- Kapitel 188 -

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„Wage auch nur einen weiteren Schritt und du segnest das Zeitliche", herrsche ich wutentbrannt, während ich Eliana im Augenwinkel am Boden liegen sehe.
Nicht nur sie..auch Alastair wird von einem Schattenpanther verzweifelt über den Boden gezerrt. Er hüllt ihn in eine Schutzmembran und teilt seine magische Kraft mit ihm, um ihn wieder zurückzuholen. Salem liegt blutüberströmt dicht neben Alastair, während auch Ray und Darko bewusstlos auf dem Boden liegen.
Ich beiße die Zähne zusammen und schlucke den Ärger hinunter. Ich muss konzentriert bleiben. Ich darf mich nicht in meiner endlosen Wut verlieren.
Nicht jetzt.
Ich muss taktisch vorgehen. Mein Gegner ist niemand anderes, als der Kronprinz von Trios. Einer der legendären Lichtmagier der Vier Lande. Es wundert mich nicht, dass er solch einen furchterregenden Anblick kreiert hat. Royale Magier sind auf einem völlig anderen Level. Ihr Gespür für Magie unterscheidet sich gänzlich von unserem. Dennoch..es gibt einen Weg ihn zu schlagen.
Behalte stets einen kühlen Kopf. Das öffnet dir Türen, die dir sonst verwehrt geblieben wären", hallen mir Tariks Worte der Weisheit in Gedanken wieder.
Richtig, ich wurde von einem Bürger Trios unterrichtet.
Wie könnte ich behaupten seine Schülerin gewesen zu sein, wenn ich nicht gegen jemanden Seinesgleichen gewinnen könnte?
Ich atme tief ein und aus ehe ich meine Flammen um mich herum zirkulieren lasse.
„Noch eine Feuermagierin? Das ist doch lächerlich", spottet der Langhaarige und kommt bedrohlich langsam auf mich zu. „Sieh dir an, was mit dem letzten Feuermagier geschehen ist, der versucht hat mich aufzuhalten", lacht er und deutet auf den am Boden liegenden Salem. Mein Herz wird schwer, da ich keine innere Flamme in seinem Kern ausfindig machen kann.
Bin ich tatsächlich zu spät gekommen?
Hat es ihn tatsächlich..das Leben gekostet? Trauer überkommt mich.
Ich war nicht schnell genug..nicht entschlossen genug. Salem hat sein Leben gegeben, um diesen Mann aufzuhalten. Weder der König noch seine Familie bedeutet mir etwas. Mir ist völlig egal, ob sie leben oder sterben. Doch..Salem hat sein Leben gelassen, um diese erbärmlichen Lebewesen zu beschützen. Um Ray und Darko zu schützen, die nach wie vor ohne jede Regung am Boden liegen. Um Alastair zu beschützen.
Ich werde sein Opfer nicht umsonst gewesen sein lassen.
Ich nutze die Technik, die Chronus mich lehrte, um meinen Körper zu schützen, während ich den Blick hebe.
„Du hast es gewagt meine Familie anzugreifen..nun lebe mit den Konsequenzen", murre ich und entflamme meine Aura.
„Das wird nicht ausreichen!", brüllt der Prinz mir entgegen und prescht auf mich zu. Seine Krallen bohren sich in meine Schutzmembran, während das gleißende Licht mich blendet. Er ist wirklich unglaublich stark. Das muss ich ihm zugestehen. Natürlich ist er das wenn sogar Alastair, Salem und Eliana am Boden liegen. Doch ich bin nicht so weit gekommen, um gegen ihn zu verlieren. Ich habe Nathaniel nicht ohne Grund den Schutz des ersten Generals überlassen. Ich habe Setto nicht einfach so auf der Palastmauer zurückgelassen. Ich tat es weil ich davon überzeugt bin, dass ich es schaffen kann.
Es ist so wie Hellion sagte.
Es gibt mehrere Wege am Ender der Gabelung. Ich muss nur den richtigen auswählen, um zu meinem Ziel zu gelangen.
