- Kapitel 84 -

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Die magische Kraft meines Gegners schwindet. Die tödlichen Angriffe scheinen Unmengen an Energie zu kosten. Er kann seine Kraftreserven wohl nicht schnell genug auffüllen.
Geschickt weiche ich den Schattenklauen aus und streife dabei an den Kanten der Felswand entlang. Zischend halte ich mir die aufgeschürften Stellen und renne weiter. Verdammt, das wird wirklich anstrengend mit der Zeit. Meine magische Kraft hat sich mittlerweile zwar um ein gutes Stück regenerieren können, doch aus meinem ersten Kampf gegen ihn weiß ich, dass es nichts nützt meine Flammen gegen ihn zu verwenden, da sie einfach nicht stark genug sind. Hastig werfe ich einen Blick über meine Schulter und sehe, wie die Abbildung mich mit wahnwitzigem Grinsen verfolgt. Das Zentrum seiner magischen Kraft glüht immer schwächer und die Impulse durch seinen Körper bewegen sich immer langsamer voran. Wenn das so weitergeht wird er noch all seine Magie aufbrauchen. Moment, was?
Genau das ist die Lösung!
Wenn ich ihn dazu bringe genug seiner Kraft aufzubrauchen kann ich ihn besiegen. Er muss überhaupt nicht seine ganze Magie verbrauchen, er muss nur weniger davon haben als ich!
Zuvor, bei meinem ersten Angriff habe ich diesen kritischen Punkt bei ihm zwar bereits erreicht, dennoch habe ich zu diesem Zeitpunkt immer noch weniger Kraft besessen als er, da ich sie schließlich komplett in meinen Angriff gesteckt hatte. Doch wenn ich ihn nun dazu verleite immer mehr seiner Kraft aufzuwenden, ohne dabei selbst Magie anzuwenden, ändert sich das Kräfteverhältnis.
Somit wäre ich diesmal im Vorteil.
Augenblicklich stoppe ich und wende mich ihm zu. „Du willst mich töten? Dann los! Reiß mir das Herz raus! Attackiere mich so viel du willst!", brülle ich grinsend und sehe wütendes Funkeln in seinen Augen.
„Du dummes Gör! Du wirst es noch bereuen mich nicht freundlicher um den Tod gebeten zu haben! Ich reiße dich in Stücke!", schreit er wutentbrannt und bereitet seinen nächsten Angriff vor. Soweit läuft alles nach Plan. Ich muss nur darauf achten meine Gliedmaßen zu schützen. Mit unsagbarer Geschwindigkeit bewegt er sich durch die Schatten, doch ich bleibe standhaft. Ich weiche keinen einzigen Schritt zurück. Im nächsten Moment werden wir erneut voneinander weggeschleudert. Immer und immer wieder wiederholen wir diesen Vorgang. Mit jedem Mal sehe ich seine Kraft schwinden. Mit jedem Schlag spüre ich, dass er schwächer wird. Nicht mehr lange und ich habe ihn genau da, wo ich ihn haben will.
Noch ein einziges Mal, treibe ich mich ein letztes Mal an und spanne meine Muskeln an. Die Wucht seiner Schläge wegzustecken verlangt mir einiges ab, doch ich habe nicht umsonst jahrelanges hartes Krafttraining absolviert. Meister Tarik hat meinen Körper wahrlich in Stahl verwandelt. Ich werde Meterweit von der Druckwelle zurückgedrängt, doch ich stehe noch auf den Beinen. Hastig hebe ich den Blick, nur um zu erkennen, dass es endlich soweit ist. Ein leichtes Grinsen bildet sich auf meinen Lippen, ehe ich meinen Beinen befehle sich mit aller Kraft in Bewegung zu setzen. Immer schneller und schneller nähere ich mich seinem geschwächten Körper, entzünde meine flammende Faust und ziele direkt auf das Zentrum seiner Kraft. Ich durchdringe die äußere Hülle der Projektion und umfasse den pulsierenden Kern. Mein Plan scheint tatsächlich aufzugehen. Ich bin endlich in der Lage dazu durch seine magische Barriere durchzudringen.
Mit aller Kraft zerre, reiße und ziehe ich daran. Solange, bis ich ihn hervorhole. Ich sehe in seine vor Schock aufgerissenen Augen. Sein Mund ist weit geöffnet, während er zaghaft auf den mittlerweile erloschenen Kern in meiner Hand starrt.
„Un..Un..möglich..", haucht er mit letzter Kraft, ehe sich die Hülle der Abbildung allmählich auflöst. „Falsch..wenn ich heute eines gelernt habe, dann, dass wenn nichts sicher ist, alles möglich ist", entgegne ich schwer atmend, ehe ich mich abwende.

Triumphal reiße ich den Arm in die Luft und hebe den Kern in die Höhe.
„Ich habe gewonnen!", schreie ich durch den dunklen Hohlraum und sinke auf die Knie.
„Ich-Ich habe gewonnen..hast du das gesehen Levion? Hast du-", höre ich mich selbst noch sagen, bevor sich meine Welt schwarz färbt und in völlige Stille hüllt.

