- Kapitel 131 -

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Eliana POV

Eliana bringt die übriggebliebenen magischen Wesen in der hauseigenen Gartenlaube unter und gibt ihr Bestes, um den Tieren so viel Platz, wie möglich zu verschaffen. „Ich weiß..es ist nicht groß genug für euch..", meint sie angestrengt und jagt Blitze durch den Untergrund, um natürliche Grenzen zu schaffen. „Aber es wird gehen..", fügt sie hinzu und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Es hat sie eine halbe Ewigkeit gekostet, um die Tiere artgerecht zu sortieren. Sie hat die Käfige vergrößert, sodass sie sich etwas freier bewegen können ohne sich gegenseitig umzubringen. Als sie sieht, wie ein Stück Leben zurückkehrt schleicht sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen. Dieses verblasst jedoch genauso schnell, wie es kam. Es wird ihr schmerzhaft bewusst, dass sie Setto noch immer nicht ausfindig machen konnte. Erschöpft und müde sackt sie auf die Knie und vergräbt ihr Gesicht in den Händen.
Die Schuldgefühle überrennen sie nahezu.
Auf einen Schlag hin zieht sich ihr Magen zusammen.
All die Jahre über, all die Zeit über hat sie Ember Leid zugefügt. Jede Gelegenheit hatte sie ergriffen ohne darüber nachzudenken, was sie ihrer Schwester wirklich damit antat. Als sie von einem auf den anderen Tag endlich das Leben hatte, was sie sich immer wünschte, ein Leben ohne Ember im Haus, fühlte es sich dennoch nicht richtig an. Eine seltsame Leere breitete sich seit jenem Tag in ihr aus. Ihre Eltern schenkten ihr die Aufmerksamkeit, die sie immer wollte, doch es fühlte sich nicht richtig an. Als die Bürger der Stadt davon erfuhren, dass Eliana die neue Repräsentantin und somit die Herrscherin über das Gebiet werden würde jubelten sie ihr zu. Sie priesen sie fast schon als Heilige an. Für gewöhnlich war Ember immer an ihrer Seite, sie war immer da gewesen und nun..nun war sie fort. Sie lebte ihr eigenes Leben fernab von ihrer Familie.
All die Zeit über war Ember ihr Antrieb.
Sie war ihr Grund immer weiterzumachen, besser zu sein, schlauer zu sein, stärker zu sein.
Sie ertappt sich dabei das Gesicht zu verziehen, als sie plötzlich eine feuchte Schnauze auf ihrer Schulter spürt. Hastig hebt sie den Blick nur um in glühend grüne Augen zu sehen. „Ach du bist es..", murmelt sie und legt dem Schattenpanther erneut ihre Hand auf die Stirn. Dieser schmiegt seinen Kopf an ihre Schulter, was ihr Herz schmelzen lässt. „Wenn ich doch nur wüsste wo Setto steckt..", entkommt es ihr seufzend, während sie den Panther weiter streichelt. Die Gitterstäbe hindern ihn daran auf Elianas Schoß zu klettern, was sie lachend abtut. „Na hör mal..bist du so verschmust? Dabei habt ihr doch einen solch grauenhaften Ruf. Weißt du..normalerweise hätte ich dich als wandelnde Seuchenschleuder betitelt, doch..bei dir mache ich eine Ausnahme", schmunzelt sie und lässt den Panther aus dem Käfig treten, indem sie die Gitterstäbe auseinanderfahren lässt. „So muss Ember sich wohl fühlen wenn Setto bei ihr ist..", entkommt es ihr schuldbewusst und senkt den Blick. „Nicht ihr seid die Monster hier..sondern ich..", gesteht sie niedergeschlagen, während der Panther mittlerweile halb auf sie geklettert ist. Sie drückt ihn fest an sich und fasst einen Entschluss. Sie wird Setto zurückholen, koste es was es wolle. Und wenn sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen muss, wie Ember es ausdrücken würde.