Der Weg der mich am meisten abverlangt. „Eliana!", brülle ich aus vollem Leibe und setze dem Prinzen alles an Kraft entgegen, die ich zur Verfügung habe. „Ich weiß unsere Vergangenheit ist kompliziert und übersäht von Zorn und Neid. Doch das ändert nichts daran, dass du meine Schwester bist!", presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Auch wenn wir uns nicht das gleiche Blut teilen..wir sind dennoch miteinander verbunden! Du und ich! Wir beide sind die Nachkommen der Akelas! Und wenn wir sonst nichts gemeinsam haben..dann teilen wir uns unseren Kampfgeist! Nichts und niemand zwingt uns in die Knie, ist es nicht so? Eliana?!", brülle ich und stoße den Prinzen von mir.
„Steh auf! Kämpfe! Als einzig wahre Akela sollte dir nichts anderes erlaubt sein. Sagtest du nicht, dass du immer für mich da sein würdest? Hast du mir nicht versprochen immer auf mich aufzupassen?", fahre ich fort und presche erneut nach vorn. Meine Flammen umhüllen meine Faust und nehmen eine bläuliche Färbung an. Ich schleudere den langhaarigen Gegner gegen die Wand und sehe dabei zu, wie er zu Boden sinkt.
„Hast du mir damals nicht versprochen mich immer wieder vom Boden aufzuheben sollte ich fallen? Dass du eines Tages stark genug dafür sein würdest?", hauche ich und erinnere mich an jenen Sommertag im Garten des Anwesens der Akelas. Ich bin gegen einer Stützpfosten des Pavillons gerannt und habe mir das Knie aufgeschürft. Eliana kam lachend auf mich zugerannt und verarztete mein Knie liebevoll. „Du musst vorsichtiger sein. Aber mach dir keine Sorgen. Deine Schwester wird immer auf dich aufpassen. Und wenn doch einmal etwas passieren sollte hebe ich dich einfach wieder vom Boden auf. Warte nur ab, irgendwann bin ich stark genug dafür", hallen mir ihre Worte von damals in den Ohren wieder, während sie noch immer regungslos auf dem Boden liegt. „Eliana", richte ich mein Wort an sie. „Wie lange muss ich denn noch darauf warten..bis du mir deine Hand reichst?", hauche ich deutlich leiser und lasse blau glühende Feuerbälle auf den wutentbrannten Prinzen regnen. Dieser windet sich geschickt hindurch und packt mich grob am Kragen.
Er drückt immer fester zu und schnürt mir die Luft ab. Ich winde, zapple und schlage um mich. Meine Flammen verlieren an Intensität, was den Langhaarigen zum Grinsen bringt.
„Du bist doch nur eine einfache Feuermagierin. Kein royaler Status..keine Besonderheit..du warst von Anfang an zum Scheitern verurteilt auch wenn du eine größere Herausforderung dargestellt hast, als dein toter Kamerad dort drüben", zischt er belustigt, was mich beinahe den Verstand verlieren lässt. Ich sehe wild funkelnde Punkte vor meinen Augen umherspringen. Ein Zeichen dafür, dass ich das Bewusstsein verliere.
Ich muss mich konzentrieren.
Ich habe mich viel zu sehr von meiner Wut leiten lassen.
Wie hätte mich das auch kalt lassen sollen? Meine erste Liebe..mein zweiter Lehrmeister..meine Familie..meine Schwester. Sie alle lagen am Boden. Wie hätte ich mich da beherrschen können?
Wie hätte ich da einen kühlen Kopf behalten können.
„Tut mir leid Meister Tarik..ich konnte..letztlich..doch nicht..", entkommt es mir ächzend, während ich Tariks zuversichtliches Lächeln vor Augen habe.
