- Kapitel 175 -

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Lautstark klopft die Blondine an die Flügeltür, welche ins Büro des Stadtrates führt. Ein dumpfes „herein" erklingt, weshalb die beiden Magier keine weitere Zeit verschwenden.
„Sir Uwell wir müssen-", platzt es schwer atmend aus Eliana heraus, ehe sie sich beinahe selbst verschluckt. Sie weitet ihre Augen beim Anblick General Veros'. Sie stockt für einige Sekunden, ehe sie sich zur Vernunft beruft.
„Bitte verzeiht unser unangekündigtes Erscheinen, doch die Lage ist ernst. General Sekurion schickt uns und-", beginnt sie zu erklären, wird jedoch vom Stadtrat unterbrochen.
„Mir ist die Situation bereits bekannt, Miss Akela. General Veros war so frei mich der verzwickten Lage zu unterrichten", grätscht er dazwischen und setzt ein seichtes Lächeln auf. „Nicht zu fassen, dass General Kalen so weit gehen würde, nicht wahr?", fügt er murmelnd hinzu, was Eliana die Brauen heben lässt. „General Kalen?", flüstert sie verwirrt, ehe Veros sich einklinkt.
„Natürlich! All das ist schließlich auf seinen Verrat zurückzuführen. Hätte er diese Attentäter nur nie ins Reich marschieren lassen. Das ist alles seine Schuld. Ich habe dem Königshof bereits Bericht erstattet. Umsichtig wie ihre Hoheit nun einmal ist hat er mich direkt in mein Zuständigkeitsgebiet beordert. Ihr könnt euch auf mich verlassen, Miss Akela. Ich werde den Osten beschützen!", wirft er ein und ballt entschlossen seine Faust dabei.
Eliana kann sich schwach an das Gespräch zwischen Ember und Tarik erinnern, welches sie kurz vor ihrer Abreise führten. Anstatt sich bei Ember zu entschuldigen hat sie es bis ins unendliche aufgeschoben. Jedes Mal wenn sie kurz davor war die Worte über ihre Lippen zu bringen hat sie es sich doch anders überlegt. Bei all ihren erfolglosen Anläufen hat sie jedoch das ein oder Gespräch aufgeschnappt. Damals konnte sie sich noch keinen Reim darauf machen und auch heute noch fehlt ihr einiges an Information, doch eines ist klar.
Ember verachtet Veros.
Wenn sie könnte würde sie ihn am liebsten bis auf die Knochen brennen lassen. Auch die Gerüchte über Veros' Verwicklung in die Angelegenheit sind Eliana bekannt. Ohne Grund würde Ember wohl kaum solch einen Hass auf ihn haben, denkt die Blondine sich und neigt ihren Kopf. Früher hätte sie Veros wahrscheinlich noch in Schutz genommen, ihn unterstützt, doch nicht länger. Ember vermutet allem Anschein nach, dass Veros der Übeltäter hinter dem damaligen Angriff der Attentäter ist. Ihm nun den Schutz des Ostens zu überlassen erscheint ihr nicht richtig. Vor allem, da es vermutlich das Letzte wäre, was Ember wollen würde.
„Bei allem Respekt, Sir..Es steht noch nicht fest wer die Attentäter beauftragt hat. Solange es keinen Schuldspruch gibt lasse ich nicht zu, dass so über General Kalen gesprochen wird. Der Osten ist genaugenommen mein Herrschaftsgebiet. Als Repräsentantin des Hauses Akela obliegt der Schutz allein meiner Familie und mir. Des weiteren wünsche ich General Kalens Trupp mit dem Schutz des Ostens zu beauftragen. Meine Schwester ist ebenso eine Akela wie ich, demnach wäre es nur logisch ihren Trupp hinzuzuziehen", erklärt sie eisern und sieht wie Veros mit den Zähnen knirscht.
„Miss Akela, so sehr ich ihre Gutmütigkeit und Weitsicht auch schätze..der König selbst hat mir den Osten zugeteilt. Ihr werdet euch doch wohl nicht gegen ihn und seine Entscheidungen stellen", säuselt er mit einem halben Grinsen während er galant auf sie zukommt.
„Niemals würde ich mich gegen den König stellen. Ich schätze seinen Vorschlag euch den Schutz des Ostens zu überlassen, doch letztendlich ist die Familie Akela repräsentativ für den Osten zuständig. Wir sind vor Ort. Demnach obliegt die letzte Entscheidungsgewalt immer den Akelas. Wenn sie uns nun entschuldigen würden, es gibt noch einiges, was mit dem Stadtrat besprochen werden muss", kontert die Blondine scharf und wirft sich ihre langen Wellen über die Schulter. „Selbstverständlich..wie sie wünschen, Miss Akela..doch bedenken sie dabei auch, dass Kalens Trupp mit dem Schutz des Königshofes betraut ist. Als Trupp der Nummer Zwei liegt das immerhin in deren Verantwortung. Ob sie wohl tatkräftige Unterstützung entsenden können ist äußerst fragwürdig", entgegnet Veros schmunzelnd und läuft auf die Tür zu. „Ich habe einige Truppmitglieder Kalens im Palast angetroffen. Wie mir scheint haben sie alle Hände voll tun. Ganz besonders die rechte Hand des Generals wirkte überaus entschlossen. Seine flammende Aura war unverkennbar. Doch ich werde mich ihrer Bitte natürlich fügen. Ich wünsche viel Erfolg bei der Verteidigung des Ostens, Miss Akela", ruft er über seine Schulter, ehe er schwungvoll die Tür öffnet.
Eliana hält inne und kneift die Augen zusammen. Es wäre einfacher Veros um Unterstützung zu bitten. Die Chancen so wenig Verletzte wie möglich vorzuweisen wären mit ihm deutlich höher. Dennoch..Ember würde ihm nicht trauen. „Ich zähle auf dein Urteilsvermögen, Ember", flüstert sie und beißt sich auf die Unterlippe ehe sie die Tür ins Schloss fallen hört.
Eliana trägt das Schicksal des gesamten Ostens auf den Schultern. Jeder Verletzte, jeder Tote..das Blut all der Unschuldigen würde an ihren Händen kleben.

