- Kapitel 59 -

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Die Dämmerung neigt sich dem Ende zu und macht Platz für die Dunkelheit der Nacht. Die Korridore sind wie leer gefegt. Es ist still im Hauptquartier des schwarzen Rings. Jeder hängt den vorangegangenen Ereignissen des Tages nach, versorgt seine Wunden oder kümmert sich um diejenigen, die es besonders hart erwischt hat.
Im Schutz der bedrückenden Ruhe schleicht General Veros durch die Flure und achtet dabei peinlichst genau darauf auf niemanden zu treffen. Für einen Störenfried hat er momentan nicht die Zeit und auch keinen Nerv.
Es will ihm einfach nicht in den Kopf gehen, wie Alastair es zustande brachte Embers Magierklasse zu ändern ohne, dass jemand etwas davon mitbekam. Darüber konnte er sich nun allerdings keine Gedanken machen. Er muss sich nun auf die nächsten Schritte konzentrieren. Sein Plan hatte zwar nicht ganz so funktioniert, wie er es sich vorstellte, dennoch weiß er nun mit Sicherheit, dass Ember definitiv eine Feuermagierin ist. Es wird Zeit das Blatt zu wenden.

„General Veros, Sir..Wie schön sie unversehrt anzutreffen", reißt ihn eine aus dem Schatten flüsternde Stimme aus den Gedanken. Er zieht angestrengt die Luft ein, ehe sich seine Muskeln erneut entspannen.
„Bist du des Wahnsinns? Was fällt dir ein hier auf den Korridoren herumzuschleichen?", zischt er dem in schwarz gehüllten Magier entgegen, während er sich prüfend umsieht. „Komm, folge mir", murmelt er angesäuert und schlägt im Marschschritt den Weg zur oberen Terrasse ein. Leise und bedacht öffnet er die schweren Eisentüren ehe ein Schatten an ihm vorbeihuscht. Veros lehnt die Flügeltüren sachte an und folgt dem verhüllten Magier nach draußen.
Der frische Nachtwind weht ihm ins Gesicht und bläst die blonden Strähnen chaotisch umher. Hastig streift er sich fahrig durchs Haar und steuert eine dunkle Nische zwischen zwei dekorativ angebrachten Büschen an.
„Schleiche in Zukunft nicht mehr hier herum, verstanden? Wenn dich jemand sieht ist es aus", weist er den jungen Feuermagier zurecht, der ihm Grinsend entgegen sieht.
„Bitte verzeiht..Sie wollten mich sehen?", flüstert Nathaniel, der als einziger der drei Attentäter fliehen konnte. Veros hingegen schiebt genervt die Brauen zusammen und reibt sich über die Nasenwurzel.
„Du wirst dich stellen", seufzt er und verschränkt die Arme vor der Brust. Nathaniel presst die Lippen aufeinander und muss sich beherrschen nicht in brüllendem Gelächter auszubrechen.
„Haben sie den Verstand verloren?", kontert er schmunzelnd und neigt irritiert den Kopf. General Veros verdreht die Augen und schnaubt. „Hinterfrage meine Entscheidungen nicht. Du bist hier um meine Befehle auszuführen", entgegnet Veros gereizt und drückt seinen Zeigefinger gegen Nathaniels Brust.
„Ich war hier um ihre Befehle auszuführen. Der Auftrag ist abgeschlossen, was bedeutet, dass ich ihnen nicht mehr unterstehe und ihnen nicht mehr gehorchen muss", korrigiert Nathaniel grinsend und schielt auf den Zeigefinger vor ihm.
„Ach ist dem so? Muss ich dich an den genauen Wortlaut des Kronprinzen erinnern?", kontert er drohend, woraufhin Nathaniel unmerklich schluckt. „Abgesehen davon willst du deine Kameraden doch sicherlich nicht hier in den Verließen verrotten lassen, oder?", Der Feuermagier verengt seine Augen zu Schlitzen und jeglicher Schalk weicht ihm aus den Gesichtszügen.
„Inwiefern würde es helfen mich zu stellen? Egal wie man es dreht und wendet es endet damit, dass ich die Verließe Adarons ebenfalls von innen bestaunen darf", murrt er monoton, woraufhin Veros seinen Finger wieder sinken lässt.
„Nicht wenn du etwas im Gegenzug für deine Kooperation anzubieten hast", meint Veros grinsend, woraufhin Nathaniel skeptisch die Brauen hebt.
„Habe ich denn etwas anzubieten?", hakt er nach und lehnt sich gegen den harten Stahl hinter sich. „Natürlich..Den Namen des Drahtziehers", verkündet Veros triumphal, was dem Feuermagier einen amüsierten Gesichtsausdruck entlockt. „Achja? Ich soll sie ans Messer liefern, um die Freiheit meiner Kameraden und mir auszuhandeln?", spottet er, woraufhin Veros erneut genervt seufzt.
„Natürlich nicht", entgegnet er kopfschüttelnd.
„Und wie haben sie sich das sonst vorgestellt?", bohrt Nathaniel weiter nach.
„Es wird nicht mein Name sein, den du nennen wirst. Du wirst Kalen beschuldigen euch beauftragt zu haben", erklärt er seinen Plan woraufhin Nathaniel eins und eins zusammenzählt.
„Ahh, ich verstehe.. Damit schaffen wir ihren Konkurrenten aus dem Weg, holen Kenny und Kiana aus den Verließen und nehmen der Feuermagierin ihren Bindungspartner, was unweigerlich dazu führt, dass sie keinesfalls gewinnen wird", fasst er kurz und knapp zusammen.
„Ganz genau", bestätigt Veros fies grinsend. „Ein Sieg auf ganzer Linie", fügt er murmelnd hinzu und reibt sich die Hände.
„Was machen wir wenn ihr Plan nicht funktioniert und man einen Handel überhaupt nicht in Betracht zieht?", hakt Nathaniel skeptisch nach.
„Dazu wird es nicht kommen. General Sekurion wird diese Chance nicht ausschlagen. Es wird mittlerweile die Runde gemacht haben, was sich hier während dem Duell ereignet hat. Das gesamte Königreich wird spätestens morgen Bescheid wissen. Sekurion wird alles dafür tun, um eine Landesweite Panik zu verhindern. Wie sollte das besser funktionieren als den Drahtzieher öffentlich zu verhaften?", erklärt Veros siegessicher.
Langsam nickt der junge Feuermagier mit dem Kopf. General Veros' Erklährung ist durchaus logisch. Selbst ohne Beweise gegen General Kalen wird man ihn zumindest fürs Erste verhaften. Außerdem müssen Kiana, Kenny und er es lediglich aus dem Königreich schaffen. Alles, was danach passiert kann ihnen egal sein.
„Gut, sie haben mich überzeugt", entkommt es ihm nach reiflicher Überlegung.
„Ausgezeichnet", entgegnet Veros zufrieden und verschränkt die Hände hinter dem Rücken. „Wir treffen uns vor Sonnenaufgang. Anschließend werden wir direkt zu Sekurion marschieren, um den Plan in die Tat umzusetzen", weist er ihn an woraufhin er stumm nickt.