Ich bin stolz auf dich Ember", hallen mir seine Worte in Gedanken wieder, weshalb mir eine Träne die Wange entlang rinnt. Nein, ich bin stolz deine Schülerin gewesen zu sein. Du hast mich so vieles gelehrt. Mir so vieles beigebracht. Mich so weit gebracht. Sieh dir nur an wo ich stehe. Ein stolzes Mitglied des schwarzen Rings. Unterstützt von der großen Nummer eins..gesegnet mit der Gunst und Liebe der großen Nummer Zwei..erfüllt durch das Band zwischen der großen Nummer Drei und mir. Wiedervereint mit meinem Bruder. Ich spüre Nathaniels Kampfgeist in mir. Seine Flammen, die mir den Rücken stärken. Ohne dich hätte ich es nie soweit geschafft, Tarik. Wenn das nun das Ende sein soll, kann ich zufrieden sterben. Auch wenn es noch einige Dinge gibt, die ich gern getan hätte, so bin ich dankbar. Es war mir vergönnt Alastair noch ein letztes Mal zu sehen..Eliana an meiner Seite zu wissen..Setto zurückerhalten zu haben..Die Liebe meines Bruders zu spüren..Es ist mir sogar vergönnt Salems Pfad zu folgen. Im Lichtspiel des Feuers mein Leben zu lassen, um des Königs Willen. Nichts erfüllt mich mit mehr Ehre und Stolz, als das.
„So sei es..", hauche ich mit letzter Kraft und entfessle auch das letzte bisschen Kraft, die in mir schlummert.
Wenn ich euch alle schon nicht retten kann sollt ihr alle mit mir in den Himmel aufsteigen. Zusammen werden wir sicher eine fantastische Zeit haben und gemeinsam auf die Überlebenden dieser Schlacht hinabsehen. Wir werden sie leiten und sie durch alle noch kommenden Herausforderungen führen.
Hera..Dewi..Jasper und Raven..letztlich konnte ich euch die Nachricht Salems doch nicht überbringen..doch ich bin mir sicher ihr wisst selbst genau wie er für euch empfand.
Wie ich für euch empfinde.

Währenddessen macht sich der Kronprinz bereit für seinen vernichtenden Schlag. Er wird meine Flammen durchbrechen, dessen bin ich mir sicher. Er wird meinen Kern mit seiner Hand zerquetschen.
Es wird ein schmerzvoller Tod.
Doch ich bin bereit.
Ich akzeptiere mein Schicksal.
Er wird meinem Zorn nicht entkommen können. Sobald er sich seines Sieges sicher ist werden ihn meine Flammen mit sich in den Abgrund ziehen. Sie werden ihn vor die Tore der Hölle zerren, sowie ich prophezeite. Ich habe Nathaniel schließlich mein Wort gegeben. Mein Tod wird nicht umsonst sein..genauso wenig wie euer Tod.

Im letzten Moment, als ich bereits einen meiner letzten Atemzüge tätige spüre ich plötzlich eine warme Hand meinen Unterarm ergreifen. Die filigranen Finger meiner Schwester schlingen sich um meine, ehe sie fest zudrückt. Sie zieht mich mit einem Ruck hinter sich und wirft sich vor mich.
„Tut mir leid, dass du so lange warten musstest..Ember", presst sie angestrengt hervor. „Doch ich halte mein Versprechen. Ich beschütze dich egal was kommt! Es tut mir alles so schrecklich leid! Wie ich dich behandelt habe..wie unausstehlich ich gewesen bin..was ich dir alles angetan habe..doch..Dieses eine Mal..kannst du dich auf mich verlassen", haucht sie, ehe die gleißend leuchtenden Finger des Prinzen ihre Brust durchbohren.
„Ember..egal was zwischen uns vorgefallen ist..egal ob du mir verzeihen kannst oder nicht..ich liebe dich..du bist meine..", keucht sie als sich Bluttropfen auf dem Boden verteilen. „Denn du bist..meine kleine Schwester..", entkommt es ihr, während ihr Blut aus den Mundwinkeln rinnt.