Ich vernehme leises Stimmengewirr um mich herum, etliche Impulse, Schwingungen und magische Präsenzen. Mit einem Mal spüre ich jegliche Eindrücke zeitgleich. Das Blut pocht in meinen Adern und verursacht unglaubliche Kopfschmerzen. Jeder Muskel, jeder Knochen, jede Faser meines Körpers schmerzt. Allmählich kommt mir die Erinnerung an den Grund all der quälenden Schmerzen ins Gedächtnis zurück.
Der Kampf.
Alastairs Projektion.
Der Kern.
Reflexartig balle ich meine recht Hand zur Faust. Die Hand, mit der ich den Kern herausgerissen hatte.
Sie ist leer.
Wo ist der Kern?
Ist es etwa noch immer nicht vorbei?
Adrenalin breitet sich in meinem Körper aus und ich reiße alarmiert die Augen auf. Mit einem kräftigen Ruck richte ich mich trotz der enormen Schmerzen auf und blicke mich eilig um.
„Miss! Bitte, so bleiben sie doch liegen. Sie sind viel zu stark verletzt, als solche ruckartigen Bewegungen durchführen zu können!", weist mich ein mir unbekannter Magier an und drückt mich behutsam wieder nach hinten.
Wo bin ich hier?
Was ist das für ein Ort?
Die Krankenstation?
Misstrauisch sehe ich mich um. Einige Krankenbetten sind in Reih und Glied aufgestellt, auf welchen auch einige andere Magier teils bei Bewusstsein und teils schlafend liegen. „General..Sorin..wo ist er?", richte ich mein Wort an die Heiler um mich herum, die mich lediglich mit verwirrten Blicken mustern.
„Miss, bitte. Ruhen sie sich erst einmal aus bevor-", versucht er mich erneut zu beschwichtigen, doch ich grätsche ihm ins Wort.
„Ich kann mich ausruhen..", beginne ich und sehe einen Hauch von Erleichterung in seinen Gesichtszügen.
„wenn General Sorin hier ist", vollende ich meinen Satz, woraufhin sich die Magier gegenseitig mustern. „Nicht so wichtig, ich gehe ihn selbst suchen", murmle ich angestrengt, während ich die Laken zur Seite schlage.
„Um Himmels Willen bleiben sie liegen!", entkommt es dem Magier neben mir entsetzt. Ich hieve meine Beine über die Bettkante und versuche aufzutreten, doch augenblicklich falle ich in mich zusammen. Zischend schleppe ich mich zurück auf die weiche Matratze.
„Ich werde ihn suchen gehen..sobald ich mich ausgeruht habe..", gebe ich mich kleinlaut geschlagen und lasse die Heiler ihre Arbeit machen.

„Sie haben ganz schön was einstecken müssen", beginnt einer der letzten Magier an meinem Krankenbett plötzlich das Gespräch. Er ist der Einzige, der es noch nicht geschafft hat meine Wunde ordentlich zu heilen.
„Kann man so sagen", entgegne ich ihm erschöpft, während meine Gedanken abschweifen.
„Wie lief ihre Etappe? Haben sie gewinnen können, Miss? Wer war ihr Gegner? Es muss jemand starkes gewesen sein, ihren Verletzungen nach zu urteilen", fährt er fort und wirkt einen weiteren Heilzauber. „General Kalen", beantworte ich ihm trocken die Frage, woraufhin ihm die Kinnlade ins Bodenlose aufklappt.
„G-General Kalen?! Die Nummer zwei der großen Zwölf?!", quietscht er einige Oktaven zu hoch für einen Mann und sieht mich verdattert an. Kopfnickend bestätige ich seine Aussage und sehe ihn schwer atmend zur Seite blicken.
„Ich habe gewonnen", füge ich monoton hinzu, da es nach wie vor surreal für mich ist. Mir stellt sich die Frage, ob das alles nicht doch nur ein Fiebertraum gewesen ist.
Habe ich tatsächlich gewonnen?
„Eines Generals würdig..", höre ich den jungen Magier leise murmeln und werfe ihm einen verwirrten Blick zu.
„Was?", hake ich nach, doch er weicht meinem Blick weiter aus.
„Das waren General Sorins Worte, als er sie auf seinen Armen her teleportierte. Der leitende Heiler scherzte beim Anblick ihrer Verletzungen, Miss. Er meinte, dass die Kraft einer nutzlosen Blinden nie stark genug gewesen sein konnte, um einen Kampf zu überstehen. Er sagte, dass es ein Wunder sei, dass sie überhaupt noch am Leben wären. Daraufhin entgegnete General Sorin lediglich, dass ihre Kraft sein Vorstellungsvermögen bei Weitem übersteigt..das sie eines Generals würdig sei", klärt er mich auf, woraufhin sich meine Augen weiten.

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