- Kapitel 85 -

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„Shhhht! Nun seid doch endlich still! Es beginnt in wenigen Augenblicken!", dröhnt eine murrende Stimme über den großen Marktplatz inmitten des Zentrums der Hauptstadt.
„Ich lasse eure Münder verschwinden wenn ich den Anfang verpasse!", schließt sich eine fuchsteufelswildgewordene Frau mittleren Alters an und hebt dabei herausfordernd die Faust in die Höhe.
„Ob eine von ihnen es wohl geschafft hat?", erklingen die leisen und besorgten Worte Master Akelas neben Tarik, der mit ausdrucksloser Miene direkt neben dem vor Aufregung zitterndem Paar steht.
„Ob Ember wohlauf ist? Was wenn ihr etwas zugestoßen ist? Was wenn sie verletzt wurde?", haucht Madame Akela den Tränen nahe und beschert auch Tarik einen kurzen Stich ins Herz.
Ja, was wenn ihr etwas zugestoßen ist?
Nein! Solche Gedanken gestattet er sich nicht. Ember geht es gut. Sie hat es geschafft, ganz sicher. „Immer mit der Ruhe. Ich bin mir sicher ihr müsst euch nicht sorgen, Madame, Master", entgegnet Tarik beschwichtigend und führt dabei eine Hand in die Mitte seines Brustkorbs.
„Ob es Lady Ember wohl geschafft hat?", flüstert ihre persönliche Bedienstete leise in Tariks Richtung. Er will eben zur Antwort ansetzen, als sich plötzlich auch einer der Stammgäste gemeinsam mit Barbesitzer Orwen am Gespräch beteiligen.
„Ja, Tarik..ob deine Schülerin es wohl geschafft hat?", richtet der Saufbold sein Wort an ihn, während Tarik weiterhin versucht seine Gedanken zu verschleiern.
„Scheint ganz schön heftig gewesen zu sein. Die letzte Etappe meine ich. Hab gehört der alte Sekurion hat sie kreiert. Man kann also jetzt schon sagen, dass diejenigen, die diese Etappe überstanden haben einen großen Sieg davongetragen haben", fügt Orwen hinzu und schielt dabei zu Tarik. Er selbst gibt nicht viel auf das Gerede und Gemunkel, auch wenn ihm durchaus bewusst ist, dass an jedem Gerücht auch ein Stückchen Wahrheit hängt. Wenn General Sekurion wirklich für die letzte Etappe zuständig war, muss es Ember alles abverlangt haben. Ein seichtes Gefühl der Besorgnis umklammert seinen Geist.
Was wenn sie wirklich..
Was wenn es doch zu schwer..
Sie wäre am Boden zerstört.
Ungeduldig kaut er auf der Innenseite seiner Wange herum. Der große Übertragungsmonitor, der in wenigen Sekunden die Bilder vor Ort des Hauptquartiers zeigen wird ist noch in dunkles Schwarz gehüllt. Noch nie hatte er einer Siegerehrung des Duells der magischen Künste so sehr entgegen gefiebert, wie dieser hier.
„Der Monitor! Shht! Es beginnt!", erklingt es einige Reihen weiter vorn, weshalb sich die Aufmerksamkeit aller auf den riesigen Übertragungsmonitor richtet. Es wird still auf dem Marktplatz. Jeder wartet gebannt auf den Beginn der Verkündung des diesjährigen Siegers.