„Ich werde dich..für immer..", haucht sie und sackt auf die Knie. Ich weite meine Augen bei dem Anblick und kann meine Gefühle nicht unterdrücken.
„Eliana!", brülle ich aus vollem Halse und fange sie gerade noch rechtzeitig auf. Der Langhaarige hingegen wischt sich angewidert die Hand an seinem Gewand ab und wirft uns einen verächtlichen Blick zu.
„Ihr seid echte Störenfriede..jetzt muss ich das wiederholen", nörgelt er, während die Wut in meinem Inneren ins Unermessliche steigt.
„Wie kannst du es wagen..", hauche ich völlig von Sinnen.
Mein Blick fängt Feuer als ich ihm entgegensehe. Die Erschöpfung der Schlacht ist wie weggeblasen. Ich fühle mich genauso stark, wie damals. Damals..während der dritten Etappe, als ich gegen die Projektion Alstairs kämpfte. Nein..sogar noch stärker. Ich fühle mich, als könnte ich nicht nur Bäume ausreißen, sondern als könnte ich die gesamte Welt aus den Angeln heben.
„Wie kannst du es wagen die Hand gegen meine Schwester zu erheben?!", brülle ich und lasse den Flammen freien Lauf. Augenblicklich verschlingen sie alles und jeden, der sich in unmittelbarer Nähe aufhält. Das gleißende Rot der Flammen spiegelt sich in seinen verängstigten Augen wieder, als er zurückweicht und sich die Hand vor den Mund hält.
„Du hast mir zu viele Menschen genommen, die mir die Welt bedeuten. Und wenn ich mit diesem letzten Angriff untergehe..wirst du mit mir kommen", knurre ich und balle die Hände zu Fäusten, ehe ich sie zur Seite hin ausstrecke.
Die Kraft durchströmt meine Adern während ich bedrohlich auf ihn zukomme.
„Auch wenn ich mit dir in der Hölle schmoren werde, da ich dir dein Leben nahm..nehme ich das nur allzu gern in Kauf", murre ich und packe ihn am Kragen. Mit Leichtigkeit hieve ich seinen Körper in die Höhe, während ich meine Spiegelung in seinen bernsteinfarbenen Augen erkennen kann.
Und wenn du zum Teufel selbst werden musst..bitte rette das Leben meiner Kameraden..meiner Freunde", hallen mir die Worte Sekurions in Gedanken wieder.
Richtig, mein Platz wird in der Hölle sein, während ihr im Himmel sein werdet. Ihr werdet den anderen von dieser Schlacht erzählen. Ihr werdet ihnen sagen, dass es nötig gewesen ist..dass ich nicht mit euch zusammen sein kann. Ihr werdet dafür sorgen, dass so etwas nie wieder geschehen wird.
„General Sekurion..letztlich musste ich tatsächlich zum Teufel werden..bitte verzeiht mir meine Unfähigkeit", hauche ich und sammle die blau brennenden Flammen um meine Faust. „Eliana..verzeih mir, dass wir uns nicht ordentlich aussprechen konnten..doch du sollst wissen, dass ich das für dich tue. Für deine Liebe zu mir, die ich mir seit Jahren sehnlichst wünschte. Denn..es ist wie du sagtest..egal was zwischen uns geschah..du wirst immer meine Schwester bleiben. Meine Schwester, die ich liebe", flüstere ich mit finsterem Ausdruck. „Alastair..verzeih mir, dass wir uns nicht wie erhofft unter anderen Umständen wiedersehen konnten..dass ich dir nicht mehr sagen konnte, was ich für dich empfinde. Dass wir keine Zukunft zusammen haben können. Doch um dein Leben zu schützen zahle ich den Preis gern", ertönt meine Stimme dunkel, ehe ich mich für den letzten Schlag bereit mache.
Für den Schlag der sowohl den Kronprinzen Trios das Leben kosten wird, als auch mich. Flammen erschaffen Leben.
Flammen nehmen Leben.
Alles entsteht und fällt mit der Asche, die übrig bleibt.

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