Währenddessen sitzen Kiana und Kenny gelangweilt und separiert hinter Gittern in den Katakomben unterhalb des Königreichs. Die flackernden magischen Leuchtkugeln an den Steinmauern werfen ungleichmäßige Schatten und hypnotisieren das junge Mädchen regelrecht. Kenny hingegen hat eine Handvoll Gesteinsbrocken gesammelt und wirft sie mehr oder weniger geschickt durch die Gitterstäbe seiner Zelle und reißt Kiana somit aus ihrer Starre, als einer der kleinen Steinchen sie an der Stirn trifft. Wütend verzieht sie ihr Gesicht. „Lass den Mist Kenny", murrt sie und reibt sich über die prickelnde Stelle.
„Pfft, bring mich doch dazu", spottet er und wirft provokativ gleich nochmal ein Steinchen. Schnaubend wendet sie sich ab und begibt sich in den hinteren Teil ihrer Zelle. Sie sieht hinauf zum kleinen Fenster in der Wand, durch welches Mondlicht und frischer Wind den beengenden Raum durchfluten.
„Wie ätzend..Nie wieder Aufträge von Außerhalb", hört sie Kenny meckern und verdreht die Augen. „Nun hör auf zu jammern. Nathaniel wird sich schon etwas einfallen lassen um uns hier rauszuholen", weist sie ihn zurecht und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Tch, du glaubst doch nicht ernsthaft, dass der noch hier ist, oder? Der ist doch schon längst wieder auf dem Heimweg..hat die Kohle kassiert und macht sich gerade nen prächtigen Abend in irgendeiner Kneipe", spottet Kenny und wälzt sich auf seiner Pritsche umher.
Kiana hingegen dreht sich ungläubig nach hinten. „Was denn? Denkst du wirklich er macht sich die Mühe uns zu retten? Wir sind Attentäter keine Wohltäter Kiana", lacht er humorlos auf.
„Das eine schließt das andere nicht aus", kontert sie. „Ganz ehrlich, würdest du es etwa anders machen? Ich jedenfalls nicht. So ist das eben..als Attentäter müssen wir uns nicht an Moral und Regeln halten", erklärt er und fixiert dabei einen Punkt an der Wand.
„Wenn ihr beide hier sitzen würdet und ich frei wäre, würde ich keine Sekunde zögern euch hier rauszuholen. Attentäter hin oder her..wir sind ein Team", kontert Kiana harsch, woraufhin Kennys Mundwinkel zuckt.
„Deine Einstellung ist ja ganz süß aber..sieht Nathaniel das genauso?", entgegnet er langgezogen. Kiana öffnet den Mund um etwas zu entgegnen, doch Kenny hat sie kalt erwischt.
Gute Frage, denkt Nathaniel genauso?

Blind FireWhere stories live. Discover now