Der nächste Tag bricht an und Eliana ist bereits früh auf den Beinen. Kein Auge hat sie zugemacht und ist noch vor Sonnenaufgang aus dem Haus geschlichen. Sie setzte lediglich die Bedienstete ihres Vertrauens in Kenntnis und wies sie an, sich um die Tiere zu kümmern, so lange sie abwesend sei.
Eliana zieht ihren Umhang enger, da der Wind ihr mit all seiner Kraft entgegenbläst. Der schwarze Panther ließ sich einfach nicht abschütteln und klebt nahezu an ihr. Aus Sorge er könnte sich erkälten hatte sie ihm aus alten Umhängen eine Art Wintermantel zusammengeschneidert. Es ist wahrlich nicht ihre beste Arbeit, doch es wird ihn zumindest vor der Kälte schützen. Geschmeidig setzt er eine Pfote vor die andere und ist peinlichst darauf bedacht ihre Seite nicht zu verlassen. Lächelnd schielt sie zu ihm herab und schüttelt den Kopf. Sie steuert zielgerichtet den Stand des Händlers an und quetscht sich an den Marktbesuchern vorbei. Die Kapuze hängt ihr tief im Gesicht, da sie kein Aufsehen erregen will, da selbst zu dieser unchristlichen Uhrzeit schon einige Bürger durch die Straßen ziehen. Vor der Theke des besagten Standes bleibt sie stehen, weshalb der Schattenpanther sich neben ihr niederlässt. Sein schimmernder Nebelschwanz bewegt sich langsam hin und her, was Eliana fasziniert die Brauen heben lässt.
„Was kann ich für sie tun, werter Kunde?", reißt die Stimme des Alten sie aus den Gedanken, weshalb sie hastig die Brauen zusammenzieht und den Blick hebt.
„Ich will den Fuchs zurück", redet sie nicht lange um den heißen Brei herum, was den Händler angsterfüllt die Augen weiten lässt.
„Milady..ihr seid es..ich habe euch in dem Aufzug beinahe nicht erkannt", entkommt es dem Händler erleichtert, während er sich an die Brust fasst. „Ich bin untröstlich, doch ich habe den Feuerfuchs bereits verkauft. Er befindet sich nicht länger in meinem Besitz", offenbart er ihr, woraufhin Eliana die Fassung verliert.
„Was?! An wen? Sagt es mir! An wen habt ihr Setto verkauft?", drängt sie und stützt sich mit den Händen auf dem Tresen ab.
„Ich..ich habe ihn einem Reisenden aus Trios verkauft..Erst gestern, Milady", stammelt er angsterfüllt, was Eliana den Rest gibt.
„Das darf doch nicht wahr sein!", entkommt es ihr wütend, während sie die Faust auf den Holztresen schlägt.
„Ich habe mich darum bemüht ihn so schnell es geht loszuwerden. Ich dachte, das sei in eurem Interesse..ich meine..seit eure Schwester solch einen Aufstand-", erklärt er, wird jedoch von Eliana unterbrochen.
„Das ist ganz und gar nicht in meinem Interesse!", brüllt sie und sieht ihm wütend entgegen.
„Bitte verzeiht..Milady, doch wir hatten eine Abmachung..", erinnert er sie an ihre Schandtaten, was sie augenblicklich reuevoll verstummen lässt. Betrübt senkt sie den Blick. „Die Abmachung war ein Fehler..", murmelt sie schuldbewusst. „Kennt ihr den Namen des Käufers?", hakt sie nach, doch der Alte schüttelt lediglich den Kopf. „Wenn dem so ist seid ihr mir nicht länger von Nutzen", zischt sie und schnippt mit den Fingern. Daraufhin legen sich magische Fesseln um die Hände des Händlers, der sie mit großen Augen mustert.
„Aber Milady ich-", beginnt er, doch die Energiemagierin zieht lediglich die Brauen zusammen.
„Ich habe genug gehört", murrt sie und macht auf dem Absatz kehrt.
„Der Käufer! Er-Er hatte gebräunte Haut und..und er hatte einen sandfarbenen Umhang. Die Kapuze hing ihm tief ins Gesicht, daher kann ich leider nicht sagen wie er aussah..aber er wirkte recht jung! Vielleicht nur ein paar Jahre älter als ihr, Milday. Wie gesagt ich habe nicht viel erkannt, doch ich meine eine Narbe gesehen zu haben. Sie zieht sich quer über die Hälfte seines Gesichts. Mehr kann ich euch wirklich nicht sagen! Bitte, Milady verschont-", stammelt der Alte hektisch und bettelt auf Knien. Eliana hingegen schnippt erneut mit den Fingern, woraufhin der Stand des Händlers von Blitzen getroffen wird.
„Keine Sorge, ihr habt nichts zu befürchten..vorerst. Um euch kümmere ich mich nämlich später", meint sie und lässt den Alten völlig verzweifelt zurück.
Er sagte er habe Setto erst gestern verkauft, mit viel Glück befindet sich der Käufer noch im Herrschaftsgebiet der Akelas, was es um einiges einfacher machen wird den Fuchs zurückzuholen. Und so beginnt Eliana ihre Suche, dicht gefolgt vom Schattenpanther, der ihr nicht von der Seite weicht.

