- Kapitel 179 -

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Ray hält mit zusammengekniffenen Augen den Arm vor die untere Hälfte seines Gesichts. Trotz seines provisorischen Atemschutzes setzt der anherrschende Qualm ihm zu. Das gesamte Erdgeschoss des Palastes ist in dichte Nebelschwaden und umherfliegenden Glutteile gehüllt. Langsam setzt er einen Fuß nach dem anderen vorwärts. Ein besorgniserregender Gedanke schleicht sich in seinen Kopf.
Hat der Angriff den Palast etwa so hart getroffen?
Soweit das Sichtvermögen preis gibt ist nichts als Zerstörung in Form von Trümmern zu erblicken. Dieser Angriff muss aus nächster Nähe erfolgt sein, denkt er sich und schiebt die Brauen zusammen. Salem hatte recht mit seiner Vermutung, doch das würde auch bedeuten, dass feindliche Gardemagier bereits innerhalb des Palastes umherschleichen. Das würde Sekurions Trupp nie zulassen.
Plötzlich tritt der Lichtmagier auf ein seltsam weiches Hindernis. Irritiert hebt er die Brauen, ehe er scharf die Luft einzieht und hustend zurücktaumelt.
„Verdammt das gibt's nicht!", entkommt es ihm hustend weshalb er sich schockiert an der Wand neben ihm abstützt.
Panik macht sich breit.
Hastig gleitet sein Blick nach links, als er Stimmen hört. Alarmiert rettet er sich in einen Nebengang und presst sich eng an den Türrahmen. Vorsichtig späht er um die Ecke und weitet vor Schreck die Augen.
„Gardemagier..", haucht er fassungslos, als er die Uniformierten Feinde vorbeilaufen sieht. Sie scheinen sich über etwas zu unterhalten, doch Ray beherrscht die Sprache des Königreich Trios nicht. Fluchend kneift er die Augen zusammen und schüttelt den Kopf.
Er darf jetzt nicht durchdrehen.
Er muss schleunigst zurück in die Kerker. Es hat keinen Sinn mehr noch länger hier zu bleiben. Wenn sie General Kalen nicht befreien und von hier verschwinden werden sie früher oder später sterben.

Derweil beobachten Salem und die anderen die Geschehnisse außerhalb der Palastmauern. Dank Mei's Projektion konnten sie das Gespräch zwischen General Sekurion und Ember aufschnappen. Wissend nickend fasst der Rothaarige sich ans Kinn.
„Das geplante Abwehrmanöver klingt überaus vielversprechend", meint Salem bewundernd. „Über den Erfolg dieses Plans mache ich mir auch keine Gedanken..viel mehr frage ich mich weshalb die Garde ihre Angriffe eingestellt hat. Wieso marschieren sie nicht weiter? Die Barriere mag viel aushalten, doch sie ist nicht undurchdringbar", murmelt Alastair und fährt sich durch die Haare.
„Vielleicht warten sie auf den Rest ihrer Männer. Meinte General Sekurion nicht, dass Amaya von einer wahren Flut an feindlichen Magiern sprach?", wirft Salem ein und erntet ein langsames Nicken seitens des Truppführers. „Möglich..andererseits..", spekuliert Kalen, ehe sie von Rays schweren Atemzügen aus den Gedanken gerissen werden. Er rennt eilig auf sie zu und kann sich kaum bremsen. Seine Worte überschlagen sich beinahe.
„Wir müssen hier weg!", ruft er und schiebt Salem mit kreidebleichem Gesicht vor die Kerkertür.
„Beruhige dich doch, Ray!", wirft Darko ein und zerrt seinen Bruder zur Seite.
„Der Angriff den wir eben spürten kam wirklich aus unmittelbarer Entfernung. Dort oben ist alles voll von Qualm und toten Magiern Sekurions! Ich habe auch ein paar Gardemagier hier durchlaufen sehen. Wenn wir uns nicht beeilen werden wir ihnen direkt in die Arme rennen", erklärt er und wischt sich mit dem Halstuch die Rußspuren aus dem Gesicht.
„Was?!", entkommt es Darko erschrocken, während Salem bereits den Riegel der Zellentür mit einer dünnen gasbrennerähnlichen Flamme durchtrennt.
„Das habe ich bereits befürchtet. Die Hauptstadt wird von mehreren Seiten belagert. Das wird auch der Grund für den Angriffsstopp seitens Trios Garde an der Front sein. Sie wollen ihre eigenen Leute nicht gefährden", murrt Alastair und tritt mit Mei auf dem Arm ins Freie.
„Salem, benachrichtige Ember. Sekurion muss davon erfahren", weist er seine rechte Hand an, der stumm nickt.
„Wir müssen hier weg", widerholt der Lichtmagier drängend, woraufhin Alastair seufzend den Kopf schüttelt.
„Wir müssen sichergehen wie es um die Königsfamilie steht. Sollten sie noch am Leben sein müssen wir sie schützen", zerstört er Rays Fluchtplanung, der entrüstet die Brauen hebt. „Was? Aber Sir!", protestiert der Blondschopf empört.
„Sir, der König war drauf und dran sie hier unten verrotten zu lassen. Ich bin nicht oft der gleichen Meinung wie mein Bruder, doch..", wirft Darko nun fragend ein und hebt unterstreichend eine Hand dabei.
„Dessen bin ich mir bewusst. Andererseits ist es unsere Pflicht den König und seine Familie zu beschützen. Wir alle haben denselben Schwur abgelegt, als wir dem schwarzen Ring beigetreten sind. Ob wir nun hinter dem Königshof und seinen Vorgehensweisen stehen oder nicht spielt keine Rolle", erklärt er und erntet irritierte Blicke seitens der Brüder.
„Nun habt euch nicht so. Habt ihr den triefenden Sarkasmus in seiner Tonlage denn nicht bemerkt?", wirft Salem lachend ein, der sich wieder zu ihnen gesellt. Alastair hebt mit halbem Grinsen eine Braue.
„War ich denn nicht überzeugend genug?", fragt er provokant woraufhin Salem lachend den Kopf schüttelt.
„General Kalen hat nicht unrecht mit dem was er sagte. Wir werden die Königsfamilie beschützen sollte es noch nicht zu spät sein, doch sicher nicht wegen der guten Absichten. Wir nutzen die Gelegenheit, um die Gunst des Königs zu erlangen. Sollte General Kalen tatkräftig bei seiner Rettung beteiligt sein wirkt sich das sicher positiv auf den weiteren Verlauf der Dinge aus", erklärt Salem spitz und schielt dabei schelmisch grinsend zum Schwarzhaarigen, der ergeben seufzt.
„An meiner Überzeugungskraft muss ich wohl noch arbeiten", murmelt er. „Wenn ich es nicht einmal schaffe Salem zu täuschen habe ich noch ein Stück Arbeit vor mir", fügt er leise lachend hinzu, als der Boden erneut bebt. „Das werde ich allerdings auf später verlegen müssen. Zunächst werden wir uns um die Garde kümmern", ergänzt er wieder etwas ernster und packt Salem an der Schulter, ehe er erst den Rotschopf und schließlich die anderen beiden durch die Schatten schiebt.

Blind FireWhere stories live. Discover now