- Kapitel 31 -

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Eine ruhige Ecke des Saals, nur schwach beleuchtet. Nervöse, unauffällige Blicke, die über die Menge schweifen. Für einen kurzen Moment bleibt er an Ember hängen, die eine Unterhaltung mit Sorin zu führen scheint. Kurz darauf schweift er zu Kalen, der mit einem verschmitzten Grinsen dicht neben der braunhaarigen Magierin steht.

General Veros kann aufatmen. Niemand scheint ihm großartig Beachtung zu schenken. Hastig verzieht er sich weiter in die Dunkelheit und flüchtet sich in den schwach mit Mondlicht durchfluteten Korridor, hinaus auf die Terrasse. Ein wütendes Zucken ergreift überhand und lässt seine Augenbrauen sich krampfhaft zusammenziehen. Kalen ist ihm bereits seit langem ein Dorn im Auge. Obwohl er schon viel länger als hochrangiges Mitglied für den schwarzen Ring tätig ist als Kalen, so hat Alastair es dennoch geschafft den Rang als große Nummer Zwei zu besetzen. All die Jahre der Aufopferung, all die harte Arbeit, all die investierte Zeit..verschwendet. Veros kann sich einfach nicht damit abfinden lediglich die Nummer Fünf zu sein. Er kann es nicht auf sich sitzen lassen.

Er hatte einen Plan, einen grandiosen Plan! Seit zwei Jahren wartet er darauf, dass Ember Akela sich beim Duell der magischen Künste blicken lässt und nun? Nun ist sie auf dem besten Weg Kalens Trupp nur noch stärker zu machen, seine Ziele nur noch weiter in die Ferne zu rücken! Er hatte es versucht, er hatte wirklich versucht sie auf die nette Weise zu sich ins Boot zu holen. Er hat ihr die Hand ausgestreckt, sachte nach ihr greifen wollen, doch er bekommt sie einfach nicht zu fassen. Es ist fast so, als würde sie ihm einfach so durch die Finger gleiten.

Ein zorniges Zischen entkommt ihm während er die Stahltreppen am Rande der Terrasse hinuntereilt. Was findet sie nur an ihm? Nein, was findet er nur an ihr? Kalen kann unmöglich von seiner Theorie wissen, das ist einfach unvorstellbar. Er hatte Ember doch während der gesamten ersten Etappe überwachen lassen. Sie präsentierte absolut nichts Auffälliges, nichts sehenswertes, nichts weshalb Kalen sich ihr annehmen sollte. Jahrelang hatte er sich nun aus dem Duell rausgehalten, anderen den Vortritt überlassen, den Teilnehmern keine Sekunde seiner Aufmerksamkeit geschenkt und ausgerechnet dieses Jahr sollte es anders sein? Veros kann einfach nicht verstehen, was hier vor sich geht, was in Alastairs Kopf vor sich geht. Das dieser sich so für eine vermeintlich zweitklassige Energiemagierin zu interessieren scheint, noch dazu eine blinde! Was um alles in der Welt hatte ihn nur geritten? Wenn man nicht komplett im Bilde ist, müsste man doch eigentlich annehmen, dass man mit jemandem, wie Ember, niemals gewinnen kann. Die anderen Generäle vertreten diese Meinung doch auch.

Kopfschüttelnd bleibt er am Eingang einer dunklen Nische stehen. Seufzend lehnt er sich an die Betonmauer des Stahlklotzes und wartet ungeduldig. Bilder der neuesten Szenen gehen ihm im Kopf umher. Bilder von Ember und Kalen, wie sie über die Tanzfläche wirbeln, wie sie förmlich aneinander kleben. Kalens süffisantes Lächeln, Embers starker Griff um seine Schulter, beinahe so, als wäre er ihr rettender Anker. Zugegeben, Alastairs äußere Erscheinung mag vor allem für die weibliche Bevölkerungsschicht äußerst anziehend wirken, doch dass er selbst auf blinde Frauen solch einen Effekt hat missfällt ihm umso mehr. Nicht, dass es ihn sonderlich stören würde. Sollten sich die leichtgläubigen Weiber doch die Zähne an Alastair ausbeißen! Der ewige Junggeselle würde sich noch in hundert Jahren nicht festlegen, davon ist Veros überzeugt, doch Kalens Charisma und seine aufreizende Ader kommen ihm dieses Mal eindeutig in die Quere und das ist es, was ihn rasend macht.