Ratlos lässt sich die junge Anwärterin des Hauses Aklea die Hauswand hinabgleiten, als sie nun auch das letzte Gasthaus der Stadt abgeklappert hat. Keiner will einen Bürger des Königreichs Trios beherbergt haben. Ebenfalls will keiner einen Fuchs gesehen haben. „Das ist doch zum Verzweifeln..", jammert sie und vergräbt ihr Gesicht in den Händen. Die Sonne ist mittlerweile gewandert und läutet den Mittagsbeginn ein. Die grauen Wolken ziehen sich zusammen und verkünden aufkommenden Schneefall. „Hat sich denn alles gegen mich verschworen?", zetert sie und schlägt mit der Faust auf den schneebedeckten Boden. Seufzend legt sie ihren Kopf auf den Knien ab. Nein, es ist ihre Schuld das Setto verschwunden ist. Hätte sie doch nur auf Diago gehört. Hätte sie doch nur nie diesem Abkommen zugestimmt. Sich jetzt zu beschweren bringt allerdings auch nichts. Wenn der Käufer nicht in der Stadt übernachtet hat wird er wohl weitergezogen sein. Der Händler meinte, er sei ein Bürger Trios. Demnach wird er womöglich auf der Heimreise sein. Der schnellste Weg zum Königreich Trios führt wohl zum Portal in die Hauptstadt. Allerdings ist sie fest davon überzeugt, dass er das Portal gemieden hat. Die Bewohner der Hauptstadt sind den Bürgern Trios zu feindlich gestimmt. Das bedeutet er hat den Umweg gewählt.
Entschlossen hebt sie den Blick. Wenn dem so sein sollte, dann hat sie noch eine Chance. Sie kann ihn noch einholen. Er wird vermutlich nicht allzu weit gekommen sein bei den Wetterbedingungen. Wenn sie das Portal nutzt und sich zwei Städte weiter umsieht hat sie vielleicht Glück.
Das Grau des Himmels intensiviert sich, als sie von der Portalfläche tritt. Das letzte Mal, dass sie die Stadt Sefir besucht hatte liegt schon Jahre zurück. Dennoch verliert sie keine Zeit und sucht den Marktplatz nach einem braungebrannten Mann mittleren Alters ab. Verzweifelt fasst sie sich an den Kopf, als sie erneut einen Bürger der Stadt nach einem Mann in Begleitung eines Fuchses fragt. „Er kann doch nicht vom Erdboden verschluckt worden sein!", brüllt sie zornig und lässt sich trotzig in den Schnee fallen. Genervt fährt sie sich übers Gesicht, während sie in einem Schneehaufen sitzt.
Als sie bereits auf dem Rückweg zum Portal ist, um in die nächstgelegene Stadt zu reisen, springt ihr plötzlich ein breitgebauter Mann ins Auge. Er trägt die Kapuze seines beigen Umhangs tief im Gesicht und hat einen großen weißen Beutel über seine Schulter gehängt. Eliana kneift die Augen zusammen und betrachtet den Sack genauer, als sie sieht, wie sich dessen Inhalt plötzlich bewegt. Schockiert weiten sich ihre Augen, ehe sie bereits aufspringt. Ohne zu zögern rennt sie auf den Mann zu und stellt sich ihm in Weg.
„Wenn ihr mir einen Moment eurer Zeit geben würdet, mein Herr..", beginnt sie und versucht einen genaueren Blick auf das Gesicht des Reisenden zu werfen. Dieser jedoch senkt den Blick weiter und meidet den Blickkontakt.
„Bitte verzeiht, doch ich habe es eilig", würgt er sie ab und umrundet sie gekonnt. Eliana jedoch lässt sich nicht so einfach abschütteln.
„Ich verstehe..es dauert auch nicht lange, das versichere ich euch", versucht sie es erneut und holt ihn schnellen Schrittes ein. Er sieht sich prüfen um und verneigt sich dezent, als er im nächsten Moment verschwunden ist. Eliana reißt die Augen auf und sieht sich suchend um.
Das kann nicht sein.
Er kann sich nicht einfach vor ihren Augen in Luft auflösen.

Blind FireWhere stories live. Discover now