Blind Fire

- Kapitel 187 -

Währenddessen gibt Kalen gerade alles, um den Kronprinzen daran zu hindern mithilfe seiner Lichtmagie die Wände der Dunkelheit zu durchstoßen.
„Seht ihr denn nicht, dass es sinnlos ist, Sir Kalen?", lacht der Prinz wahnhaft auf. „Es ist nur eine Frage der Zeit bis eure Kraft aufgebraucht ist. Selbst wenn meine gesamte Armee fallen sollte..habe ich noch immer mehr als genug Zeit den König zu töten. Selbst wenn ich als einziger übrig bleibe..das reicht allemal", fügt er hinzu und hat ein teuflisches Funkeln in den Augen. Kalen hingegen kneift die Augen zusammen und spürt, wie seine Kraft sich allmählich dem Ende zuneigt. Er kann das Gefängnis nicht mehr lange aufrecht erhalten.
Wenn er noch weiter geht kostet es ihn das Leben. Nie hätte er gedacht einmal seine letzte Trumpfkarte anwenden zu müssen.
Wie es den anderen wohl ergeht?
Ob Darko sich erholt?
Ob Ray wieder zu sich kommen wird?
Ob Salem allein klar kommen wird?
Sollte er tatsächlich sein Leben verlieren..würden sie wohlauf sein?
Was würde aus Ember werden? Ob sie wohl in seine Fußstapfen treten würde? Ob sie wohl ein noch größerer General werden würde, als er?
Als Sekurion?
Seufzend wendet er dem Kronprinzen den Rücken im Schatten zu. Und das obwohl er gern noch mehr Zeit mit ihr verbracht hätte. Gern ihren Sieg nachgefeiert hätte, gern mit ihr trainiert hätte, sie gern alles gelehrt hätte, was er weiß. Er hätte sie gern noch einmal lachen sehen. Egal auf welchem Weg..doch das hätte er gern noch ein einziges Mal gesehen. Auch Levion hätte er gern noch ein letztes Mal gegen die Schulter geschlagen. Ihm gesagt, dass er sein bester Freund ist. Dass er ihn wie einen Bruder liebt. Nicht nur Levion..auch Sekurion..Er hätte sich gern ein letztes Mal vor ihm verneigt. Sich bei ihm bedankt.
Für all die Jahre der Unterstützung..für sein Vertrauen.
Dafür, dass er sein Leben rettete. Dafür, dass er trotz allem nicht seinen Glauben an ihn verloren hatte. Seinen Trupp, nein..seine Familie. Er hätte gern noch einmal mit ihnen gegessen, mit ihnen geredet. Er hätte gern noch ein letztes Mal gegen Jasper Karten gespielt. Gern noch einmal mit Hera getrunken. Dewi noch ein letztes Mal auf den Hinterkopf geschlagen weil er wieder einmal nur Unsinn anstellte. Ein letztes Mal zusammen mit Raven in der Bibliothek gesessen. Ein letztes Mal mit Ray auf dem Dach des Hauptquartiers den Sonnenaufgang begrüßt. Zusammen mit Darko bis spät in die Nacht die Sterne beobachtet. Ein letztes Mal Meis weiches Fell gestreichelt, ihr gesagt wie froh er ist, dass sie all die Jahre über an seiner Seite war. Wie gern hätte er seinem Bruder einen letzten Besuch abgestattet. Er hätte ihm voller Stolz berichtet, wie unfassbar stark sein Trupp ist. Wie sehr er sein Leben liebt. Wie sehr es ihm leid tut. Dass er für immer sein Bruder sein würde und er ihn vermisst.
Wie sehr er ihm fehlt.
Er kommt nicht umher sich eine Zukunft zu wünschen, in der er zusammen mit Ember im Hauptquartier lebt. Nicht als Kameraden sondern als Paar. Vielleicht sogar als Ehepaar..Er hätte ihr gern all die schönen Seiten des Lebens gezeigt. Hätte sie gern noch stärker gemacht. Auch wenn sie das ganz ohne sein Zutun schaffen wird, wäre er gern Teil davon gewesen. „Dennoch..ich bin bereit all das aufzugeben", haucht er und starrt in die Dunkelheit. „Um euch zu beschützen", fügt er hinzu und schließt die Augen. „Würde ich bis an die Grenzen meiner Kraft und darüber hinaus gehen", flüstert er, ehe seine Augen violett aufleuchten.
„Für euch..", haucht er und streckt seien Hände zur Seite aus.
„Für meine Familie..", beißt er die Zähne zusammen.
„..soll die Dunkelheit das Letzte sein, was ich sehen werde", knurrt er und lässt das letzte bisschen Kraft aus seinem Körper fließen.

Die Wände des Dunkelheitsgefängnisses festigen sich. Sie bilden eine undurchdringbare Mauer und schließen alles und jeden ein, der sich innerhalb von ihnen befindet.
„Was?", entkommt es dem Kronprinzen, der schockiert die Augen weitet. „Nein! Das ist nicht möglich! Meine royale Lichtmagie sollte im Stande sein die Mauern niederzureißen!", brüllt er und richtet etliche Zauber gegen die schwarzen Wände, erfolglos.
„Nein..", haucht der Langhaarige und sackt kraftlos zu Boden.
„Eines muss ich euch lassen..Sir Kalen..wenn ihr euch etwas in den Kopf gesetzt habt setzt ihr alles daran euer Ziel zu erreichen. Ihr wärt ein großartiger Magier meiner Garde gewesen", flüstert er abwesend und starrt auf den schwarzen Boden vor sich.
„Schade nur, dass es hier enden wird. Nicht für mich..sondern für euch", fügt er ausdruckslos hinzu und beschwört seine Trumpfkarte.
Das gleißende Licht durchflutet den Raum.
Die Intensität ist mit nichts dieser Welt vergleichbar. Das Licht erfüllt jeden Winkel der raumlosen Dunkelheit. Es prallt gegen die Dunkelheit, lässt sie nach und nach bröckeln bis sie schließlich in tausend Einzelteile zerspringt. Mit erhobenem Haupt erhebt sich der Kronprinz und steuert direkt auf die Königsfamilie zu, die von der Wucht des Zaubers bewusstlos auf dem Boden liegt. Nicht nur sie..auch Salem, sowie Darko und Ray haben die Augen geschlossen während sie sich an den Händen halten. Salem hatte sich schützend vor sie gestellt und letztlich das Bewusstsein verloren. Das Letzte, was er sah, war das siegessichere Grinsen des Kronprinzen.