Im nächsten Moment wird er bereits von seiner Verabredung, bestehend aus drei vermummten Magiern in Empfang genommen. Ausdruckslos sieht er ihnen entgegen und erkennt lediglich die drei Augenpaare, die vom Mondlicht angestrahlt werden. „Ihr seid zu spät", herrscht er angesäuert woraufhin sich die glitzernden Augen zu Schlitzen verziehen. „Aber wir sind gekommen, dass ist es doch, was zählt", entgegnet eine helle Stimme zischend woraufhin Veros sich zur Ruhe zwingt. Er weiß, dass er seinen Plan ohne die Hilfe dieser drei Magier nicht durchführen kann.
„Wie auch immer. Konntet ihr unbemerkt anreisen?", kommt er nun auf den Punkt und erntet stummes Nicken ihrerseits. „Gut, haltet euch bereit und verlasst das Gelände nicht", weist er sie monoton an und verschränkt dabei seine Arme vor der Brust. Die drei maskierten Magier werfen sich unauffällige Blicke zu ehe sie nicken.
„Wann genau sollen wir anfangen?", fragt das junge Mädchen, welches nur anhand ihrer zierlicheren Figur und der hohen Stimme als solches erkennbar ist.
„Das müsst ihr jetzt noch nicht wissen", entgegnet er mürrisch woraufhin sie sich verheißungsvoll zu ihm vor beugt.
„Ich glaube ihnen ist das Ausmaß des Angriffs nicht klar genug, Sir. Solch ein Inferno ist nicht einfach so zu bewerkstelligen. Auch wenn wir die Besten unseres Reiches sind, heißt das nicht, dass nicht auch wir eine gewisse Vorbereitungszeit brauchen", klärt sie ihn mit Nachdruck in der Stimme auf während er nur genervt den Blick abwendet.
„Ich werde euch rechtzeitig Bescheid geben, verlasst euch darauf. Bis dahin verhaltet euch unauffällig", kontert er abschließend ehe er sich von der Betonmauer abstößt und den Weg zurück in den Festsaal einschlägt.

Mit sicheren Schritten schreitet er auf die Stahltreppen zu. Wenn er Ember nicht auf normalem Wege dazu bringen kann ihm ihre wahren Kräfte zu offenbaren und sich ihm anzuschließen wird er sie eben auf anderem Wege dazu zwingen. Sie wird keine andere Wahl haben, als sich ihm zu beugen. Schließlich wird er der einzige sein, der nach der Enthüllung ihrer wahren Magierklasse noch auf ihrer Seite stehen wird. Bei ihrer Anmeldung hatte sie sich als Energiemagierin eingetragen. Sollte sie dabei gelogen haben wird man sie des Verrats bezichtigen und sie allein im Regen stehen lassen. Sollten sich ihre Angaben allerdings als wahr herausstellen hat sie ohnehin keinen Nutzen für ihn, genauso wenig, wie der Rest des schwarzen Rings. Schmunzelnd tragen ihn seine Füße über die Terrasse ehe er kurzerhand wieder ins innere verschwindet.

Sollte dies tatsächlich so sein, soll sie ruhig in den lodernden Flammen des Infernos untergehen. Gemeinsam mit ihrem heißgeliebten General Kalen. Gemeinsam mit dem schwarzen Ring.

Blind FireWhere stories live. Discover now