„Hallo und herzlich Willkommen zur Live Übertragung der diesjährigen Siegerehrung des Duells der magischen Künste! Es war ein auf und ab, ein Drama jagte das nächste, viele Einblicke wurden gegeben und viele Skandale wurden gelüftet. Man kann sagen, das diesjährige Duell hat uns wahrhaft auf Trapp gehalten, nicht wahr Sendar?", erklingt die nervtötend hohe Stimme einer der zwei Moderatoren, ehe ihr Kollege ihre Vorlage aufgreift. „In der Tat Ria! Ich denke man kann sogar soweit gehen zu sagen, dass das diesjährige Duell eines der spannendsten seit Jahren gewesen ist. Spannen wir die Zuschauer nicht länger auf die Folter und schalten direkt in die heiligen Hallen des Hauptquartiers, in welchen sich die übrig gebliebenen Teilnehmer samt ihrer Bindungspartner bereits eingefunden haben und ebenso gespannt auf die Verkündung des Siegers warten, wie der Rest von uns!", leitet der Moderator geschickt in die heiße Phase der Siegerehrung über und lässt mithilfe eines Fingerschnippens die Bilder der Zeremonienhalle des schwarzen Rings auf der Bildfläche erscheinen. Ein staunendes Raunen geht durch die Reihen der Zuschauer, als sie sehen, welche Teilnehmer es bis hier hin geschafft haben. Beinahe alle von ihnen haben einen der Generäle hinter sich stehen, bis auf wenige Ausnahmen. Sie müssen es wohl ganz ohne Hilfe geschafft haben die Etappen zu bezwingen, denkt Tarik und zieht anerkennend die Brauen in die Höhe. Wahrhaft schockiert reißt er die Augen allerdings erst auf, als er Ember auf der Bildfläche entdeckt. Es ist weniger die Tatsache, dass sie überhaupt dort steht, die ihn so aus der Fassung bringt, sondern dass sie nicht wie erwartet allein dort steht. Er hatte felsenfest damit gerechnet, dass sie die dritte Etappe allein bestreiten musste, nachdem General Kalen verhaftet wurde. General Sorin nun dicht hinter ihr stehen zu sehen ist wahrlich eine Wendung der Ereignisse. Scheinbar ergeht es nicht nur ihm so.
„Das ist doch..General Sorin da hinter deiner Kleinen, oder habe ich wieder einmal zu tief in den Krug geschaut?", erkundigt sich der Saufbold neben ihm und lehnt sich mit gerunzelter Stirn gegen Tariks Schulter.
„Da! Da ist Lady Eliana! Sie hat es ebenfalls zur Siegerehrung geschafft!", entkommt es plötzlich einer der Bediensteten erfreut.
„Natürlich hat sie das. Lady Eliana ist schließlich der ganze Stolz der Familie Akela", kontert eine weitere Bedienstete mit verschränkten Armen, ehe auch dem Ehepaar Akela bewusst wird, dass beide ihrer Töchter dort versammelt stehen.
„Sie haben es beide geschafft..", haucht Madame Akela überglücklich und schmiegt sich noch enger an ihren Mann.
„Ja, das haben sie..einfach unglaublich! Gleich beide unserer Töchter!", entgegnet Master Akela überrumpelt, ehe er einen Arm in die Luft schwingt. „Ha! Seht ihr das? Das sind unsere Töchter!", entkommt es ihm euphorisch und mit einem Strahlen in den Augen, wie es selten bei ihm zu sehen ist. Erschrocken zuckt Tarik ein wenig zusammen. Einen solchen Ausbruch der Gefühle hat er tatsächlich nicht erwartet. Andererseits ist es eine wahnsinnige Ehre für die Familie, dass gleich beide ihrer Kinder soweit gekommen sind. Das Haus Akela wird mit Sicherheit um einige Ränge emporsteigen können. Kein Wunder also, dass Master Akela sich so freut. Tarik allerdings interessieren Rangstatus und Ansehen nicht. Egal wie weit sie gekommen wäre, er wäre immer stolz auf sie gewesen. Ein breites Lächeln ziert seine Lippen.
Ember, du bist so unglaublich weit gekommen. Du bist so unfassbar stark, deinem Ziel so nah, ergreife ihn! Ergreife den Sieg! Ich weiß, dass du es geschafft hast!

Blind FireWhere stories live. Discover now