein Lager aufzuschlagen?", haucht Arryn und fährt sich durch die braunen Strähnen.
„Sieht ganz danach aus", entgegne ich und nutze Agira, um mir die Gegend genauer anzusehen. Ich lasse ihn geschickt im Schutz der Blätter der Bäume über das Areal schweben und seufze ergeben, als ich feststelle, wie viele Soldaten sich hier eingefunden haben.
„Das ist keine normale Patrouille", murmle ich und fange Agira geschickt mit einer Hand auf, als dieser durch die Luft saust. „Trios muss etwas Großes planen", füge ich hinzu und rücke mir Agira auf der Nase zurecht.
„Was hast du gesehen?", fragt Kairyan mit erhobener Braue und lehnt sich ein Stück weit nach vorn.
„Das Gebiet ihres Lagers ist nicht geballt, jedoch immens in seiner Länge. Ich befürchte, dass du Recht haben könntest. Sie sind wirklich entlang der kompletten Grenze stationiert", offenbare ich ihnen, woraufhin sie mich mit offenen Mündern anstarren.
„Trios plant einen Angriff", spricht Arryn aus, was wir uns alle bereits gedacht haben.
„Sehe ich auch so", nickt der Blondschopf und fasst sich nachdenklich ans Kinn. „Dennoch..wir waren mitten unter ihnen..unmöglich, dass keiner der Bewohner Trios davon gewusst hat. Im Normalfall spricht sich so etwas doch recht schnell herum. Ich habe aber nichts dergleichen aufschnappen können. Kein Wort über einen Angriff", fügt er flüsternd hinzu, während ich die Brauen hebe.
Er hat recht.
Auch ich halte das Ganze für überaus seltsam. Ein so groß angelegter Angriff müsste zumindest in den eigenen Reihen Wellen schlagen. Die Bürger würden Vorbereitungen treffen für den Fall dass ein Krieg ausbricht. Davon war aber in keiner Stadt, ob groß oder klein, nur der Hauch einer Spur zu sehen.
In Gedanken versunken schiele ich zu den beiden Feuermagiern, die zusammengepfercht und mit wütendem Gesichtsausdruck zu uns stieren. Leise erhebe ich mich und gehe langsam auf die beiden zu. Ich knie mich direkt vor sie und lege dabei einen Arm auf meinem Knie ab.
„Wisst ihr etwas darüber, was hier vor sich geht?", flüstere ich mit erhobener Braue. Das Mädchen beginnt zu quengeln während der junge Magier neben ihr lediglich seine Augen zu Schlitzen verzieht.
„Tch, solch eine Reaktion habe ich bereits erwartet", murre ich und verziehe mein Gesicht. Leider haben wir aber keine Zeit für solche Spielchen. Plötzlich keimt ein Gedanke in mir auf, der mich meine Lippen zu einem fiesen Grinsen verziehen lässt.

Wenn ich mich an die jüngsten Ereignisse erinnere fällt mir auf, dass das Mädchen damals fast ausschließlich um ihre eigene Sicherheit besorgt war, als ich an jenem Tag vor ihr stand. Der Magier hingegen hat beinahe ausschließlich versucht sie zu beschützen. Was mit ihm geschieht war für ihn wohl eher zweitrangig. Wenn ich mit meiner Einschätzung richtig liege sollte mein Plan aufgehen.
Meine Hand schnellt nach vorn, während ich das Gesicht der Magierin fest umklammere. Meine Fingernägel glühen und bohren sich bereits einige Millimeter in ihr Fleisch, was zur Folge hat, dass ihr Tränen in die Augen steigen.
„Nur damit wir uns verstehen..wir können dieses Gespräch auch anders führen", säusle ich mit halboffenen Lidern. „Ihr könnt mir freiwillig davon erzählen oder ich bringe euch dazu. Die Wahl liegt ganz beieuch", füge ich hinzu und ziehe das Mädchen näher nach vorn, was meine Nägel nur noch tiefer in ihre Haut gräbt. Erstickte Laute entkommen ihrer zugeschnürten Kehle, da sie nach wie vor die Feuerfesseln um die Münder tragen. Besorgt reißt der junge Mann seine Augen auf und schüttelt den Kopf.