Während sie gemeinsam mit Midan und dem Stadtrat die Evakuierung bereits in die Wege geleitet hat streift sie noch ein letztes mal durch die Straßen, um sicherzugehen, dass auch wirklich niemand zurückbleibt. Midan und Sir Uwell führen die Menschenmassen in zwei Gruppen an den Waldrand, während die Blondine mit den Übriggebliebenen das Schlusslicht bildet.
So ist zumindest der Plan.
Ihre blauen Augen schweifen über die Pflastersteine. Unzählige Male ist sie diese Straßen entlanggelaufen. Sie nun so leer und verlassen zu sehen ist ungewohnt. Sie kann sich an all die Wochenendbesuche mit ihrer Familie erinnern.
Damals als sie noch Kinder waren.
Ember und Eliana rannten lachend über die Pflastersteine und spielten fangen. Ihre Eltern kauften den beiden seidene Haarschleifen und wunderschöne Kleider. Eliana weiß noch, wie sie ihrer Schwester die Farben der Kleider beschrieb. „Wir hätten noch so viele schöne Nachmittage hier haben können wenn ich nicht so eine unfassbare Idiotin gewesen wäre", seufzt sie ergeben und eilt in die nächste Seitenstraße. Ihr Panther ist stets an ihrer Seite und stolziert graziös auf den Dächern der Häuser. Schmunzelnd erinnert sie sich daran, wie die beiden Midan auf die Weise verfolgt haben. Ihre Gedanken driften ab. Nach all der Zeit hat sie dem eleganten Wese noch immer keinen Namen gegeben. Es war schlichtweg keine Zeit um sich darüber Gedanken zu machen. Andererseits war die Blondine schon immer recht unkreativ was solche Dinge anging. Auch jetzt noch kann sie sich einfach keinen passenden Namen vorstellen. Ein Name, der dem Panther gerecht wird. Anhand der Art und Weise, wie der Panther sein kleines Geschäft verrichtet steht zumindest das Geschlecht fest. Nachdenklich springt sie über stehengelassene Handkarren und seufzt.
„Wieso kannst du dir nicht selbst einen Namen geben", murmelt sie und fährt sich übers Gesicht. Sie schüttelt die Gedanken ab, da sie trotz der geisterhaften Stille konzentriert bleiben muss. Ihr Begleiter springt in hohem Bogen vor ihre Füße und gesellt sich neben sie. Nachdenklich schielt sie zu ihm herab und streicht ihm über den Rücken.
Das edle Schwarz weicht angenehmem Silber. Dieser Schimmer lässt ihren Begleiter nur noch erhabener wirken. Fast schon royal, denkt sie schmunzelnd und sieht in den Himmel. Trotz der Wolken reflektiert sein Fell das Licht so glänzend. Unter der starken Sonne Trios blendete es Eliana manchmal schon ihn zu streicheln.
„Silva", murmelt sie gedankenverloren, als der Panther plötzlich seine Ohren spitzt und ihr mit zart gelbleuchtenden Augen entgegensieht. Verwundert bleibt sie stehen und erwidert den Blick. Es sind nicht die Sonnenstrahlen, die die menschenleeren Straßen erhellen. Unzählige schwache Lichtblitze lassen die Hauswände hell strahlen. Ein schwarzer Schleier legt sich schützend um die verwirrten Blitzimpulse und hält sie im Zaum. Eliana hebt staunend den Blick und kann nicht fassen welch magischer Anblick sich ihr bietet. Noch vor wenigen Sekunden zogen graue Wolken am Himmel vorüber, doch nun ist es, als würde sie inmitten des Nachthimmels stehen. Umgeben von tausend leuchtenden Blitzkugeln, die sich genau wie Sterne funkelnd in der endlosen Dunkelheit verlieren.
„Das ist atemberaubend..ich hatte keine Ahnung wie schön die Dunkelheit sein kann", flüstert sie und streckt ihren Finger nach einer Blitzkugel aus. Als ihre Fingerspitze die kleine spannungsgeladene Leuchtkugel berührt zerspringt sie in tausend kleine Teile, die genau wie Feuerwerk herabregnen.
„Warst du das?", haucht sie fragend und spürt wie der Panther seinen Kopf gegen ihren Oberschenkel drückt. Er schmiegt sich laut schnurrend an sie, was sie lächeln lässt.
„Dir scheint der Name Silva zu gefallen, oder?", lacht sie und streicht ihm über den Kopf. Daraufhin zerspringen die restlichen Blitzkugeln und spiegeln sich in Elianas staunenden Augen wieder.
„Das war mehr als eindeutig", schmunzelt sie und kniet sich nieder.
„Dann ist das von nun an dein Name, Silva", verkündet sie lächelnd und schlingt vorsichtig ihre Arme um das stattliche Wesen.

Blind FireWhere stories live. Discover now