- Kapitel 75 -

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„Was für eine Kraft..Du hast dich innerhalb nur eines Kampfes gleich um mehrere Stufen gesteigert Ember. Solch eine enorme Leistungssteigerung ist nicht oft zu verzeichnen. Oft ist so etwas nur nach langem und harten Training zu erleben oder..", beginnt er zu sprechen ohne auf meine Frage einzugehen.
„..nach einschneidenden Erkenntnissen. Dir ist während dieses Kampfes einiges klar geworden, nicht wahr?", stellt er mir nun die Gegenfrage, woraufhin ich zaghaft nicke.
„Das dachte ich mir..ansonsten würde ich nun nicht hier stehen", fährt er lachend fort und fasst sich dabei mit zwei Fingern ans Kinn.
„Was-Was hat das denn damit zu tun?", entgegne ich stirnrunzelnd und sehe ihm dabei zu, wie er auf mich zukommt. Mit einem kurzen Handgriff befreit er mich aus dem Griff der Projektion, woraufhin ich über die Stelle an meinem Hals streiche, an der ich eben noch festgehalten wurde.
„Was ist dir denn klar geworden, Ember?", kontert er erneut mit einer Gegenfrage.
„Ich..Ich weiß nicht so genau..ich habe einfach erkannt, dass es keinen Nutzen für mich hat der Anerkennung anderer wegen zu kämpfen. Ich will von nun an nur noch für mich selbst kämpfen. Ich will sehen, wie weit ich komme, ich will wissen, was ich alles noch erreichen kann. Ich will stärker und besser werden, nicht weil ich es muss oder um andere damit von mir zu überzeugen, sondern weil ich es will und ich mich selbst von mir überzeugen will", fasse ich den wirbelnden Strom meiner Gedanken grob zusammen.
Wissend blickt der langhaarige Magier zu mir herab. „Ich verstehe..du hast also endlich deinen ganz eigenen, individuellen Sinn entdeckt. Das ist die Quelle und der Ursprung deiner wahren Kraft. Dieser Sinn, den du soeben entdeckt hast, ist dein unerschütterlicher Kern, dein Ideal, dein Prinzip, deine Priorität Nummer eins", erklärt er mir ruhig, während ich ihn aufmerksam mustere.
„Mein Sinn?", hake ich nach, da ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich eben gesagtes richtig verstanden hatte.
„Dein Ziel..Etwas, dem du dich voll und ganz verschreibst. Du lebst dafür", konkretisiert er seine Erklärung, woraufhin ich stumm nicke.
„Doch das ist nicht alles, was du innerhalb dieses Kampfes begriffen hast, nicht wahr? Da ist noch mehr..", fährt er fort und sieht abwartend zu mir herab.
„Noch etwas? Ich weiß nicht, was mir sonst noch..-", beginne ich verwirrt meinen Satz, unterbreche mich jedoch selbst und reiße meine Augen weit auf. Eine zweite Ereknntnis..natürlich..kurz bevor die Zeit stoppte bin ich mir tatsächlich noch einer weiteren Sache bewusst geworden.
„Ich kann nicht immer alles alleine schaffen..", murmle ich nachdenklich und sehe aus dem Augenwinkel, wie Levions Mundwinkel sich heben. „Daher rührt deine enorme Leistungssteigerung also..du hast heute nicht nur eine, sondern gleich zwei essenzielle Dinge begriffen. Erstens, hast du erkannt, wie wichtig es ist hinter sich und seinen eigenen Fähigkeiten zu stehen. Das es zweitrangig ist, was die anderen von dir oder deiner Art Magie zu wirken halten. Und zweitens, hast du gleichzeitig erkannt, dass du zwar für dich selbst kämpfst und lernst, es aber auch keine Schande ist andere um Hilfe bei dem Prozess zu bitten. Das war der Moment in dem du den magischen Umhang aktiviert hast, ohne es selbst zu wissen", erklärt er und hebt dabei eine Hand unterstreichend vor sich.
„Der Umhang hat die Zeit angehalten und dich zu mir gerufen, obwohl ich keinen Pakt mit dir geschlossen habe? Ist das überhaupt möglich?", hake ich skeptisch nach und sehe ihn bestätigend nicken. „Der Moment in dem dir klar wurde, dass du es nicht allein schaffst, war der Moment in dem du aufgehört hast dich gegen die Hilfe anderer zu wehren. Du bist bereit dazu einen Pakt mit  mir zu schließen, deshalb konnte ich erscheinen", klärt er mich auf, woraufhin ich nachdenklich zur Seite blicke.
Bin ich das wirklich?
Bin ich bereit dazu meine Loyalität Alastair gegenüber hinten anzustellen?
Andererseits wenn ich es nicht tue, werde ich diesen Kampf verlieren. Levion mag zwar nicht Alastair sein, doch er ist bereit mir zu helfen. Er ist ein ebenso fähiger Magier, wie Alastair. Ich wäre dumm sein Angebot ein zweites Mal auszuschlagen.
Ich atme tief ein und aus ehe ich zu meiner Antwort ansetze.
„Du bist Alastairs längster und bester Freund. Ich denke, es würde ihn kränken zu hören, dass ich deine Hilfe abgelehnt habe. Ich glaube sogar, dass er stolz sein wird, dass du es warst, der mir an seiner Stelle zum Sieg verholfen hat", beginne ich meine Gedanken laut auszusprechen und sehe ein aufrichtiges, freudiges Lächeln auf Levions Lippen. „Levion, Nummer drei der Generäle des schwarzen Rings, bist du bereit dazu einen Pakt mit mir einzugehen und gemeinsam mit mir zu siegen?", stelle ich ihm nun die alles entscheidende Frage, woraufhin er grinsend in die Hände klatscht.
„Ich habe nur darauf gewartet! Lass uns dieses Duell gewinnen!", entgegnet er mir motiviert und streckt mir die Hand entgegen. Ohne zu zögern ergreife ich sie und spüre im nächsten Moment eine unsagbar starke Kraft durch meinen Körper hindurchfließen. „Meine Magie ist völlig anders, als die von Alastair. Ihr Ursprung und die Quelle bedienen sich des Elements der Zeit. Du wirst merken, dass sie dir auf andere Art und Weise Stärke verleiht. Anders als beim Pakt mit Alastair musst du hier keinen Schmerz ertragen, sondern dich der Kraft als würdig erweisen. Du musst in der Lage dazu sein mit ihr umzugehen. Konzentriere dich voll und ganz darauf, sie aufzunehmen anstatt gegen sie anzukämpfen", weist er mich an, woraufhin ich mich Stück für Stück entspanne. Ich lasse die Magie durch meinen Körper fließen, sie auf und ab gleiten. Ich lasse sie meinen Körper betreten und verlassen, wie ein ewiger, immer wiederkehrender Kreislauf.
Bei dieser Erkenntnis öffne ich die Augen und starre Levion fasziniert entgegen.
„Wie mir scheint hast du das Prinzip meiner Magie verstanden. Glückwunsch, du bist die Erste, der das gelingt", meint er lächelnd ehe er meine Hand loslässt.
„Der Bindungsprozess ist abgeschlossen. Nun kannst du frei über einen Großteil meiner Kraft verfügen und selbstverständlich auch meinen Rat ersuchen, so oft es dir beliebt", fährt er fort und verschränkt die Arme erneut hinter seinem Rücken.
Ich betrachte fasziniert das Siegel der Bindung, welches sich auf meinem linken Handgelenk abgezeichnet hat. Es stellt eine goldene Taschenuhr dar.
Welch Ironie.

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