„Du willst also reden?", frage ich mit erhobener Braue und lockere die Fessel ein wenig, sodass er zumindest ein paar Worte zustande bringen kann. „Du wirst uns nicht töten! Du brauchst uns noch", knurrt er und sieht mir entschlossen entgegen, woraufhin ich einen amüsierten Ausdruck auflege. Er hat natürlich nicht gänzlich Unrecht. Es stimmt, dass ich versprochen habe sie lebend zurückzubringen. Ich muss ebenfalls zugeben, dass ich diese Bedingung auch selbst für sinnvoll halte. Aufgrund der sich überschlagenden Ereignisse jedoch bin ich nicht abgeneigt vom Plan abzuweichen.
„Du hast recht", hauche ich grinsend und beuge mich näher zu den beiden herunter ohne meinen Griff zu lockern. „Auch ich würde es begrüßen euch beide lebend vor General Sekurions Füße zu werfen, doch ich habe ebenfalls nichts dagegen wenn es nur einer von euch sein wird", fahre ich mit wahnhaftem Gesichtsausdruck fort und lasse meinen Blick zu ihm gleiten, der schockiert und kopfschüttelnd versucht sich irgendwie loszureißen. Er kneift erneut die Augen zusammen und sieht mir blutrünstig entgegen. „Ihr solltet eine Sache allmählich begriffen haben..ihr seid nicht diejenigen, die die Zügel in der Hand halten. Das hat sich sogar Nathaniel eingestehen müssen. Wenn es nicht so wäre..wäre er schließlich noch hier, oder?", lache ich leise auf undvollführe eine ausladende Handbewegung dabei. „Einen von euch zu töten würde mir so leicht von der Hand gehen, wie ein Morgenspaziergang", knurre ich bedrohlich und lasse bereits kleine Flammen um meine freie Hand schwirren, welche ich gefährlich nah an das noch makellose Gesicht des Mädchens führe.„Bist du also noch immer der Meinung Widerstand zu leisten würde euch hier weiterbringen?", frage ich monoton, während sich die Tränen des Mädchens auf meinem Handrücken ausbreiten. Seufzend lässt er den Kopf nach vorn fallen und nickt ergeben, woraufhin ich die Fesseln erneut lockere.
„Wir wissen nichts Genaues. Hier und da haben wir ein paar Gerüchte kursieren gehört. Anscheinend sollten Großteile der Gardetruppen an die Grenzposten beordert werden. Wozu das dient wissen wir jedoch nicht. Viele Bürger der Hauptstadt haben sich schon den Kopf darüber zerbrochen. Einige vermuten einen Angriff auf Adaron, doch bisher ist nichts Offizielles bekannt. Das ist alles, was ich weiß!", rückt er endlich mit der Sprache heraus, während Arryn sich von hinten nähert.
„Ich verstehe..es stimmt also, dass die Bürger Trios hiervon so gut wie nichts wissen", wirft er nachdenklich ein, während Kayrian noch immer die Soldaten beobachtet.
„Wie lange ist es her, dass ihr davon gehört habt?", hake ich nach und sehe ihn fieberhaft nachdenken.
„Es müssten in etwa zwei Monate seither vergangen sein", murrt er und senkt schlechten Gewissens den Blick.
„Zwei Monate schon?", entkommt es dem Braunhaarigen erschrocken, ehe unsere Blicke sich treffen.
„Das ist von langer Hand geplant gewesen", stelle ich fest und lasse lieblos von dem Mädchen ab. Ihr Kopf prallt dabei gegen den Stamm hinter ihnen, was ihr weitere Tränen beschert.
„Kiana! Geht es dir gut?", erklingt die besorgte Stimme des Magiers, der prüfend auf sie herabsieht.
„Ihr seid Monster", zischt er und fixiert mich dabei. „Ganz besonders du", fügt er knurrend hinzu. „Wir hätten dich töten sollen, als wir die Chance dazu hatten!", entkommt es ihm immer lauter, weshalb ich mit einem Fingerschnippen die Feuerfesseln erneut anspanne.
Mit ausdrucksloser Miene schiele ich zu ihm herab. Purer Hass strömt mir entgegen, doch das beruht auf Gegenseitigkeit.
„Du hältst mich für ein Monster?",entgegne ich leise lachend, ehe es schlagartig verstummt. „Vergiss nicht wer mich zu einem gemacht hat", lege ich mit eisigem Unterton nach.

Blind FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt